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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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wären beinahe gegen eine vor ihnen aufragende, von Kletterpflanzen und blühenden Rankengewächsen überwucherte Mauer geprallt.
    Alain warf einen Blick auf die Positionsanzeige. „Treffer.“
    „Danke, Alain“, sagte Doria trocken.
    Eiko begann die Pflanzen von den Steinen zu reißen. Selbst in die kleinsten Spalten hatten sie ihre Wurzeln geschlagen. Sie schrie auf, als zwei schillernde Echsen die Mauer hinaufjagten. Der freigelegte Stein war arg verwittert. Eiko trat zurück. Pflanzenränke hingen an ihr herab. Sie zitterte, trotz der Hitze. „Granit und Sandstein“, stieß sie hervor. „Hundertprozentig präkolumbisch.“
    Alain kratzte sich am Bart, aus dem der Schweiß tropfte. „Und jetzt? Wo ist der Eingang?“
    „Ja...“, überlegte Eiko und sah genauer hin. Sie erwartete fest, etwas zu erkennen, ein Portal, wie auf Deimos, metallen glänzend, ein unauffälliger Fleck unter dem Pflanzenwuchs. Aber da war nichts.
    Sie sagte: „Finden wir diesen Eingeborenen und...“
    Doria, etwas entfernt, entfuhr ein erstaunter Pfiff. Eiko und Alain schwenkten herum und sahen Doria auf einem Fleck harter, roter Erde knien. „Was haben Sie da?“, fragte Eiko leicht gereizt. „Sagen Sie schon.“
    „Weiß nicht. Es sieht aus wie Gold!“
    „Gold...?“ Eiko riß die Augen auf. „Halt, Doria, auf gar keinen Fall anfassen!“
    Dorias Hand, mit spitzen Fingern dabei, die Gegenstände freizulegen, zuckte blitzschnell zurück.
    Eiko war bei ihr. „Oft ist es mit einem Neurotoxin, zumeist einem Alkaloid, bestrichen, um zu verhindern, daß man es, nun, mitnimmt.“ Ein verlegenes Achselzucken. „Eben stiehlt.“
    „He, Captain, dies ist keine Survivaltour für abenteuerlustige Großstädter.“
    Sie funkelte Alain an. „Das sagen Sie?“
    „Wenn es sein muß, ja.“
    „Ich wollte es mir nur ansehen, nichts weiter!“
    „Schon gut. Sie müssen nicht wütend werden“, sagte Eiko.
    Doria sah auf die schimmernden Gegenstände vor ihr. Es war so verlockend; sie hätte sie anfassen und ihr Leben beenden können. Ebensogut könnte sie es nicht tun und weiterleben. Beides war Schicksal. „Gift also.“ Sie stand auf. „Heißen Dank“, murmelte sie, aus einem Grund, der sich Eiko entzog, beinahe enttäuscht.
    Eiko sah Doria nach, als...
    „
Ay-yah!

    Ein Schrei. Doria fuhr herum. Eiko schnellte aus der Hocke in den Stand. Alain trat rasch zu ihnen.
    „Was war das?“, zischte Eiko.
    „Vielleicht ein Tapir?“, fragte Alain. „Oder Brüllaffen?“
    „Quatsch.“ Doria sprach ganz leise. „Es war ein menschlicher Schrei.“ Sie blickte sich langsam und wachsam um. Das Blätterdach; Licht und Schatten im steten Wandel. Die diesige Luft ließ die Sicht verschwimmen. „Wer da?“, rief sie in den Dschungel.
    „Doria“, flüsterte Alain, „hören Sie mir zu-“
    „
Still.

    Eiko starrte reg- und atemlos zwischen die schlingpflanzenumwickelten Bäume, wisperte: „Es ist der Indianer.“
    „Wo?“ Alain zwinkerte sich den Schweiß aus den Augen. „Ich sehe nichts.“
    „Dort.“ Doria richtete den Blick auf einen bestimmten Punkt. Zweige wackelten. Blätter raschelten. Dann knackte ein Ast. „Ein plumper Indianer“, sagte Doria leise und rief dann: „Hey, du! Galdea schickt uns. Hörst du? Galdea von Som!“
    Sie warteten. Lauschten. Starrten. Schwitzten. Starrten weiter. Aber der Urwald war undurchdringlich für ihre Blicke.
    „Er wartet ab“, sagte Eiko und schob ihren Hut zurück.
    Doria schnaubte. „Aber er weiß doch, wer wir sind.“
    Ein Papageienpaar flatterte krächzend davon. Eiko deutete in eine Richtung. „Dort drüben ... Ja – dort.“
    Und wirklich: es war unmöglich, Genaues auszumachen, doch definitiv, etwas regte sich. Ein Umriß schälte sich aus der Detailflut des Dschungels.
    „Der Erwählte“, sagte Eiko.
    „Ich sehe den Umriß eines Mannes“, sagte Doria. „Woher wissen Sie, daß es der Erwählte ist?“
    „Ich weiß es.“
    „Ohne jeden Zweifel?“
    „Ja.“
    „Ich denke, das verlangt weitere Beweise“, sagte Alain.
    Dorias Blick ein Pfeil. „Sagt der abenteuerlustige Großstädter.“
    Eiko sah von Doria zu Alain. „Nein, warte. Sag jetzt nichts.“
    Der Fremde tat einen athletischen Satz auf sie zu. Jetzt waren Details zu erkennen. Er war nackt bis auf einen Lendenschurz. Das schwarzglänzende Haar war zu einem Knoten gebunden. Seine mahagoniebraune Haut war bemalt mit grünen Kreisen und Bögen. Er trug kupferne Armreifen, um den dünnen Hals eine Kette

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