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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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denke, es ist diese ganze ekelhafte Geschichte«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Großvater war immer ein anständiger, ehrenhafter Mann. Und jetzt versucht er, einen Schatz von Leuten zu stehlen, die ihm nie etwas zuleide getan haben … bricht Gesetze. Es – es paßt einfach nicht zu ihm!«
    Ich nickte ernst. »Man nennt das Goldfieber. Das kann jeden packen.«
    »Aber er ist nie ein Abenteurer gewesen! Er ist Gelehrter – ein Mann, den man in seinem Fach respektiert, er hat einen sehr guten Ruf. Ich habe das schreckliche Gefühl, daß uns etwas Furchtbares bevorsteht … Und ich weiß nicht, was ich tun soll, um dieses Furchtbare zu verhindern.«
    »Warum sind Sie mitgekommen, wenn Sie so empfinden? Sie hätten zu Hause bleiben können, in der Schweiz, oder wo Sie sonst zu Hause sind.«
    »Ich bin in der Schweiz zur Schule gegangen. Wir leben in Paris, ganz in der Nähe, in einem kleinen Dorf an der Seine. Wir haben dort ruhig gelebt, seit Großvater pensioniert wurde und den Mond verlassen hat. Ich habe mich um ihn gekümmert. Er ist alles, was ich an Familie habe. Irgendwie kam es mir nicht richtig vor, ihn alleine auf diese verrückte Schatzsuche ziehen zu lassen.«
    »Nun, mir gefällt die Idee dieser Schatzsuche auch nicht. Aber ich glaube, am Ende wird alles gut ausgehen. Mag sein, daß Ihr Großvater keinen Schatz bekommen wird; aber ich glaube auch nicht, daß er etwas Wertvolleres als einen Traum verlieren wird«, sagte ich. »Ich glaube, ich begreife, was ihm widerfahren ist. Die Träume eines alten Mannes …«
    Sie wandte sich um und sah mich an.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    Ich spreizte die Hände. »Wissenschaftler sind in der Regel Menschen, die ganz in ihrem Beruf aufgehen – aber sie sind auch Menschen. Weiß Gott, das sind sie. Unter all dieser selbstlosen Hingabe gibt es auch einen Funken von Egoismus. Es gibt keinen unter ihnen, der nicht insgeheim danach giert, daß man sich einmal an ihn erinnert, wie an Pasteur oder Einstein. Ihr Großvater hat sein ganzes Leben seiner Arbeit gewidmet, und was hatte er am Ende – einen wissenschaftlichen Ruf, sonst nichts. Das ist wenig für einen Mann, der hoffte, einer der Unsterblichen der Wissenschaft zu werden.«
    Sie fuhr wie eine Katze auf mich los.
    »Sie müssen das ja wissen – Ihr Ruf ist ziemlich unappetitlich«, herrschte sie mich an. »Es macht einen krank, zuzuhören, wie ein billiger Verräter wie Sie einen alten Mann in den Dreck zieht, der sein ganzes Leben für die Wissenschaft gearbeitet hat! Mag sein, daß er nach all den Jahren harter Arbeit nicht viel übrig hat – aber wenigstens seinen Patriotismus hat er noch!«
    Mein Gesicht war starr, und mein Mund fühlte sich hölzern an; aber dies war nicht das erste Mal, daß man mir solche Worte ins Gesicht geschleudert hat.
    Eine Weile herrschte Schweigen zwischen uns. Dann sagte ich leise: »Ist es das, was all die Zeit zwischen uns gestanden hat – das Wort Verräter? Denn irgend etwas stimmte nicht. Sie konnten mich von dem Augenblick an nicht leiden, als wir uns das erste Mal begegneten. Bevor wir uns begegneten. Ist es das?«
    Nach einer Weile sagte sie kleinlaut: »Ja.«
    Ich überlegte einige Augenblicke. Dann sagte ich: »Ich werde nicht versuchen, das, was ich getan habe, vor Ihnen zu verteidigen. Aber nicht, weil es keine Verteidigung dafür gibt. Ich glaube nämlich nicht, daß Sie der richtige Mensch sind, um darüber zu urteilen.«
    Sie war im Begriff, etwas zu sagen, aber ich ließ sie nicht zu Wort kommen, sondern fuhr fort:
    »Hören Sie! Es gibt zwei Arten von Verrätern. Die eine Art, das ist ein Mann, der einen Namen, ein Wort, ein Stück Tuch, einen Farbflecken auf einer Landkarte verrät. Und die andere Art ist der Mann, der seinen eigenen Instinkt verrät, der gegen das handelt, was in seinem Herzen ist, und von dem ihm die Vernunft sagt, daß es die Wahrheit ist. Die erste Art bin ich. Die zweite werde ich nie sein.
    Hören Sie! Als ich vor zehn Jahren hierherkam, um für die Kolonialadministration zu arbeiten, war ich ebenso jung und überzeugt und patriotisch wie Sie. Man hat mich in das Büro für Eingeborenenangelegenheiten gesteckt, und der Großteil meiner Arbeiten war draußen beim Volk, wie die Eingeborenen des Mars sich nennen. Ich hatte die gleichen schönen Ideale wie Sie. Ich liebte meine Heimat, meine Fahne und meine Mutter. Aber als ich dann hinauszog und die Dinge sah, die unter dieser selben Flagge geschahen, wollte ich sie

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