Kaiserkrieger 2: Der Verrat
wirklich nicht geben.«
Joergensens Grinsen wurde immer breiter.
Rheinbergs Blick wanderte wieder zu Dahms.
»Machen Sie da mit, Herr Marineoberingenieur? Einige der Meuterer dienen in Ihrem Maschinenraum.«
»Wenn Sie den Befehl …«
»Nein«, unterbrach Rheinberg ihn sofort. »Ich frage Sie: Machen Sie mit? Mit dem Herzen? Geben Sie meiner Entscheidung eine Chance, Dahms? Es ist zu wichtig, wir müssen das gemeinsam vor der Mannschaft vertreten. Wir müssen überzeugen.«
Er blickte Dahms direkt in die Augen. Der Mann wich seinem Blick keine Sekunde aus, aber es war kein Kräftemessen, eher ein Suchen nach gegenseitiger Verständigung. Schließlich nickte der Ingenieur. Kurz, aber ohne weiteres Zögern.
Rheinberg war die Erleichterung anzusehen. Er konnte sich keinen neuen Spalt in der Schiffsführung erlauben.
»Dann lassen Sie uns über die Dinge reden, die sonst noch anstehen. Sie haben ja die Neuigkeiten vernommen, die ich aus Sirmium mitgebracht habe. Wir können hier nicht so sonderlich viel ausrichten und ich habe beschlossen, Ravenna zu verlassen und Thessaloniki anzusteuern, damit wir in der Nähe Beckers bleiben können. Ich bin mittlerweile sehr zuversichtlich, dass ein Auslaufen des Kreuzers nicht mehr als unmittelbare Bedrohung wahrgenommen werden wird. Renna vertraut uns, wir nehmen Africanus wieder als Verbindungsoffizier an Bord. Darüber hinaus werden wir zehn weitere römische Seeleute mitnehmen, die auf der Saarbrücken dienen sollen – da kommt eine Menge Ausbildungsarbeit auf uns zu.«
»Wenn sie jung sind, wird das kein Problem sein«, warf Dahms ein. »Wie alle jungen Menschen sind auch diese lernfähig und leicht zu begeistern. Sie können ihre Angst überwinden und werden bereit sein, Neues aufzunehmen. Achten Sie darauf, dass es junge Kerle mit Seebeinen sind, dann bekommen wir das schon hin. Wir müssen ja ohnehin damit anfangen, denn wir haben ja jetzt schon Verluste auszugleichen.«
»So ist es. Gratian hat uns einen gewissen Vertrauensvorschuss gegeben, den wir nicht verspielen wollen. Es hängt jetzt viel davon ab, ob wir die gotische Problematik in den Griff bekommen. Ich habe meinen Teil an Diplomatie und goldenen Reden bis auf Weiteres ausgeschöpft. Jetzt ist Becker an der Reihe und wir schauen, wo wir ihm noch helfen können. Und sei es, dass die Saarbrücken nur als schwimmendes Lazarett eingesetzt wird. Apropos … wir benötigen definitiv mehr Ärzte.«
Rheinberg warf einen bedeutungsvollen Blick auf Neumann.
»Ich weiß, und ich habe auch schon eine Idee. Letztlich werden wir ja einiges an Wissen vermitteln müssen, wenn wir unsere römischen Freunde etwas voranbringen wollen. Ich habe deswegen schon ein längeres Gespräch mit Renna geführt und er hat sich nicht nur bereit erklärt, mir einige der hiesigen Ärzte zur Weiterbildung an Bord der Saarbrücken zu schicken – möglichst solche, die noch willens sind, etwas dazu zu lernen –, sondern er fand auch meine Idee einer medizinischen Akademie sehr gut.«
»Eine Akademie? Wollen Sie Professor werden?«, fragte Joergensen lächelnd.
»Jeder von uns wird ein Lehrer werden«, erwiderte Rheinberg. »Und die Sache mit der Akademie ist eine ausgezeichnete Idee, die ausbaufähig ist – nicht nur für den medizinischen Bereich.«
»Dazu bedarf es aber einiger Ruhe. Wir müssen, um so etwas wie einen Lehrbetrieb etablieren zu können, Leute auch mal längerfristig vom Dienst abstellen. Danach sieht es zurzeit ja eher nicht aus«, meinte Neumann.
»Noch nicht, stimmt. Ich befürchte auch, dass wir da sehr werden improvisieren müssen. Für mich ist aber von zentraler Bedeutung, dass wir mit den Vorbereitungen so früh wie möglich beginnen, damit wir nicht allzu viel Zeit verlieren, wenn es soweit ist. Bei irgendwas müssen wir anfangen.«
»Dann habe ich freie Hand, entsprechende Schritte einzuleiten?«, vergewisserte sich Neumann.
»Haben Sie, und noch viel mehr: Denken Sie nicht nur an Ihr Fachgebiet, sondern auch an die anderen Kenntnisse, die wir an Bord haben. Wir haben ja schon mal darüber geredet. Es ist uns vieles dazwischengekommen, aber wir brauchen eine Aufstellung über die Fähigkeiten in der Mannschaft, die über formale Zeugnisse hinausgeht. Jeder Stationschef soll mir etwas über seine Leute zusammenschreiben, ihre Kompetenzen, auch jenseits der Diplome oder Briefe, was sie sich über die Zeit so angeeignet haben. Ich will auch wissen, wer sich einigermaßen ordentlich dabei anstellt,
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