Kahlschlag (German Edition)
nahmen Smoky zwischen sich und brachten ihn zu dem Polizeiwagen, wo Rooster mit gezogener Waffe stand. Morgan saß mit Maultierscheiße im Gesicht auf dem Bürgersteig, Macavee mit schlammverschmiertem Gesicht hinten im Polizeiwagen.
»Mit den dunklen Gesichtern sehn die aus, wie wenn sie aus einer dieser Shows kämen, wo sie die Schauspieler schwarz anmalen«, sagte Smoky.
»Wir nehmen Smoky mit«, sagte Sunset.
»Geht in Ordnung«, entgegnete Rooster.
Sie griff in ihr Hemd, zog den Totschläger heraus und reichte ihn Clyde. »Na gut, Smoky, gehen wir.«
Sie stapften durch den Schlamm, vorbei an der vor sich hin grummelnden weißen Menge und den stumm zuschauenden Schwarzen.
»Die Weißen werden mich einfach aus dem Gefängnis holen und umbringen«, sagte Smoky.
»Du kommst nicht hier ins Gefängnis«, erwiderte Sunset.
Sie brachten ihn zum Pick-up und ließen ihn mit Clyde und seiner Flinte auf die Ladefläche steigen. Hillbilly fuhr sie mit nur ganz leicht kreischendem Getriebe aus der Stadt. »Du warst ganz schön mutig«, sagte er.
»Vielleicht.«
»Wo bringen wir ihn hin?«
»Nach Tyler.«
Hillbilly ergriff Sunsets Hand. »Du bist wirklich eine mutige Frau.«
Es war ziemlich weit bis nach Tyler, und als sie Smoky im Gefängnis abgeliefert hatten, war es bereits dunkel. Auf dem Rückweg fuhr Clyde, weil ihm Hillbillys Fahrstil nicht gefiel. Als sie in den Hof einbogen, erfassten die Scheinwerfer den großen schwarzweißen Hund, der bei der Wasserpumpe stand. Er rannte davon in den Wald.
»Armer Kerl«, sagte Sunset. »Ich werde ihm was zu fressen rausstellen.«
»Wenn Sie das machen, haben Sie einen Hund«, entgegnete Clyde.
»Wäre auch nicht schlimm.«
Hillbilly stieg aus, reichte ihr die Hand und half ihr hinunter. »Dann also bis morgen«, sagte er.
»Gute Nacht, Sunset«, fügte Clyde hinzu.
»Ich mache als Vertreterin des Gesetzes nicht viel her, wenn ich von einem geliehenen Wagen abhängig bin«, beschwerte sich Sunset. »Was mache ich, wenn nachts irgendwas passiert?«
»Hoffen, dass nichts passiert«, antwortete Clyde. »Los, Hillbilly. Fahren wir. Ich muss ins Bett. Und wenn du ihre Hand noch länger festhältst, fällt sie ihr wahrscheinlich ab.«
»Bis morgen«, wiederholte Hillbilly, und Clyde fuhr los.
Sunset entdeckte den Hund, der mit dem Kopf auf den Pfoten unter einer großen Eiche lag und sie ansah. »Komm her, Junge«, lockte sie ihn. »Na komm schon.« Aber der Hund rührte sich nicht. Sie ging langsam auf ihn zu, und immer noch blieb er reglos liegen. Erst als sie sich ihm auf etwa drei Meter genähert hatte, sprang er auf, knurrte und flitzte in den Wald.
Seufzend blieb Sunset stehen und betrachtete durch die hohen Wipfel der Bäume den Sternenhimmel. Jetzt, wo der Regen vorbei war, war nicht eine Wolke am Himmel, und die Sterne funkelten hell und klar wie die Augen eines Neugeborenen. Die Sterne bildeten Figuren, und sie versuchte, den Großen Wagen zu erkennen, aber die Bäume standen zu dicht. Sie sah immer nur kleine Ausschnitte des Sternenhimmels, und nichts davon schien der Große Wagen zu sein. Und auch nicht der Kleine.
Karen schlief bereits, als Sunset ins Zelt kam. Ihr Atem ging laut und gleichmäßig. Das Kleid, das sie morgens angezogen hatte, hing über einer Stuhllehne. Karen lag auf der Matratze und hatte sich das Laken bis über den Kopf gezogen. Neben ihr stand die Lampe und verbrauchte das letzte Kerosin. Sunset verschwendete ungern Kerosin, dafür war es zu teuer. Dennoch nahm sie sich vor, nichts zu sagen, außer es passierte noch einmal.
Sie zog Hemd und Rock aus und warf sie über die Lehne, über der auch Karens Sachen hingen. Sie hatte sich abgewöhnt, Unterrock und Korsett zu tragen, ein echter Skandal in diesem Teil der Welt. Aber sie hatte sich gedacht, dass sie als Constable vielleicht mal in eine Situation käme, in der sie sich schnell bewegen musste, und zu viel Unterwäsche war da hinderlich. Es war angenehm, in Büstenhalter und Unterhose am Rand der Matratze auf dem Boden zu sitzen.
Als sie den Tag noch einmal vor ihrem geistigen Auge ablaufen ließ, fing sie an zu zittern und dachte: Meine Güte, seit wann habe ich bloß so viel Schneid? Wenn Smoky nun noch eine Kugel in seiner Waffe gehabt und beschlossen hätte, damit nicht auf sich selbst zu schießen? Was dann? Sie löschte die Lampe, kroch unter die Decke und versuchte zu schlafen, was ihr aber nicht gelang.
Einige Zeit später hörte sie, wie sich draußen etwas
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