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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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ganz deutlich als Krater erkannte), stand eine hohe, glasige Säule aus schwarzem Stein, deren obere Hälfte wie ein finster blickender marsianischer Riese geformt war: einer der Ushongti, der Wachdschinn der Legende mit der traditionellen Stirn mit den drei Hörnern, den verlängerten Ohrläppchen und den scheußlichen, hauerähnlichen Zähnen, die über die Unterlippe hervorstanden. Letzte Nacht waren wir, ohne die Skulptur zu sehen, in der Finsternis an ihr vorbeigeritten. Irgendein schläfriger Wächter mußte heute morgen auf seiner Runde um das Lager fast gegen das Steinmonstrum geprallt sein, ehe er es bemerkte. Ich grinste bei der Vorstellung: zweifellos hätte ich selber genauso geschrien, wäre ich nichtsahnend auf das Ding gestoßen!
    Keresny kletterte den steilen Abhang des Ringwalls hinauf und winkte uns erregt zu.
    »Schaut! Schaut!« krähte er, das Gesicht vor Entdeckereifer gerötet.
    Gerade, wie mit dem Lineal gezogen, marschierte vom Rand des Kraters bis zum Horizont eine phantastische Doppelreihe steinerner Ushongti in die Ferne. Das waren ganz bestimmt zehntausend der schwarzen Diorit-Monolithe!
    »Seht doch die Bahn zwischen den Reihen!« rief Ilsa. »Die ist so glatt wie eine Straße! Kein Krater, keine Spalte, ja nicht einmal ein Steinbrocken!«
    Und in Keresnys Augen leuchtete es.
    »Das ist eine Straße, meine Liebe. Die Straße nach Ilionis! «
    Ich sagte nichts. Aber ich hatte das schreckliche Gefühl, daß er recht hatte.
     

 
10. Die Straße der Monolithe
     
    Unser Gefolge war von den stummen, steinernen Kolossen, die den ganzen Tag böse auf uns herunterblickten, gar nicht begeistert, während wir zwischen ihnen hindurchritten. Der finstere Blick jener Augen, die grimmigen Gesichter aus glattem, schwarzen Stein legten sich auf das Gemüt. Kraa ritt wie vorher an meiner Seite, aber sein hageres Gesicht war jetzt ernst, und seine Augen blickten nachdenklich und besorgt, als plagten ihn finstere Visionen. Selbst der häßliche, kleine Priester hatte jetzt nicht mehr die Energie, sich zu beklagen und zu murren; auch er ritt stumm dahin, in seine eigenen Gedanken versunken, und aus seinen froschähnlichen Zügen sah einen die blanke Angst an.
    Auch ich war nicht besonders heiter gestimmt. Ich war von dem Sturz gestern abend noch ziemlich mitgenommen und irgendwie deprimiert. Dieser von Statuen gesäumte Boulevard führte zweifellos irgendwohin. Niemand würde den Aufwand und die Mühe auf sich nehmen, all die Tausende von Tonnen Gestein zu behauen, zu transportieren und aufzustellen, nur um eine Doppelreihe ins Nichts zu bauen. Und der einzige Ort, zu dem diese Straße führen konnte, war die Verlorene Stadt selbst.
    Und das bedeutete, daß mir in nicht zu langer Zeit ein Problem bevorstand, das ich bis jetzt noch nicht gelöst hatte. Ich hatte mir die ganze Zeit etwas vorgemacht. Zu lange hatte ich es hinausgeschoben, auch nur darüber nachzudenken. Und jetzt schien mir die Zeit knapp zu sein. Nicht mehr lange, und ich würde entscheiden müssen, was zu tun war, sobald wir nach Ilionis gelangten und dort den uralten Schatz fanden.
    Würde ich mein Versprechen erfüllen und Keresny und Bolgov dabei helfen, die alte Stadt ihres Reichtums zu berauben? Zugegeben, ich hatte das nicht ausdrücklich versprochen; ich hatte gesagt, ich würde meinen Einfluß bei den Eingeborenen darauf verwenden, daß sie uns zur Heiligen Stadt brachten. Ich hatte nichts davon gesagt, daß ich mithelfen würde, die Heilige Stadt ihres Schatzes zu berauben.
    Aber wenn ich auch keine ausdrückliche Zusage abgegeben hatte, gab es doch zwischen dem Doktor und mir eine stillschweigende Übereinkunft. Und ich würde meinen Einfluß in die eine oder andere Richtung einsetzen müssen: entweder, indem ich den Monddrachenkriegern befahl, die Beute aus der Verlorenen Stadt zu unserem Gleiter zu tragen, oder, indem ich mich weigerte, diesen Befehl zu geben.
    Dies würde es natürlich unmöglich machen, Ilionis auszuplündern. Keresny und Bolgov konnten unmöglich den Schatz alleine und ohne Hilfe transportieren. Und wenn ich nicht meine Autorität dazu benutzte, sie zu schützen, so wußte ich, daß Fürst Kraa und seine Leute nicht ruhig zusehen würden, wie die Erdenmenschen die alten Gewölbe beraubten. Sie würden die F’yagha entweder gefangennehmen oder erschlagen; wahrscheinlich letzteres. Insbesondere, wenn es nach dem Willen des vipernäugigen, kleinen Priesters ging, dem das Sakrileg den Schaum vor den Mund

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