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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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treiben würde.
    Ilsa würde ich natürlich um jeden Preis beschützen. Und ich konnte mir auch nicht gut vorstellen, daß ich tatenlos zusehen würde, wie die wütenden Krieger des Monddrachen ihren Großvater und Bolgov töteten. Was Bolgov betraf – nun, er war mir natürlich ziemlich gleichgültig. Andererseits – ich glaube nicht, daß ich würde zusehen können, wie man den armen Teufel abschlachtete.
    Was den Doktor anging, hatte der mir überhaupt nie etwas zuleide getan; ich mochte den alten Burschen sogar. Und ohne seine Hilfe säße ich jetzt noch in Venedig und tränke in der Arkade vor der Kathedrale von San Pietro billigen Brandy. Er hatte mich natürlich um seinetwillen, nicht um meinetwillen hierhergebracht, und seine Gründe waren völlig eigensüchtig. Aber hatte es eigentlich etwas zu bedeuten, weshalb er es getan hatte? Schuldete ich ihm nicht etwas dafür, daß er mich zu der Welt zurückgebracht hatte, die ich liebte?
    Jedenfalls war er ein alter Mann, und Ilsa liebte ihn. Ich würde ihn schützen müssen – ja, ihn und Bolgov –, würde dafür sorgen müssen, daß die marsianischen Krieger ihnen nichts zuleide taten.
    Aber ich brauchte ihnen nicht dabei zu helfen, die Schatzgewölbe von Ilionis auszurauben.
    Ich konnte mich einfach weigern, irgend etwas zu tun, konnte es ablehnen, Fürst Kraas Krieger um das zu bitten, was sie freiwillig nie tun würden.
    Ja, das war vermutlich die beste Lösung.
    Eines stand fest: Ich konnte und würde meine Beziehung zum Fürsten von Farad nicht in Gefahr bringen, indem ich ihn zwang, seinen Männern zu befehlen, den Verhaßten dabei zu helfen, das heilige Ilionis seiner Schätze zu berauben.
    Oh, nicht daß ich Zweifel gehabt hätte, daß der Fürst mir gehorchen würde, wenn ich so dumm und so grausam wäre, ihm dies als sein Jamad zu befehlen. Brachte ich ihn aber dazu, seine Traditionen in diesem Maß zu verletzen, würde ich seine Freundschaft auf ewig verlieren. Er würde mir den Lehenseid ins Gesicht werfen, die Tore von Farad würden sich für immer vor mir schließen, und nie wieder, solange die Welt sich drehte, würden die Legionen der Monddrachennation unter meinem Banner gegen die Erdenmenschen in den Krieg reiten.
    Ja, ich war bereit, den Geist meiner Zusage an Dr. Keresny zu verletzen, um nicht meine Streitmacht in dem bevorstehenden Heiligen Krieg zu gefährden.
    In diesem Augenblick ging es mir durch den Sinn, daß es klug wäre, in den nächsten Tagen Bolgov im Auge zu behalten. Sobald ich nämlich einmal deutlich gemacht hatte, daß ich ihnen nicht bei dem Transport des Schatzes helfen würde, war es nicht unmöglich, daß Bolgov etwas Verrücktes tun würde, zum Beispiel, mir die Pistole an den Kopf zu setzen, um die Marsianer zu zwingen, die Beute wegzuschleppen, wollten sie nicht das Leben ihres Jamads gefährden.
    Nein, ich mußte den Ukrainer gut im Auge behalten; er war ein skrupelloser Typ und würde vor nichts zurückschrecken, um das zu bekommen, was er wollte. Vielleicht schaffte ich es irgendwie, ihm die Waffe abzunehmen … Ich würde es mir überlegen müssen und sehen, was mir einfiel. Für den Augenblick schob ich die ganze Frage von mir.
     
    Während jeder in seine eigenen Gedanken versunken war, galoppierten wir unter der fernen, bleichen Feuerscheibe der Sonne die Straße der schwarzen Monolithe hinunter.
    Der Doktor hatte im Geist die steinernen Ushongti gezählt, die den Weg nach Ilionis säumten, um diese Zahl einst in dem Buch oder dem Artikel zu verewigen, den er aus seiner Erinnerung schreiben wollte. Aber nachdem er fünftausend der schimmernden Dioritskulpturen gezählt hatte, gab er es auf. Wahrscheinlich erfaßte ihn am Ende die düstere Vorahnung, die uns alle bedrückte, während wir Stunde um Stunde unter den finsteren Blicken der steinernen Dschinn dahinritten, und dämpfte selbst seine Erregung. Mir schien es jedenfalls, als verfinstere der Schatten der Vorahnung seine Augen und ließ seine Züge müde erscheinen.
    Was Kuruk anging, so war auch dieser ergraute Veteran nicht unempfänglich für die Stimmung, die uns alle umfangen hielt. Aber er ritt hinter mir, treu und wachsam. Ich glaube, für den finster blickenden Häuptling genügte es, daß sein Fürst und sein Jamad hier waren und es ihm oblag, sie zu bewachen. Einmal sah ich mich zu ihm um, spürte seinen Blick auf mir und lächelte. Er saß gelockert im Sattel, die eine Hand am Schwertgriff, die schmalen Augen wachsam, auf jede Gefahr

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