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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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an, und sie lachte und erzählte ihm, wie sie zu dem Wagen gekommen war. Die Hände hatte sie immer noch am Steuer, ihr Kopf lehnte am Rücksitz, leicht gedreht, damit sie mit Clyde sprechen und gleichzeitig ihren Wagen spüren konnte.
    »Verdammt, wenn Sie jetzt ein Auto haben, können Sie mich ja rausschmeißen.«
    Sunset stieg aus und machte die Tür zu. »Erzähl doch keinen Unsinn, Clyde. Ohne dich würde ich das alles nicht hinkriegen. Du bist meine rechte Hand. Und was meine linke Hand angeht – wo steckt die?«
    Karen kam aus dem Zelt. Ihr Haar war gekämmt, und sie sah viel zu sauber und ordentlich aus, um gerade erst aufgestanden zu sein. »Was ist das für ein Auto?«, fragte sie.
    »Unseres. Kleine Aufmerksamkeit deiner Großmama.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich.«
    »Himmel! Unser eigenes Auto!« Karen kam näher, um es sich genauer anzusehen, und Sunset ging zur Wasserpumpe und wusch sich den Staub vom verschwitzten Gesicht. Dazu hielt sie das Haar mit einer Hand im Nacken fest, und als sie den Kopf drehte, damit ihr das Wasser über das Gesicht fließen konnte, bemerkte sie, wie Clyde sie ansah, und es war ein derart sehnsüchtiger Blick, dass sie dachte: Oh verdammt, Clyde, verlieb dich bloß nicht in mich, denn ich kann das nicht erwidern. Dann drehte sie den Kopf zur anderen Seite, um auch diese Gesichtshälfte zu waschen, und sah Hillbilly die Straße entlangkommen, in seinem lässigen, geschmeidigen Gang, und sie dachte, wie seltsam es war, dass er nie verschwitzt oder voller Staub war, und dass es aussah, als bilde die Sonne über seiner Kappe einen dunklen Heiligenschein.
    In diesem Moment stieg eine Hitze in ihr auf, wie sie sie schon während der Autofahrt verspürt hatte, vielleicht sogar noch heißer, aber diesmal durchflutete sie nicht nur ihr Gesicht, sondern auch ihre Lenden.
    »Hallo, Hillbilly«, sagte Karen.
    »Hallo, Liebes«, entgegnete er.
     

KAPITEL 17
     
     
    Lee, der träumte, er sei Tarzan und schliefe neben Jane auf einem Baum, wurde von einem Stöhnen geweckt. Als ihm klar wurde, dass er nicht Tarzan war, war er einen Moment lang verwirrt, wusste nicht, wo er sich befand, und als er nach oben in die Zweige des Baums sah, fragte er sich, ob er nicht vielleicht doch Tarzan war und das Stöhnen von Jane kam. Da aber keine Jane in der Nähe und er vollständig bekleidet war, kam er zu dem Ergebnis, dass das Stöhnen wohl weder auf Ekstase noch auf Rückenschmerzen hindeutete.
    Aber ein Stöhnen war es – vielleicht hatte es mit einem Sturz vom Baum zu tun, denn Bäume, so romantisch sie auch waren, waren nicht die besten Schlafplätze, wenn man nicht gerade ein Affe war.
    Dann wurde er richtig wach. Er befand sich auf einem Baum, allerdings nicht in Afrika, und unten lag Goose. Lee rollte sich auf die Seite und sah nach unten. Goose saß aufrecht mit dem Rücken zum Baum. »Verdammt«, sagte er. »Mich hat ne Schlange gebissen.«
    »Was?«
    »Schlangenbiss. Mokassinschlange.«
    »Bist du sicher?«
    »Klar. Bin davon wachgeworden, dass sie mich gebissen hat. Das war keine Hühnerschlange. Ich weiß, dass diese Scheißmokassinschlangen giftig sind. So weit kenn ich mich aus. Ich hab sie da in die Blätter kriechen sehen. Hat mich an der Hand erwischt. War ne kleine. Tut nicht sehr weh.«
    »Wo genau ist sie hin?«
    »Tja, sie hat mir nicht gesagt, was sie heute noch so vorhat. Aber sie ist irgendwo in den Blättern da drüben.« Goose deutete mit dem Finger auf die Stelle.
    Lee ließ sich von seinem Ast gleiten, sah sich um und griff nach einem dicken Stock.
    »Sie hat mich gebissen«, sagte Goose. »Das wird auch nicht besser, wenn du ihr eins mit dem Stock verpasst.«
    Lee warf den Stock zu Seite. »Da hast du recht. Wir müssen dich zum Arzt bringen. Kannst du laufen?«
    »Sie hat mich in die Hand gebissen, nicht ins Bein.«
    »Wir müssen unbedingt langsam und vorsichtig gehen, nicht rennen, sonst wird das Gift aufgewühlt und verteilt sich im ganzen Körper.«
    »Werd ich wieder gesund?«
    »Klar. Aber wir müssen dich zum Arzt bringen.«
    Sie gingen zur Straße und machten sich auf den Weg. Jetzt am Morgen konnte man gut vor sich hin wandern, auch wenn es schon heiß wurde. Lee hoffte, dass Camp Rapture nicht mehr allzu weit entfernt war, dass es dort einen Arzt gab und dass sie nicht bereits zu spät kamen. Er sah sich um, in der Hoffnung, er könnte sich an etwas erinnern, eine Vorstellung davon entwickeln, wo sie sich befanden, aber genauso gut hätten sie in Rumänien

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