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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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gefunden.«
    Das Volk nennt ihn Farad-i-Janhg, Fluß des Todes.
    Es ist eine tiefe, schmale Schlucht, die nach unten zu enger wird. Der Name Fluß deutet auf fließendes Wasser hin; aber fließendes Wasser ist so ziemlich die größte Seltenheit auf dem ganzen Planeten. Dieser Fluß ist ein Fluß von tödlich giftigen Gasen. Ein gespenstisch dahinfließender Strom von Dämpfen, schwerer als Luft, die träge über den Grund einer tiefen Schlucht dahinziehen. Wirklich ein gespenstischer Anblick. Und gefährlich; man kann nicht durch ihn waten, nicht einmal mit Atemgeräten.
    Dem berühmten Todesfluß ist es auch zuzuschreiben, daß diese spezielle Rille unter Zehntausenden von anderen auf der Landkarte einen Namen hat. Hareton hat sie am Ende seiner Expedition durch Hesperia ’52 entdeckt.
    Er ließ sich an einem Seil hinunter, um eine Probe zu entnehmen.
    Dann versuchte er, den Fluß mit einem Atemgerät und einem Thermoanzug zu überqueren.
    Er ist immer noch irgendwo dort unten.
    »Wie, zum Teufel, kommen wir denn hinüber?« knurrte der Ukrainer.
    Keresny begann eines der Bündel zu öffnen und holte einen Hakenschußapparat heraus. Er schob einen Druckluftkanister hinein und schaffte es nach drei oder vier Versuchen, den Haken am anderen Ufer des Flusses zu befestigen. Dann banden wir das andere Ende der Leine an einem großen Felsbrocken fest und zogen prüfend daran.
    Wir würden Hand über Hand hinübergehen müssen, zumindest der erste von uns.
    Ich meldete mich freiwillig dafür. Ich zog mir die schweren Fiberglashandschuhe an, packte die Leine und glitt über den Rand. Meine Füße schwangen jetzt neun oder zehn Meter über der obersten Schicht des giftigen Nebels. Aber nicht das Gas war es, das mir Angst machte; wenn ich abstürzte, würde ich, lange bevor das Gas mich stören würde, mir das Genick gebrochen haben. Der Grund des Todesflusses ist nämlich massives Felsgestein, und neun oder zehn Meter sind verdammt tief.
    Vorsichtig begann ich mich Hand über Hand an der Leine entlangzuziehen. Die kräftigen Handschuhe verhinderten, daß das Seil mir in die Hände schnitt. In dem schwachen Schwerefeld wog ich nur vier Zehntel meiner neunzig Kilo. Aber eine angenehme Reise war es dennoch nicht. Und ich mußte die ganze Zeit an den Haken denken und überlegte, ob er sich wirklich fest genug in dem uralten, weichen Felsen festgebohrt hatte.
    Als ich drüben war, zog ich die Beine an und stemmte mich am Ufer in die Höhe.
    Das war nicht gerade eine Übung, die ich jeden Tag machen wollte.
    Als nächstes kam das Mädchen. Da das Südufer der Schlucht etwas höher war als das Ufer, an dem ich jetzt stand, hatte der Doktor gedacht, sie würde vielleicht am Roller leichter hinüberkommen. Das war eine kleine Haltestange mit Rädern daran, die auf der Leine rollten. Sie halfen ihr über den Rand, dann stieß sie sich ab und flog mit flatterndem Haar über die Schlucht.
    Ich ließ den Haken die ganze Zeit nicht aus den Augen und war bereit, mich sofort an das Seil zu hängen, wenn ich bemerkte, daß ihr Gewicht ihn aus dem Gestein zog.
    Als die Nordwand der Schlucht auf sie zuraste, streckte sie die in Stiefeln steckenden Füße vor, um ihre Fahrt abzubremsen. Dann griff ich über den Rand, umfaßte ihre Hüfte mit einem Arm und zog sie herauf.
    Sie war ein leichtes, kleines Ding und paßte bequem an meine Schulter.
    Als ich sie in die Höhe zog, blies mir der Wind eine Locke ihres strohfarbenen Haares ins Gesicht. Ich atmete den warmen Duft ein, den Geruch ihres Haares.
    Da stieß sie sich von mir weg, und in ihren Augen blitzte kalte Wut. »Ich mag es nicht, wenn man mich anfaßt – so ein Ding wie Sie!« zischte sie.
    Ich sagte nichts, als sie sich von mir abwandte. Was hätte ich auch sagen können?
     
    Auch die anderen brachten wir unversehrt herüber. Als nächster kam der Doktor. Er benutzte ebenfalls den Roller, den ich über die Leine zu ihm zurückschickte. Den Schlitten herüberzuschaffen würde unmöglich sein; also ließ er ihn drüben. Bolgow schnallte die Rucksäcke an den Roller und schob sie einen nach dem anderen zu uns herüber.
    Dann war er an der Reihe. Er lehnte die Rolle ab und schwang sich Hand über Hand herüber, so wie ich es gemacht hatte. Keuchend und stöhnend arbeitete er sich herüber. Das Gesicht lief ihm dabei rot an, und sein schwerer Körper hing wie ein Pendel an dem dünnen Seil. Dann zog er sich neben uns über den Felssims und massierte sich die müden Hände.
    Anschließend

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