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Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Titel: Kaiserkrieger 4: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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größte Problem zu konzentrieren, das heute vor ihm lag. Es war die Delegation römischer Reisender, die neben dem offenbar ermordeten Körper eines wichtigen Repräsentanten Roms in dessen Haus aufgefunden worden waren. Schlimmer noch, es waren keine normalen römischen Reisenden: Sie trugen das Siegel des Kaisers bei sich, verfügten über einen Geleitbrief des Statthalters der ägyptischen Provinz und Gerüchte sagten, dass einige von ihnen zu den seltsamen Zeitenwanderern gehörten, über die man in Adulis allerlei absonderliche Geschichten zu erzählen begonnen hatte.
    Die Verdächtigen hatten die Nacht in einem Kerker zugebracht und nun wurde von ihm, Gebre Berhan, erwartet, eine Entscheidung zu treffen.
    Berhan seufzte.
    Das war das Problem mit Macht, Reichtum und Einfluss. Daraus ergab sich auch immer eine Verpflichtung.
    Wenn er eines nicht mochte, dann waren es Verpflichtungen.
    Als er sein Schlafgemach verließ, hatte er die tote Sklavin in seinem Bett bereits vergessen.
    Der Weg führte ihn von seiner Villa in die Residenz des Statthalters, einen weißen Prachtbau aus Stein, der unweit des Hafens lag. Der Hafen war Adulis’ Lebensader, von hier wurde fast der gesamte Außenhandel Aksums abgewickelt – und auch jede militärische Expedition, die nicht über das Festland erledigt werden konnte. Aksum war ein expandierendes Reich und damit eines, in das große Reichtümer flossen. Erst vor 30 Jahren hatte man das Königreich von Kush erobert. Weitere Eroberungen im Osten waren gefolgt. Und diese Phase war noch nicht abgeschlossen. Aksum gehörte zu den vier größten Reichen der Welt, wurde in einem Atemzuge genannt mit Rom, Persien und dem fernen China. Der Palast des Statthalters, in dem Berhan residierte, zeugte von dem Selbstbewusstsein einer aufstrebenden Großmacht, die sich vor niemandem zu verstecken brauchte.
    Als der Statthalter in den Audienzsaal geführt wurde und den Platz auf dem erhöhten Stuhl eingenommen hatte, der ihm aufgrund seiner Position zustand, strömten die Beamten in den Raum. Gebre Berhan empfand nur Verachtung für diese Klasse der aksumitischen Verwaltung, wenn er auch die Notwendigkeit ihrer Existenz durchaus einsah. Die imperiale Bürokratie, so war sein Eindruck, entwickelte mit der Expansion des Reiches ein unheilvolles Eigenleben. Es war, als gäbe es eine weitere Macht neben dem König und seinen Stellvertretern, eine Macht, die sich nicht mit den Händen greifen ließ, die stets unterwürfig und aufmerksam erschien, gegen die aber selbst ein Negus immer weniger ausrichten konnte. Auch Berhan ertappte sich dabei, schon aus natürlicher Neigung, immer mehr auf die Dienste der Beamten zu vertrauen und ihnen nicht nur Aufgaben zu übertragen, sondern bei der Art der Durchführung zunehmend mehr Freiheit zu gewähren. Er hatte schon vor Längerem begonnen, den Überblick zu verlieren.
    Der Statthalter seufzte verhalten.
    Es gab Dinge, die konnte er aus politischen Gründen nicht auf die Beamten abwälzen. Eine dieser Angelegenheiten stand ihm nun unmittelbar bevor.
    Er konzentrierte sich.
    Die Türen wurden geöffnet und einige unausgeschlafene und leicht verdreckte Gestalten wurden in den Raum geführt. Auch in einem aksumitischen Kerker war der Aufenthalt keinesfalls angenehm, und das war den Gefangenen anzusehen. Einige der Männer, die nun vor dem Statthalter Aufstellung nahmen, waren bemerkenswert hochgewachsen für Römer. Berhan erinnerte sich an die Gerüchte über die Zeitenwanderer und fragte sich, ob er es hier mit solchen zu tun hatte.
    Ein Dolmetscher stellte sich neben die Gefangenen. Berhan winkte ab. Er sprach fließend Griechisch und erwartete von einer Delegation aus Rom, dass sie sämtlich diese Sprache beherrschten. Er traute Übersetzern nicht.
    »Verneigt Euch vor dem Statthalter von Adulis!«, sagte der Herr des Protokolls, ebenfalls auf Griechisch. Die Männer verstanden die Aufforderung und produzierten eine gemeinsame Verbeugung, die Berhan gerade noch als angemessen bewertete. Normalerweise war er mehr Ehrerbietung gewöhnt.
    Er wandte sich an den Kommandanten der Stadtgarnison, der ebenfalls mit den Gefangenen den Raum betreten hatte. Der Soldat, ein Veteran des Krieges gegen das Reich Kush, diente einst als Nagast eines Sarawits, als Führer eines Regiments, und ihm war zum Lohn für seine Verdienste diese herausgehobene Position gegeben worden. Der graubärtige Nagast trat nach vorne. Seine Verbeugung fiel noch knapper aus als die der

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