Kaiserhof Strasse 12
Füße in einer kleinen Zinkwanne mit heißem Wasser einweichte, sie abtrocknete und ihm dann mit einem Rasiermesser, das er selbst vorher an einem Lederriemen abgezogen hatte, die Hühneraugen auf den haarigen Zehen beschnitt. Ich stellte mir vor, was das für ein Leben sei, den ganzen Tag Füße einzuweichen und Hühneraugen zu beschneiden, da änderte auch das klangvolle »Operateur« nichts dran, und Herr Walcker tat mir ein bißchen leid.
Bei der jungen Frau Schwab mit dem unfreundlichen Mann, der gut zwanzig Jahre älter war als sie, fällt mir ein, daß sie mir zum ersten Mal in meinem Leben die Möglichkeit bot, eine nackte Frau von allen Seiten zu betrachten.
Das kam so: Durch das Hinterhaus zog sich ein großer Lichtschacht; auf ihn gingen das Küchenfenster und auf der gegenüberliegenden Seite das Fenster einer Kammer hinaus. So konnte man von der Küche aus bequem in die Kammer hinüberschauen. Diese hatte sich die Familie Schwab zu einem Bad ausgebaut, das aber höchstwahrscheinlich von Herrn Schwab noch nie benutzt worden war.
Eines Tages, als ich wieder einmal mit ihrem Stiefsohn Karten spielte, sagte Frau Schwab, sie gehe jetzt ins Bad. Kaum hatte sie die Kammertür hinter sich verschlossen, zog mich ihr Sohn in die Küche und wies mir einen Platz seitlich zwischen Wasserstein und Fensterrahmen zu. »So kann sie dich nicht sehen«, sagte er leise und stellte sich an die andere Seite des Fensters. Von hier konnte man durch die Spanngardine ungehindert in die erleuchtete Badekammer schauen, wo sich Frau Schwab zu schaffen machte. Sie ließ Wasser in die Wanne ein und begann sich auszuziehen. Mir mit meinen zwölf oder dreizehn Jahren wurde abwechselnd heiß und kalt, als sie sich Kleid und Unterrock über den Kopf streifte, dann am Büstenhalter herumnestelte und mit einem Ruck ihre vollen Brüste hervorquellen ließ, sie in beide Hände nahm, drückte und ein wenig massierte, und schließlich den weißen Schlüpfer auszog und ein dunkelhaariges Dreieck freilegte, riesig groß und regelmäßig wie mit einem Lineal gezogen. Später konnte sie anhaben, was sie wollte, Hose, Rock oder Mantel, geblümt, gestreift oder einfarbig, ich sah immer nur, wenn ich ihr begegnete, das große schwarze Dreieck.
Sie stand in ihrer ganzen Üppigkeit so günstig zum Fenster, daß ich sie von Kopf bis Fuß genau betrachten konnte, jede Einzelheit, jedes Härchen, jeden Pickel, jede Falte. Trotz der roten Striemen des Schlüpfergummis an Bauch und Schenkeln und, wo die Träger des Büstenhalters gesessen hatten, an den Schultern, war sie für mich makellos, schön wie die Venus von Milo und erregend wie die Fotos an der Nachtbar. Jede ihrer Bewegungen löste ein Zucken in meinem Kopf aus, im Bauch und in den Knien. Sie hatte es gar nicht eilig, in die Wanne zu steigen, bückte sich nur einmal und drehte, während die schweren Brüste im Rhythmus der Bewegungen pendelten, die Wasserhähne zu. Dann wandte sie sich wieder zu uns um. Sie spreizte ein wenig die Beine, reckte sich und zeigte dabei ihre dunklen Haare in den Achselhöhlen, knetete Bauch und Schenkel, rieb sich mit beiden Händen zwischen den Beinen - und dann erst bequemte sie sich, das Bad zu beginnen. Ganz langsam stieg sie über den Wannenrand, wobei sie uns noch einmal die pralle Rundung ihres Hinterns entgegenstreckte, und versank bis zum Hals im Wasser. Ein solches Schauspiel hatte ich noch nie erlebt und war vor Erregung einer Ohnmacht nahe. Das gleiche passierte noch zwei- oder dreimal und lief immer ähnlich ab, und ich zitterte, Frau Schwab könne uns irgendwann einmal entdecken. Erst viel später kam mir der Gedanke, ihr Badeeifer am hellichten Tag sei kein Zufall gewesen, sondern ein geschicktes Arrangement. Vielleicht hatte ihr unbefriedigtes Sexualleben sie zu diesen exhibitionistischen Spielen veranlaßt. Jedenfalls verschaffte sie mir damit ein außergewöhnliches Erlebnis.
Wenn aus dem ersten Stock des Hauses Nummer 18 häufig schrille Laute zu hören waren, dann kamen sie nicht, wie die Buben der Kaiserhofclique behaupteten, aus dem Behandlungszimmer des Hühneraugenoperateurs, sondern sie gehörten den beiden unverheirateten Damen aus dem Opernhauschor, die in der gleichen Etage wohnten und immer üben mußten, um bei Stimme zu bleiben.
Noch vieles wäre aus unserer Straße zu berichten, zum Beispiel von der Zigeunerfamilie mit den vielen Kindern aus Nummer 20, die bei ihrem Abtransport durch die SA so herzzerreißend weinten und
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