Kaiserkrieger 2: Der Verrat
lassen.«
Becker runzelte die Stirn. »Ich hätte gerne, edler Victor, dass mich einer Eurer Männer die Befestigungsanlagen entlangführt. Ich würde mir gerne ein genaues Bild machen, damit ich gegebenenfalls Schusspositionen festlegen kann.«
»Das will ich gerne tun. Habt Ihr also die Absicht, die Goten mit Euren Wunderwaffen zu bekämpfen, wenn sie sich Thessaloniki nähern?«
»Nur, wenn sie in großer Stärke und massiert angreifen. Dazu bedarf es einer wichtigen Voraussetzung.«
Victor machte ein säuerliches Gesicht. »Ich ahne, was Ihr von mir verlangt. Doch sprecht!«
»Ihr müsst den Goten vor den Toren der Stadt die Schlacht anbieten. Wir müssen sie provozieren, so gut es geht. Höhnische Reden und typische römische Arroganz wären etwas Feines. Die Goten müssen blutrünstig auf Eure Männer zu rennen und ihre Verbündeten mit ihnen. Das werden sie nur tun, wenn sie sehen, dass ihre Feinde die schützenden Mauern der Stadt verlassen. Dann müssen wir eine genaue Serie von Befehlen ausmachen und es muss klar sein, dass Eure verlässlichsten Offiziere zur richtigen Zeit das Richtige tun, damit wir nicht auf Römer, sondern nur auf Goten feuern.«
Victor schnaubte. »Verlässliche Offiziere. Meine Truppen bestehen fast nur aus Offizieren.«
Becker lächelte. »Umso besser. Wenn das Signal gegeben wird, öffnen wir die Tore der Stadt und die Truppen werden sich dorthin zurückziehen. Das wird die Goten noch ehrgeiziger machen, da sie denken, sie hätten nun leichtes Spiel. Und dann können wir sie begrüßen – auf unsere Art.«
Victor war immer noch nicht überzeugt. »Ihr versprecht mir einen umfassenden Sieg wie bei Eurem Kampf vor ein paar Tagen?«
»Ich verspreche gar nichts, es gibt zu viele Dinge, die schieflaufen können.
Wer weiß, ob Fritigern den Überlebenden unserer Schlacht nicht Glauben schenkt und auf unser Manöver gar nicht erst hereinfällt? Sollte er aber in unsere Falle tappen, dann werden wir großen Schrecken unter den gotischen Truppen verbreiten. Wir werden sie nicht alle auslöschen – dafür sind es zu viele. Aber wir werden ihre Moral brechen und sie werden ihre Plünderzüge durch Griechenland einstellen – und wir werden mit ihnen verhandeln können.«
Becker wunderte sich selbst, wie selbstverständlich dieses »wir« über seine Lippen kam. Und zumindest Arbogast schien daran auch keinen Anstoß zu nehmen. Wenn es Flavius zuwider war, so ließ er sich nichts anmerken.
»Verhandlungen wären schön. Goten als neue Untertanen. Jedenfalls nicht als Bundesgenossen.«
»Wenn sie damit einverstanden sein sollen, müssen wir erst ihren Willen brechen und ihre Moral zerstören«, bekräftigte nun Arbogast. »Beckers Plan hat seine Risiken, aber er kann gelingen.«
»Gut«, murmelte Victor. »Aber wenn das so ist, verehrter Becker, wie sehr nützen uns Eure paar Männer dann langfristig? Irgendwann wird dieser oder jener sterben oder Eure Dienste verlassen, ob er will oder nicht. Auch habe ich meine Zweifel, dass Ihr nach einer solchen Schlacht noch sehr viel von Eurer magischen Munition haben werdet. Was erwartet Ihr für die Zeit danach?«
Es sprach für die Intelligenz des Heermeisters, diese Frage zu stellen. Becker hatte sie zwar nicht erwartet, sie aber lange mit Rheinberg diskutiert und er beschloss, größtmögliche Offenheit zu zeigen.
»Es wird notwendig sein, Euch einiges von den technologischen Errungenschaften zu lehren, die wir beherrschen. Viele lassen sich zwar nicht direkt auf das Reich übertragen, aber wir können Verbesserungen anbieten, die mit etwas Mühe und sicher einigen Fehlschlägen von Euren Handwerkern übernommen werden können. Ich denke, dass wir nach einer entsprechenden Übereinkunft Euch diese technischen Errungenschaften vermitteln werden und dass das Römische Reich damit zwar nicht unbesiegbar wird – aber auf keinen Fall den schnellen Zusammenbruch im Westen erlebt, den wir kennen.«
Victor nickte. »Das kann ich verstehen und ich bin auf diese Ideen schon sehr gespannt.«
»Es gibt aber noch einige andere Probleme, die lassen sich mit neuem Handwerk alleine nicht lösen. Ökonomische Probleme, religiöse Streitigkeiten, die öffentlichen Haushalte, die Korruption in der Verwaltung. Das sind Fragen, bei denen wir möglicherweise den einen oder anderen Ratschlag werden geben können, aber es gibt dann immer noch genügend Möglichkeiten, Fehler zu begehen. Letztlich wird es davon abhängen, ob es den Verantwortlichen des
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