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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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»Sie ist verschlossen«, stellte sie fest.
    »Geh mal nen Schritt zurück«, entgegnete Hillbilly, und sobald Sunset das tat, schlug er mit dem Schaufelblatt gegen das Schloss. Ein Funke flog, und das Schloss sprang auf.
    Sunset öffnete die Kassette. Drinnen lag ein Öltuchbündel, das mit zerfallender Schnur umwickelt war. Sie öffnete die Schnur und holte heraus, was in dem Öltuch steckte. Ein Registerheft. Sunset schlug es auf. Ein paar Seiten waren beschrieben, außerdem lagen zwei zusammengefaltete Blätter in dem Heft. Sie entfaltete eins nach dem anderen und sah sie sich an. Es waren Flurkarten.
    »Sieht aus wie die Karte eines Landvermessers«, sagte Hillbilly. »Schau mal da, die Marke. Wurde in Holiday abgestempelt. Vermutlich sollten die Blätter dort sein, im Gericht.«
    »Pete hat die sicher nicht einfach nur so da rein gelegt«, gab Clyde zu bedenken. »Trotzdem, das ist ganz schön schrecklich, die da so beim armen Snooks zu verstecken, egal aus welchem Grund.«
    »Könnten wir nicht versuchen, das woanders herauszufinden – wo nicht so viele Stechmücken sind?«, schlug Hillbilly vor.
    »Na gut«, erwiderte Sunset. Sie faltete die Papiere zusammen, steckte sie in das Heft, legte es auf den Boden, bettete den Säugling in die Kiste, und dann begruben sie ihn wieder.
    »Clyde«, sagte Sunset. »Du bist doch irgendwie fromm. Sprich ein Gebet. Ich habe Gott nichts zu sagen, falls es ihn überhaupt gibt.«
    Clyde betrachtete Sunset einen Moment lang, dann rang er sich ein paar Worte ab. Sunset legte das Heft in die Kassette zurück und ließ Hillbilly sie zum Pick-up tragen.
    Sie setzte sich zwischen Hillbilly und Clyde. Clyde fuhr. Während der Fahrt spielte Hillbilly Mundharmonika, und er spielte richtig gut.
    »Ich dachte, du bist Gitarrespieler?«, fragte Sunset.
    Er hörte auf zu spielen. »Bin ich auch. Aber ich hab nur diese Mundharmonika. Und eine Maultrommel, aber da bin ich nicht so gut.«
    »Das stimmt«, sagte Clyde. »Ich hab gehört, wie er spielt.«
    »Clyde«, entgegnete Hillbilly. »Du würdest gute Musik nicht mal dann erkennen, wenn sie dir den Finger in den Arsch schiebt.«
    »Vielleicht spielst du einfach nur nicht gut.«
    »Jungs«, mahnte Sunset. »Wie wäre es mit einer Gitarre, Hillbilly?«
    »Erst muss ich Geld verdienen. Ich dachte, wir kriegen für das hier Geld.«
    »Am Ende des Monats, glaube ich.«
    »Ich hab unterwegs ne Menge Arbeit gemacht, für die ich kein Geld gesehen hab. Viele Leute waren auf einmal wie vom Erdboden verschluckt, wenn Zahltag war.«
    »Hier gibt es nichts, wo sie verschluckt werden könnten«, versicherte Sunset. »Dafür sorgt Marilyn schon.«
    »Ich muss mir ein bisschen Holz kaufen und ein Haus bauen«, sagte Clyde. »Wenn’s Winter wird, kriegt mein knackiger Hintern ohne Dach und Wände ganz schöne Frostbeulen ... Sunset, was, glauben Sie, hat all das mit dem Buch und dem Säugling zu bedeuten?«
    »Da muss ich erst mal drüber nachdenken.«
     

KAPITEL 20
     
     
    Lee und Marilyn saßen am Rand von Uncle Rileys Veranda, schwitzten, ließen die Füße baumeln und tranken Limonade, die Aunt Cary selbst gemacht hatte. Aunt Cary war wieder in den Wald gegangen, um Wurzeln und andere Dinge zu suchen, Uncle Riley rupfte hinten im Garten ein Huhn, und Tommy kletterte auf einem Baum herum.
    »Ich glaube, Goose geht es bald wieder gut«, sagte Marilyn.
    »Das denke ich auch. Ich bin froh, dass Sie vorbeigekommen sind.«
    »Ich auch. Sind Sie auf Arbeitssuche?«
    »Ja.«
    »Die Mühle ist ziemlich gut besetzt, und sonst gibt es kaum was in Camp Rapture. Vielleicht sollten Sie es in Holiday versuchen. Da werden eine Menge Leute gebraucht, wegen dem Ölgeschäft. Das floriert gerade.«
    »Habe ich auch schon gehört. Aber ich muss erst noch was in Camp Rapture erledigen.«
    »Ist es ein Geheimnis?«
    »Eigentlich nicht, aber ich will es auch nicht gerade laut rausposaunen. So richtig habe ich darüber bisher nur mit Gott geredet, aber den schien das nicht zu interessieren. Interessiert es Sie?«
    »Sonst hätte ich doch nicht gefragt, oder?«
    »Na gut. Vor langer Zeit, als ich noch jung war, so um die zwanzig, habe ich den Ruf vernommen. Eines Morgens erschien mir der Herr, und ich wusste, ich muss predigen.«
    »Ich habe mich immer gefragt: Wie erscheint der Herr einem Prediger? Haben Sie ihn gesehen?«
    »Nein. Und auch keinen brennenden Busch. Meine Familie hat versucht, Land in Oklahoma zu besiedeln, aber das hat nicht geklappt. Einige Indianer

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