Kaiserkrieger 2: Der Verrat
Reiches gelingen wird, die richtigen Einsichten zu gewinnen und angemessen zu handeln.«
Victor presste die Lippen aufeinander, wechselte einen Blick mit Arbogast, der auf der Reise hierher diese Diskussion schon mehrmals mit Becker geführt hatte.
»Ich nehme an, Euer Anführer spricht zu diesen Dingen bei Hofe.«
»Ich nehme an, dass er das getan hat, ich bin mir nicht sicher, ob er noch bei Gratian weilt. Übrigens eines der Probleme, die wir lösen müssen: Kommunikation.«
Der Heermeister neigte bestätigend den Kopf. »Dies ist ein Punkt, bei dem ich Euch gerne jederzeit zustimmen würde. Lasst uns die Details des Plans gegen die Goten weiter besprechen, sobald Ihr Euch einen Überblick über die Verteidigungsanlagen der Stadt verschafft habt. Ich vermute, dies wird für Eure Planungen durchaus nicht unwichtig sein.«
»So ist es. Danke.«
»Und du, Arbogast, vereinbarst ein Treffen deiner Offiziere mit den meinen. Ich möchte ganz genau wissen, wie dieser Kampf vor ein paar Tagen abgelaufen ist, in allen Details. Ich habe das Gefühl, dass ich Reichweite wie Schlagkraft dieser Wunderwaffen immer noch nicht richtig ermessen kann.«
»So machen wir es, Victor. Wie sieht deine Verletzung aus? Die Fremden haben einen Medicus bei sich, der über interessante Fähigkeiten und Medizinen verfügt. Er hat bei meinen Verletzten wahre Wunder vollbracht.«
Victor winkte ab. »Ich bin in Ordnung. Es war kein Wunder nötig, um zu genesen.«
Als die drei Männer den Raum verließen, hatte Becker das Gefühl, dass von Flavius Victor bis auf Weiteres keine Gefahr drohte. Aber er würde den alten Feldherrn überzeugen müssen und konnte sich nicht ewig auf den Vorschusslorbeeren, die Arbogast ihm kredenzt hatte, ausruhen.
Der kommenden Schlacht aber sah er mit Schrecken entgegen.
25
»Geh zur Legion! Besuche fremde Länder! Treffe exotische Völker!«, ächzte Simodes.
»Und schlag ihnen die Schädel ein!«, vervollständigte Volkert. Beide Männer waren am Ende ihrer Kräfte angelangt, lagen beisammen auf ihren einfachen Lagern und schauten in den Sternenhimmel. Es war empfindlich kühl geworden und das Lagerfeuer spendete nur wenig Wärme. Hin und wieder, wenn einer der Soldaten ein Holzscheit nachwarf und die Flammen hochknisterten, fuhr so etwas wie eine Hitzewelle über die Liegenden, um danach sofort wieder der frühwinterlichen Kälte Platz zu machen.
»Verflucht sei Theodosius, neuer Held unseres großartigen Kaisers Gratian«, murmelte Simodes erbittert und betrachtete misstrauisch den Knochen in seiner Rechten, an dem gestern noch genügend Fleisch für eine Abendmahlzeit gehangen hatte. Heute konnte er nicht mehr viel tun, als die Reste abzunagen und das Mark auszusaugen.
Volkert wollte seinem Kameraden nicht widersprechen. Mitten auf ihrem Weg nach Noricum war die Nachricht gekommen: Alle Rekruten hatten sich zu einem Sammelplatz zu begeben, an dem der neue Feldherr des Ostens seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen hatte. Die Sarmaten, ein wildes Bergvolk, bedrohten die Grenzen des Reiches und die Garnisonen hatten um Hilfe gebeten. Und so marschierten alle nach Illyricum, wo Theodosius mit Truppen, die Gratian ihm überlassen hatte, bereits auf die Verstärkung wartete. Die Sarmaten bedrohten Pannonien, das direkte Einfallstor sowohl in den Westen wie auch den Osten des Reiches – und wollten offensichtlich einen Vorteil aus der vernichtenden Niederlage des Valens schlagen. Es würde Theodosius' erste Bewährungsprobe sein, wie Volkert wusste, und er würde den Sieg davontragen. Danach würde Gratian ihn zum Augustus ernennen, wenn nicht Becker durch eine überzeugende Aktion im Osten dieser Ernennung zuvorkam – und Rheinberg den jungen Kaiser nicht davon überzeugt hatte, die Herrschaft über das ganze Reich in seinen Händen zu behalten.
Das alles hatte mit ihm nichts mehr zu tun. Seine Zeit auf der Saarbrücken, seine Liebe zu Julia – alles erschien ihm seit einigen Tagen seltsam entrückt und fern. Fast erstaunt beobachtete er sich dabei, wie er sich mehr und mehr mit seiner Situation abzufinden begann. Er lachte über die Witze des Simodes, fluchte wie die anderen Legionäre, identifizierte Unteroffiziere, mit denen man auskommen konnte, und jene, die üble Schleifer waren. Er kam immer besser mit seiner Ausrüstung zurecht und begann mehr und mehr, das Kurzschwert und den Speer zu begreifen. Seine Sandalen passten ihm, der Helm drückte nicht mehr und er wusste, wie er
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