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Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Titel: Kaiserkrieger 2: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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das Bündel zu packen hatte, um es einigermaßen bequem auf seinem Rücken tragen zu können. Er fühlte, wie er abstumpfte, wie gute Dinge ihn immer weniger erfreuten und schlechte Dinge ihn immer weniger ärgerten. Er verhielt sich so, dass er gut durchkam, und er passte sich seiner Umgebung auf eine Art und Weise an, dass ihn niemand mehr von der Seite ansah. Sein Latein wurde besser, wenngleich permanent vulgärer, und das Gleiche galt für sein Griechisch, das durch Simodes um zahlreiche Beschreibungen und Vokabeln ergänzt wurde, die Volkert in keinem Lehrbuch vorgefunden hätte.
    Volkert fand diese Entwicklung anfangs erschreckend, doch auch dieses Gefühl wurde immer schaler und verlor seinen Biss. Letzten Endes merkte er, wie Fatalismus ihn überkommen hatte und er sich dahintreiben ließ, was in der Legion wie in jeder Armee besonders einfach war: Wer nicht denken wollte, musste das auch nicht, es genügte, blind zu gehorchen, sich den Routineabläufen zu unterwerfen und schlicht nur das zu tun, was von einem erwartet wurde. Dunkel entsann sich Volkert einer anderen Motivation, als er sich zur Offizierslaufbahn gemeldet hatte, einem Wunsch, Männer zu führen und Verantwortung zu tragen. Hier, im Dreck Norditaliens liegend, mit einem erstmals schlecht gelaunten Simodes an seiner Seite, erschien ihm das zunehmend wie ein sehr weit entferntes Ideal. Vielleicht war es eine notwendige und heilsame Verdrängung, die ihm half, sein neues Leben besser zu ertragen, vielleicht war es auch nur die tiefe und Körper wie Geist gleichermaßen erfassende Müdigkeit, die dazu geführt hatte. Vielleicht würde er anders denken und fühlen, wenn er erst wieder einige Tage in einem richtigen Bett geschlafen und anständig gegessen hatte, eine Aussicht, die sich in absehbarer Zeit kaum würde erfüllen können.
    »Sarmaten«, flüsterte Simodes in den Nachthimmel. »Was sind das für Burschen?«
    »Leute mit spitzen Klingen, die sie mit Freude in römische Legionäre versenken«, kommentierte Volkert.
    »Und du meinst, wir werden siegreich sein?«
    Volkert hatte es sich nicht nehmen lassen, aus seinem historischen Vorwissen heraus eine grundsätzlich sehr zuversichtliche Prognose über den Kriegsverlauf abzugeben.
    »Oh ja, Rom wird siegreich sein«, wiederholte er daher voller Überzeugung. »Aber ob wir siegreich sein werden, das weiß ich nicht. Ich glaube nicht, dass sich die Angreifer durch gute Worte von ihrem Tun abbringen lassen werden – tatsächlich wird es Kämpfe geben und Blut wird fließen. Und wenn ich auch sehr sicher bin, dass Theodosius das Römische Reich zum Sieg führen wird, wird es ebenfalls mit großer Sicherheit tote römische Legionäre geben.«
    Es waren Augenblicke wie dieser, die dem Fähnrich zeigten, welchen Unterschied es machte, historische Abhandlungen in Büchern zu lesen und über diesen oder jenen Feldherren und seine Vorzüge zu philosophieren, oder stattdessen diese Feldzüge selbst mitzuerleben. Denn dann wurde man recht schnell mit der Erkenntnis konfrontiert, dass auch glorreiche Siege immer auf dem Rücken toter Soldaten ausgefochten wurden, die zur Seite der Sieger gehörten. Dieser Gegensatz machte Volkert auch zu schaffen, und wenn die Augen seiner Zuhörer glänzten, während er vom nahenden Sieg redete, vermochte er diese Zuversicht bei sich selbst nicht zu erzeugen. Stattdessen sah er sich und Simodes im eigenen Blute auf dem Schlachtfeld liegen, während hinter ihnen die überlebenden Legionäre den ruhmreichen Theodosius hochleben ließen.
    Es war ein Bild, das er auch bei größter Anstrengung nicht aus seinen Gedanken verscheuchen konnte. Simodes schien seinem Freund den inneren Zwiespalt durchaus anzusehen, denn er hatte ihm mehrfach versichert, im Kampf »gut auf ihn aufzupassen«. Dieses Zeichen aufrichtiger Freundschaft hatte Volkert durchaus gerührt und er hatte dem Griechen gedankt, dennoch war ihm die Zuwendung des Mannes kein großer Trost gewesen. Die Ängste, die er in sich trug, entwickelten sich zu einem Wirrwarr negativer Gefühle, wie einen Irrgarten, aus dem man nicht mehr herausfand.
    Als sich Volkert schließlich ausstreckte und spürte, wie trotz aller Decken die Kälte aus dem harten Erdreich in seine Knochen zu schleichen begann, wusste er, dass er eine kurze Nacht mit wenig Schlaf haben würde, gefolgt von einem langen Tag mit vielen Eilmärschen.
    Diese Aussicht ließ ihn kalt. Das Gemurmel der Kameraden war wie ein Schlaflied, und so nickte Thomas

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