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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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aus polierten Knochen und darüber eine vermutlich steinerne Scheibe. Er stampfte mit den nackten Füßen in den Morast, stieß einen weiteren Schrei aus. „
Wa-yamo-yama!

    Doria, mit befehlsgewohnter Stimme: „Halt.“
    Der Indianer blieb stehen, stürzte sich in eine Flut aus Klack-, Grunz- und Bekräftigungslauten und ging dann weiter.
    „Halt“, wiederholte sie.
    Alain schluckte hart und sah von Eiko zu Doria. Diese zog frostig die Lippen zurück und ging auf den Eingeborenen zu. „Niemand will dir was tun. Galdea schickt uns. Okay?“
    Eiko hielt den Atem an.
    „Ahem, Doria…“, meinte Alain nervös, „ich glaube nicht, daß ...
Merde
.“ Der Schock traf ihn wie eine Faust. Aber er handelte sofort und warf sich zu Boden, als etwas nur knapp seinen Kopf verfehlte und sirrend wieder im Buschwerk verschwand. Alains Augen drohten aus den Höhlen zu treten; er machte eine schnelle Bewegung, um dem nächsten Blaspfeil auszuweichen, rutschte aber auf dem Morast aus, ruderte vergeblich mit den Armen, um das Gleichgewicht zu wahren, und krachte hilflos zu Boden. „Mein Arm...“, murmelte er und biß die Zähne zusammen, während etliche Raubinsekten ihm über Arme und Beine flitzten.
    Eiko war zunächst wie paralysiert. Dann drehte sie sich blitzschnell um und setzte davon wie eine Sprinterin. „Doria, zurück! Es könnten hochgiftige Curare-Pfeile sein!“
    Doria stand stocksteif da. Sie sah Alain ungelenk wegrobben und Deckung suchen. „Unten bleiben“, sagte sie und blieb selbst, wo sie war. „Die Götter“, murmelte sie bitter und ging langsam los. „Du willst uns nur Angst machen. Du weißt, wer wir sind, und daß du uns nichts tun darfst.“
    „Hey, Doria, ich glaube nicht, daß er will, daß Sie näher kommen“, rief Eiko, hinter einem Baum kauernd.
    Doria sagte nichts.
    Der Machiguenga rührte sich zunächst nicht. Dann schob er einen weiteren, am hinteren Ende flauschig verdickten Pfeil in sein Bambusblasrohr, hob dieses erneut, zielte auf Doria. Er schrie etwas.
    „Keine Ahnung, was du willst!“, schrie Doria zurück.
    Der Erwählte holte tief Luft.
    Eiko ruderte mit den Armen. „Warte!“
    „Was jetzt?“, sagte Doria.
    „Stopp!“, schrie Eiko und hechtete hinter dem Stamm vor, wobei es ihr den Hut vom Kopf riß.
    „Eiko, nicht!“ Alain sprang auch auf.
    Wie so oft in einer Welt aus Aktion und Reaktion liefen die Dinge anders als geplant. Sicher sah der Machiguenga in der heranstürmenden Eiko und dem bärtigen Mann, der ihr schreiend nachlief, eine Bedrohung. Er fuhr herum und zielte auf Eiko. Alain war sicher, der Indianer würde den Giftpfeil jeden Moment loslassen.Doria glaubte es auch. Sie sprintete los, setzte über einen Busch und warf sich mit einem Kampfschrei auf ihn. Sie prallte gegen ihn, schlug ihm das Blasrohr aus der Hand; beide stürzten.
    Eiko erreichte sie. Ihre Hand übte sachten Druck auf Dorias Schulter aus. „Ich glaube, es ist in Ordnung“, sagte die Archäologin atemlos. „Und außerdem“, sagte sie, „Doria, Sie sind tot.“
    Das klang zunächst seltsam.
Sie sind tot.
Erst wußte Doria nichts damit anzufangen. Dann spürte sie den Schmerz. Sie sah hinab und das Messer mit dem wulstigen Hartholzgriff, das der Machiguenga ihr in den Bauch drückte. Dorias Blick verharrte einen undeutbaren Moment lang auf dessen Spitze und sah dann dem Waldmenschen offen in die Augen. Am Rand registrierte sie, daß er nach Rauch roch. In ihrer Brust schlugen Trommeln. Sie grinste feindselig.
Los doch
, dachte sie. Die Brauen des Eingeborenen zuckten.
Los!
    Der Moment verging. Nichts geschah. Der Erwählte nahm das Messer weg. Doria kam auf die Beine, steckte die Machete weg, reichte dem Indianer die Hand und zog ihn hoch.
    Der sagte: „
Ko´anolo.

    „Weiß schon“, sagte Doria lahm und ging in Richtung Pyramide. „Wie steht es hiermit?“, fragte sie und schlug mit der Handfläche auf den Stein. „Kannst du uns helfen, reinzukommen?“
    „
Enriqu.

    Doria sah zuerst den Wilden, dann Eiko an. „Was hat er gesagt?“
    Alain reichte Eiko ihren Hut. „Ich verstehe kein Wort.“
    Der Machiguenga wiederholte es. Diesmal klopfte er sich mit der Faust bekräftigend auf die Brust.
    „Enriqu?“, fragte Eiko und näherte sich ihm vorsichtig.
    „
Se´balo narat. Nara kidua.

    „Sein Name“, erklärte Doria ungeduldig. „Hör zu, ist mir völlig egal, wie du heißt; alles, was zählt, ist in das Innere dieser Pyramide zu gelangen und dieses Schiff zu

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