Kaiserkrieger 2: Der Verrat
warf. »Nein, Rufus, es ist nicht so! Meuterei, es gab eine Meuterei! Mönche sind an Bord und haben die Mannschaft überwältigt! Es gibt Tote und Verletzte!«
Rufus zog die Stirn kraus und warf einen Blick hinüber zur Saarbrücken, auf der scheinbar wieder Ruhe eingekehrt war. Immer noch war von außen vom Kommandowechsel an Bord nichts zu erkennen.
»Du meinst das ernst?«
»Rufus, ich lüge nicht!«
»Ich riskiere Kopf und Kragen!«
»Glaub mir! Ich denk mir das nicht aus!«
Der Legionär wechselte einen Blick mit seinen Kameraden.
»Nun, es ist sicher ungewöhnlich, dass sie mitten in der Nacht auf einen kleinen Jungen schießen, der von Bord springt«, knurrte ein anderer Mann. Marcellus sah, dass wieder andere Wachen plötzlich sehr ungemütlich dreinblickten. Natürlich! Jemand musste weggesehen haben, als die Mönche an Bord schlichen! Es war nur mit Verbündeten an Land möglich!
Er musste jetzt furchtbar vorsichtig sein.
»Dekurio, was tun wir?«
Ein schlanker, junger Mann hob den Kopf, zuckte mit den Achseln. »Wir gehen kein Risiko ein und verständigen den Präfekten. Wir haben Order, alles Ungewöhnliche sofort zu melden – und das hier ist definitiv ungewöhnlich!«
Zustimmendes Gemurmel ertönte. Marcellus sah, wie einige der Legionäre bleich wurden. Der Dekurio schickte sofort einen Boten. Dann sah er Marcellus an.
»Du hast gesagt, Mönche sind an Bord der Saravica gekommen?«
Der Junge nickte eifrig. »Sie haben die Männer, die loyal zu Trierarch Rheinberg waren, im Schlaf überwältigt. Klasewitz hat sich zum neuen Trierarch gemacht, er steht mit den Mönchen im Bunde.«
Die Augen des Dekurio verengten sich zu Schlitzen.
»Wie sollen die Leute an Bord gekommen sein? Wir haben …«
Der junge Unteroffizier unterbrach sich selbst, hob seinen Kopf und warf einen Blick in die Runde. Dann fuhren drei seiner Männer herum und sprinteten los. »Rufus!«, bellte der Dekurio. Marcellus sah mit aufgerissenen Augen, wie der Veteran ein Seil, an dessen Enden Gewichte befestigt waren, von seinem Gürtel löste, Augenmaß nahm, es schleuderte. Zischend wirbelte das Seil durch die Luft, wickelte sich um die Beine des Langsamsten, schleuderte ihn zu Boden.
Rufus trottete gemächlich auf den am Boden Liegenden zu, ergriff ihn mit einer Hand und zog ihn unsanft auf die Beine. Er zerrte ihn erbarmungslos zurück zum Dekurio, während die beiden Komplizen in der Dunkelheit verschwanden.
»Lecius, Lecius, Lecius«, hörte Marcellus den Veteranen murmeln. »Ich habe schon immer gewusst, dass es mit dir kein gutes Ende nehmen würde.«
»Behalt ihn gut im Auge, Rufus!«, befahl der Dekurio und warf dem betreten dreinblickenden Gefangenen einen kalten Blick zu. »Wir werden ihn in Ruhe verhören. Wer waren die beiden Anderen?«
»Guido und Oliver, ein Germane und ein Gallier. Ich habe ihnen von Anfang an nicht getraut«, erwiderte Rufus und spuckte zu Boden. »Ich kenne ihre Huren und ich kenne ihre Tavernen. Gib mir ein paar vertrauenswürdige Männer und ich greife sie dir, Dekurio.«
»Nein, sie werden klüger sein und die Stadt noch in dieser Nacht zu verlassen suchen. Lecius hier genügt uns. Er wird uns alles sagen, was wir wissen wollen.«
»Mehr als das«, knurrte Rufus verheißungsvoll. Stand da Schweiß auf der Stirn des Gefangenen? Marcellus konnte es nicht recht erkennen.
»Wollen wir mit der Saravica reden?«, fragte nun einer der Männer.
»Wir tun nichts ohne Rennas Befehl. Noch einen Boten. Ich will sicher gehen, dass wir jemanden mit Autorität hierher bekommen. Wir verhalten uns ruhig.« Der Dekurio holte tief Luft und scheute sich, einen direkten Blick auf den ruhig im Wasser liegenden Kreuzer zu werfen. »Ich will nicht, dass einer auf uns schießt.«
20
»Präfekt?«
»Hat sich etwas getan?«
»Nein, gar nichts.«
»Dann machen wir es so, wie wir es besprochen haben.«
Zenturio Marcus Tullius Salius zeigte nicht, was er fühlte. Renna kannte ihn seit gut zehn Jahren, hatte ihn bei jedem neuen Posten wieder mit sich genommen und dafür gesorgt, dass der Mann in seiner Nähe blieb. Salius war nicht nur einfach ein Veteran mit seinen gut 15 Dienstjahren, er war Rennas Mann für alle Fälle, derjenige, den man losschickte, wenn man keinen Ausweg mehr wusste. Salius hatte mit seinen Männern, handverlesenen Legionären, einen alanischen Hauptmann hinter den Linien seiner Krieger überwältigt und aus seinem eigenen Lager verschleppt. Er hatte den schwer
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