Kaiserkrieger 4: Der Aufstand
mit den Schultern. »Ich achte auf deinen Rücken, Thomasius. Das könnte mir einst nützen.«
Damit erhob er sich und ließ Volkert am Feuer allein.
Der junge Deutsche streckte seine Handflächen den Flammen entgegen, so nahe, dass sie diese fast berührten.
Trotzdem war ihm sehr kalt.
9
Gebre Berhan schätzte drei Dinge an seiner Position: den Reichtum, die Macht und die Sklavinnen.
Besonders die Sklavinnen.
Er erhob sich von seiner Liegestatt und reckte sich. Er trug lediglich ein um die Lenden gewickeltes Tuch. Die schweren Holztüren seines Schlafgemachs waren verschlossen. Er wusste, dass kaum ein Laut von dem nach draußen dringen konnte, was sich hier abspielte.
Und es spielte sich so einiges ab. Berhan schätzte sich selbst als einen sehr starken Mann ein, als einen Mann, der diese Stärke unter Beweis stellen musste, und sei es nur für sich selbst. Dass er damit seiner Frau höchste Verachtung gegenüber ausdrückte, war ihm zwar bewusst, kümmerte ihn aber nicht weiter. Die Heirat war ohnehin ausschließlich politischen Zwecken untergeordnet gewesen. So hatte er sich enger an das Haus des Kaisers gebunden und auf diese Art und Weise war er schließlich auch vor einem guten halben Jahr in die Position gekommen, deren Früchte er so sehr schätzte: die des Statthalters von Adulis, des Repräsentanten des im fernen Aksum residierenden Kaisers in der zweitgrößten Stadt des Reiches.
Er drehte sich um und blickte auf den Körper der jungen Frau, die noch auf der Liegestatt ruhte. Wer genau hinsah, erkannte, dass sich der Brustkorb weder hob noch senkte. Sie war tot.
Mit dem Ausdruck leichten Bedauerns blickte der Statthalter auf den Leib der toten Sklavin. Die blutigen Wunden, die er ihr überall beigebracht hatte, hatten sicher nicht zum Tode geführt – darin kannte er sich aus, denn dies war ja nicht das erste Mal, dass er sich so vergnügt hatte. Aber irgendwann, als er in wilder Ekstase seine Hände um den Hals der kaum 20-jährigen gelegt hatte, musste er wohl etwas zu lange zugedrückt haben.
Gebre Berhan war ein starker Mann. Er bewunderte seine muskulösen Arme. Frauen, die seine Vorlieben nicht kannten, hielten ihn für einen attraktiven Mann. Selbst seine eigene Frau hatte ihn einst für gut aussehend gehalten und in die Heirat eingewilligt, anstatt das klägliche Leben einer entfernten Verwandten am Kaiserhof zu führen. Sie hatte es später bereut.
Berhan rührte sie natürlich nicht an. Er wollte die Gunst des Negusa Nagast, des Königs der Könige, des Kaisers von Aksum, nicht aufs Spiel setzen.
Es war schlimm genug, dass der Kaiser so … anders war. Mehadeyis war ein guter Herrscher, das sagten sie alle, vielleicht etwas schwach und zu sehr den Einflüsterungen seiner Berater erlegen. Berhan gehörte glücklicherweise zu diesem erlauchten Kreis und so konnte er mehr oder weniger tun und lassen, was ihm gefiel. Wäre da nur nicht …
Er verzog sein Gesicht. Die gute Laune, die er bis eben noch gehabt hatte, war verflogen. Das geschah immer, wenn er an den jungen Ouazebas dachte. Keine achtzehn Jahre war dieser Mann, und auch er hatte das Ohr des Kaisers. Mehr noch, es ging das Gerücht, dass er vom alten Mehadeyis, selbst ohne einen Sohn, als Nachfolger auserkoren war. Nicht nur Gebre Berhan missfiel dies. Ouazebas war auf eine fast schon absurde Weise redlich. Er war fleißig, konnte die Heiligen Schriften auf Griechisch und Latein lesen und er hatte bereits mehrfach beim Kaiser Wort für die Bedürfnisse der einfachen Untertanen und der Armen geführt. Sein großes Vorbild, so hieß es, sei Ezana, der Vorgänger des Mehadeyis, der das Christentum ins Land gebracht hatte.
Ein weiser und redlicher Herrscher, gnädig und gerecht. Das wäre Ouazebas, daran bestand kein Zweifel.
Berhan spuckte auf den Boden.
Er und seine Verbündeten würden das nicht zulassen.
Ouazebas war einer, der jemanden wie ihn abberufen, sogar bestrafen würde, wenn er von den kleinen Lustbarkeiten des Statthalters erfahren sollte.
Gebre Berhan schätzte seine neu erworbene Position viel zu sehr, als dass er dieses Risiko eingehen würde.
Er seufzte und zog sich an. Das Tagwerk lag vor ihm. Seine Diener, diskret wie stets, würden den toten Leib entsorgen, wie sie es bereits das eine oder andere Mal getan hatten, wenn Berhans Stärke mit ihm durchgegangen war. Nichts, an das er noch allzu viele Gedanken verschwenden würde.
Während er sich ankleidete, begann er, sich auf das
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