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Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Titel: Kaiserkrieger 4: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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Schmerz war plötzlich. Für eine Sekunde war Volkert hellwach, torkelte zurück, starrte fassungslos auf das Heft des Dolches, das aus seiner Brust ragte. Er bemerkte gar nicht, wie Secundus beisprang und den Hunnen mit aufgeschlitztem Hals zu Boden schickte.
    Denn dorthin folgte ihm Dekurio Thomasius, die Dunkelheit dankbar umarmend.
    »Julia«, stammelte er.
    Wie albern.
    Er war doch ganz allein hier.
    Wie schön, so gar keinen Schmerz mehr zu empfinden.
        
     

19
     
    War die Reise ereignislos?
    Godegisel hatte in seinem jungen Leben dermaßen viel erlebt, er vermochte die Frage gar nicht im rechten Licht zu beantworten. Er wusste nicht ganz genau, wie alt er war, aber die Schätzungen seiner Verwandten lagen alle um die 23 bis 25 Jahre. Die Flucht aus ihrer Heimat, das Leid an der römischen Grenze, der Feldzug, Thessaloniki, die Reise nach Britannien, die Flucht von dort – so viele Dinge, eine nahezu hektische Abfolge von Ereignissen, die dazu führte, dass er sich fast besser an die ruhigen Momente in seinem Leben erinnern konnte als an jene, in denen etwas passierte. Tatsächlich war er der Ansicht, dass die ruhigen und erholsamen Phasen, vor allem seine Zeit mit Pina, in seinem Bewusstsein einen stärkeren Platz einnahmen als die vermeintlich umwälzenden Dinge, die er als Zeuge wie auch Akteur miterlebt hatte.
    So gesehen war seine Reise arm an Ereignissen. Er hatte mal Glück, wenn er auf einem Karren mitfahren konnte, oder, noch besser, bei einem Flussschiffer, vor allem dann, wenn dieser ihn für die Fahrt auch noch als Arbeiter einstellte und neben Kost und Logis ein paar kleine Münzen dabei heraussprangen. Auch hielt er sich für glücklich, wenn er des Nachts ein Dach über dem Kopf hatte, ein prasselndes Feuer, eine nette Gesellschaft. Er hatte Pech, wenn er lange Fußmärsche mit leerem Magen zu ertragen hatte und ein Nachtlager nur unter freiem Himmel bei zumeist recht kühlen Temperaturen fand. Er wirkte abgerissen genug, um nicht als lohnendes Opfer für den gelegentlichen Wegelagerer zu erscheinen, aber noch nicht so heruntergekommen, dass man ihn für einen solchen hielt. Er fand kurze Arbeit, hier und dort, meist für etwas Brot und Suppe, selten für Geld, hin und wieder für eine abgetragene Hose oder alte Sandalen, wenn die seinen auseinanderfielen. Er lernte, unterwürfig und respektvoll Leuten gegenüber zu sein, die es seiner Ansicht nach nicht verdienten, und dann mutig und forsch, wenn es galt, eine Gelegenheit zu nutzen. Er hielt sich von Legionären fern und mied größere Städte. Vielleicht wurde gar nicht nach ihm gesucht. Vielleicht aber doch.
    Er wollte kein Risiko eingehen.
    Selten dachte er an Fritigern und sein Volk, angesiedelt im Osten des Reiches.
    Oft dachte er an Pina und fragte sich, ob er einen zu großen Preis für seine seltsame Verpflichtung einem toten Kaiser gegenüber derzeit zahlte.
    Aber, und das war letztlich das Wichtigste, er kam schnell voran, wanderte, ritt, fuhr unermüdlich, gönnte sich keine Rast, die länger als nötig war, und nahm jede Chance war, schneller als mit seinen Füßen voranzukommen. Und so, bei aller Entbehrung, erreichte er Italien binnen dreier Wochen. Glücklicherweise lag Ravenna im Norden und der Stützpunkt der Zeitenwanderer gleich in unmittelbarer Nachbarschaft.
    Es war ein früher Nachmittag, als eine verdreckte, hagere Gestalt die Grenze zur Ansiedlung der Zeitenwanderer überschritt. Es war eine so ganz andere Stadt als alle, die Godegisel bisher gesehen hatte. Das Wohnviertel erinnerte noch gut genug an eine römische Siedlung, wenngleich die Mietskasernen einen stabileren Eindruck machten. Der junge Gote stellte auch fest, dass die Abstände zwischen den Häusern größer waren als üblich, und er sah Abflussrinnen die Straßenränder entlang eingelassen, durch die Wasser floss. Die Straßen selbst waren gepflastert. Weiter zur See hin veränderte sich das Erscheinungsbild jedoch erkennbar. Große Hallen waren errichtet worden, Gebäudekomplexe mit Schornsteinen. Ein kleiner Hafen schloss die Siedlung zur Küste hin ab. Von einem Brunnenrand aus, den Godegisel erklommen hatte, konnte er die Umrisse des eisernen Schiffes ausmachen, das den Seinen vor Thessaloniki diese schwere Niederlage beigebracht hatte. Überall herrschte geschäftiges Treiben. Metallene Geräusche erklangen aus den Werkshallen, hier wurde produziert, was auch immer die Zeitenwanderer geplant hatten. Eine Werft war zu erkennen, darin wurde ein

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