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Kain

Kain

Titel: Kain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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nötig, doch lieber wäre mir, man ließe mich in Ruhe, wenn ich hinkte, statt dieses Zeichen zu haben, würde man mich vermutlich nicht ständig darauf ansprechen, Du hast recht, ich werde dich nicht mehr belästigen, Du belästigst mich nicht, vielmehr habe ich dir zu danken für deine große Hilfe, für die Arbeit, dieses Essen, das mir meine Seelenruhe zurückgegeben hat, und vielleicht noch für etwas anderes, Was denn, Ich habe keinen Platz zum Schlafen, Das ist kein Problem, ich besorge dir eine Matte, es gibt hier eine Herberge, ich spreche mit dem Herbergswirt, Du bist fraglos ein guter Samariter, sagte Kain, Ein Samariter, wiederholte der Aufseher fragend, was ist das, Ich weiß nicht, das ist mir so rausgerutscht, ohne nachzudenken, ich weiß auch nicht, was es bedeutet, Du hast mehr im Kopf, als dein Aussehen vermuten lässt, Diese schmutzige Tunika, Ich überlasse dir eine von meinen, die da ziehst du dann zum Arbeiten an, Nach dem wenigen, was ich von dieser Welt kenne, dürfte es nicht viele gute Menschen geben, ich hatte das Glück, dass ich hier einem begegnet bin, Bist du fertig, fragte der Aufseher in leicht trockenem Ton, als wären ihm die Lobesworte unangenehm, Ich kann nicht mehr, ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals so viel gegessen habe, Jetzt an die Arbeit. Sie gingen zum Palast zurück, diesmal durch den schon vor dem entstehenden Anbau errichteten Teil, und dort erblickten sie auf einem Balkon eine Frau, bekleidet mit allem, was zu der Zeit vermutlich als Luxus galt, und diese Frau, die schon aus der Ferne wunderschön zu sein schien, blickte wie gedankenverloren zu ihnen, als nähme sie sie gar nicht wahr, Wer ist das, fragte Kain, Das ist Lilith, die Herrin des Palastes und der Stadt, hoffentlich fällt ihr Auge nicht auf dich, hoffentlich nicht, Warum, Man erzählt sich allerhand, Was denn allerhand, Man sagt, sie sei eine Hexe, sie könne mit ihrem Zauber einen Mann in den Wahnsinn treiben, Mit welchem Zauber, fragte Kain, Das weiß ich nicht und will ich auch nicht wissen, ich bin nicht neugierig, mir genügt, dass ich hier ein paar Männer gesehen habe, die fleischlichen Verkehr mit ihr hatten, Ja und, Arme Kerle, zum Erbarmen, Gespenster, Schatten ihrer selbst, Du musst verrückt sein, wenn du glaubst, ein Lehmstampfer könne mit der Königin der Stadt schlafen, Du meinst Herrin, Ob Königin oder Herrin, das ist egal, Man sieht, du kennst die Frauen nicht, die sind zu allem fähig, zum Besten und zum Schlimmsten, wenn ihnen danach ist, sie bringen es ohne weiteres fertig, eine Krone zu verschmähen und stattdessen die Tunika ihres Geliebten im Fluss zu waschen oder alles und jeden aus dem Weg zu räumen, um sich auf einen Thron setzen zu können, Sprichst du aus Erfahrung, fragte Kain, Ich beobachte nur, deshalb bin ich Aufseher, Dennoch musst du ein wenig Erfahrung haben, Ein wenig, ja, aber ich bin ein Vogel mit kurzen Flügeln, ich fliege nicht hoch, Also, ich bin überhaupt noch nie geflogen, Du hast noch keine Frau gekannt, fragte der Aufseher, Nein, Du hast noch alle Zeit, du bist jung. Vor ihnen befand sich die Lehmstampferei. Sie warteten ab, bis die Männer, die von der Mitte bis zum Rand mehr oder weniger eine Gerade bildeten und gelegentlich ihre Plätze tauschten, von innen nach außen und von außen nach innen, ihre Runde beendet hatten und auf ihrer Höhe ankamen. Da berührte der Aufseher ihn an der Schulter und sagte, Tritt ein.
    Wie alles haben auch die Wörter ihr Was, Wie und Warum. Manche sind feierlich, sprechen uns mit pompösem Gehabe an, tun sich wichtig, als wären sie für Großes bestimmt, und dann stellt sich heraus, dass sie nicht mehr als ein leises Lüftchen waren, das keinen Mühlenflügel hätte in Bewegung setzen können, andere, gewöhnliche, übliche, alltägliche haben am Ende Folgen, die niemand vorauszusehen gewagt hätte, dafür waren sie nicht gemacht, und doch haben sie die Welt erschüttert. Der Aufseher sagte, Tritt ein, und es war, als hätte er gesagt, Geh Lehm stampfen, geh dein Brot verdienen, doch war dies genau dasselbe Wort, das Lilith Wochen später Buchstabe für Buchstabe aussprechen wird, als sie den Mann kommen lässt, der, wie man ihr gesagt hat, Abel heißt, Tritt ein. Bei einer Frau mit dem Ruf, nicht lange zu fackeln, wenn es darum geht, ihre Wünsche zu erfüllen, mag es befremden, dass es Wochen gedauert hat, bis sie die Tür zu ihrem Schlafzimmer öffnete, doch auch dafür gibt es eine Erklärung, wie man

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