Kaiser des Mars
Aber es gab nur wenig, was ich sagen oder tun konnte, um die neuen Mitglieder unserer Gruppe am Mitkommen zu hindern, denn das hätte sie nur argwöhnisch gemacht und der Sorge neuen Auftrieb verliehen, daß wir doch beabsichtigten, die heilige Stadt zu entweihen.
Also mußten sie mitkommen.
Freilich muß ich zugeben, daß auch ich keine Ahnung hatte, wie wir uns ihnen gegenüber verhalten würden, sobald wir einmal Ilionis erreicht hatten.
Ich zweifelte jetzt kaum mehr daran, daß wir die Verlorene Stadt finden würden.
Ehe wir Farad verließen, bedurfte es noch einer wichtigen Zeremonie. Der Monddrachenfürst mußte dem Jamad den Lehenseid leisten.
Die Zeremonie war die Einfachheit selbst. In Gegenwart der versammelten Lords, Adeligen und Häuptlinge kniete der alte Fürst nieder, küßte den Staub vor mir und legte mir sein blankes Schwert zu Füßen.
Durch dieses uralte Ritual erkannte er meine Herrschaft an und schwor, mir in allem zu gehorchen und zu dienen … er und seine Nation.
Aber man konnte das Zeremoniell auch anders auslegen.
Indem er zu meinen Gunsten seine Souveränität aufgab, legte er auch die Verantwortung für das, was wir vorhatten, mir zu Füßen. Als mein Lehensmann trug Fürst Kraa keinerlei Verantwortung mehr für irgendwelche ketzerischen Akte, zu denen es während unserer Expedition etwa kommen sollte.
Denn jetzt war mein Wille sein Gesetz.
Und wenn die Götter des Mars sich über sein Eindringen in das Geheiligte Land ärgerten, würden ihr Groll und ihre Rache auf mich fallen und nicht auf Kraa, meinen Lehensmann, der infolge seines Eides von jeder Schuld freigesprochen war.
Das Gesicht des Fürsten war ausdruckslos und unschuldig, als er wieder aufstand und aus meiner Hand sein Schwert empfing; aber der kleine Dhu blickte unterdessen mißgünstig und böse.
Die politischen Implikationen dieser Handlung waren so vielfältig, daß es mir geradezu Vergnügen bereitete, sie zu entwirren, während wir durch die Tore von Farad ritten, hinaus in das nackte Ödland, das sich über das große Plateau von Chun erstreckte, bis zu den verbotenen Grenzen des Heiligen Landes.
Den ganzen Tag lang ritten wir durch felsige Wildnis und machten nur zweimal halt, um unsere Notdurft zu verrichten und die Tiere ausruhen zu lassen.
Der alte Fürst ritt an meiner Seite an der Spitze unserer Gruppe. Er sprach nur wenig, und seine Augen wanderten die ganze Zeit. Steif wie ein Ladestock saß er im Sattel. Er ermüdete nicht, er, der Veteran von hundert Kriegen. Und es dauerte nicht lange, und er hörte auf, unsere Expedition voll Unruhe und Sorge zu betrachten. Statt dessen begann er an dem Abenteuer Gefallen zu finden. Seine gute Laune war geradezu ansteckend, und die langen Stunden des Reitens schienen ihm überhaupt nichts auszumachen.
Hinter uns ritt der kleine Priester Dhu und murrte fast die ganze Zeit. Er war alles andere als ein geübter Reiter! Tausendmal beklagter er sich über sein Slidar, über seinen locker sitzenden Sattel, über den brennenden Durst, der ihn quälte, und über die allgemeine Unbequemlichkeit der Reise.
Jede kleinste Kleinigkeit, die ihn störte, war für ihn ein böses Omen. Einmal glitt eines der Tiere auf einem Stein aus, und sein Reiter stürzte. Der Mann erhob sich unverletzt, klopfte sich den Staub ab und grinste etwas verschämt. Aber der Bucklige jammerte wie ein altes Weib, das den Schrei der Todesfee gehört hat.
Der Fürst herrschte ihn an, sich gefälligst ruhig zu halten oder nach Farad zurückzureiten. Von nun an stellte Dhu seine Klagen ein, fuhr aber fort zu murren und Gebete zu murmeln, um die Rache der Zeitlosen abzuwenden – mit gedämpfter Stimme zwar, aber immerhin laut genug, daß wir es hören konnten.
Trotz seiner dauernden Kassandrarufe geschah überhaupt nichts, was uns gefährdete oder uns auch nur aufhielt, bis die Sonne unterging und die Welt finster wurde.
Müde von dem langen Tag, den wir im Sattel verbracht hatten, beschlossen wir, das Lager aufzuschlagen, zu essen und uns schlafen zu legen. Und jetzt wurde die Monotonie unserer Reise plötzlich gestört.
Ein donnerndes Zischen explodierte wie ein Dampfstrahl. Die Slidars zeigten ihre Fänge, bäumten sich auf, und ihre Augen funkelten weiß vor nackter Angst. Vor uns platzte eine unschuldig aussehende, gelbe Sanddüne förmlich auseinander, als wäre darunter eine Dynamitladung explodiert.
Und aus diesem Versteck schoß brüllend eine Sandkatze!
Ilsa schrie auf, als
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