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Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Kaiserkrieger 4: Der Aufstand

Titel: Kaiserkrieger 4: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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immer noch stehend. Dadurch sah er auf Godegisel herab und wollte offenbar Autorität verbreiten. Godegisel lächelte unmerklich. Er hatte dem Kaiser Ostroms dabei zugesehen, wie er hinter einem Gebüsch geschissen und sich dabei den Hintern mit Brennnesseln verbrannt hatte. Autorität hatte für ihn eine andere Bedeutung gewonnen. Praetus konnte das natürlich nicht wissen. Der Gote kam zu dem Schluss, dass der Römer ein wohl studiertes Schauspiel präsentierte. Das Beste würde sein, es mitzuspielen.
    Also zog Godegisel ein wenig den Kopf ein und blickte an dem Römer hoch.
    »Ich komme aus Britannien«, sagte er schließlich.
    Mit Praetus ging eine bemerkenswerte Wandlung vor. Eben noch ganz das gut geübte Abbild des römischen Bürokraten, der nicht genau wusste, ob er den Bittsteller ernst nehmen sollte oder nicht, verengten sich seine Augen in plötzlichem Interesse und die Haltung scheinbarer Autorität schlug um in – Aktivität.
    Er drehte sich um, ging zur Tür, warf Godegisel noch einen Blick zu, dann verließ er den Raum. Es dauerte keine fünf Minuten, dann holte ein Legionär den Gast ab, führte ihn eine Treppe hinauf. Am Ende eines langen Ganges, von dem zahlreiche Türen abgingen, wurde er in einen großen Raum geführt, der von einem einfachen, aber gigantischen Schreibtisch beherrscht wurde. Gestelle an den Wänden waren übersät mit Zeichnungen und Skizzen, ebenso wie der Schreibtisch selbst, der unter der Last unzähliger Papiere und Schriftrollen förmlich begraben zu sein schien. Den Mann hinter diesem Chaos kannte Godegisel vom Aussehen her: Er hatte ihn während der Friedensverhandlungen nach der Schlacht von Thessaloniki kennengelernt. Es war Magister Dahms, derjenige, der de facto diese Ansiedlung regierte, wenn Rheinberg nicht anwesend war. Godegisel wusste, dass es an Bord des eisernen Schiffes einen weiteren hohen Offizier gab, der den Kreuzer kommandierte; die Organisation der Stadt aber lag auf den Schultern von Dahms.
    Der Zeitenwanderer zeigte nicht, ob er Godegisel wiedererkannte, aber der Gote hatte im Grunde keinen Zweifel daran. Godegisel wurde ein Schemel neben einem kleinen Tisch zugewiesen, Dahms setzte sich daneben, wischte Papiere herunter und sah den Goten prüfend an.
    »Praetus!«, rief er schließlich laut. Das Faktotum streckte den Kopf hinein.
    »Eine Mahlzeit und Wein für meinen Gast!«, befahl Dahms.
    »Und für Euch, Magister?«
    »Nichts, danke.«
    Praetus’ Kopf verschwand wieder.
    Dahms musterte Godegisel. Der Gote fand, dass der ältere Mann müde aussah. Dennoch war sein Blick aufmerksam, ja forschend.
    »Ich erinnere mich an dich, Godegisel«, sagte Dahms schließlich, als ein Diener ein Tablett mit Brot, Käse, etwas Obst und einem Kelch verdünntem Wein vor ihnen abgestellt hatte.
    »Ich weiß.«
    »Du hast Becker getötet.«
    »Das stimmt.«
    Dahms nickte. »Ich höre.«
    »Ich komme aus Britannien.«
    »Das hat Praetus mir erzählt. Weit weg vom Siedlungsgebiet deines Volkes, Godegisel.«
    Der junge Adlige nahm ein Stück Obst und hielt es unschlüssig in Händen.
    »Ich weiß nicht …«
    »Am Anfang.«
    Godegisel schaute Dahms verwirrt an.
    »Fang am Anfang an. Ich habe das Gefühl, dass du eine spannende Geschichte für mich hast. Und iss. Es stört mich nicht.«
    Godegisel nickte langsam.
    Und dann erzählte er seine Geschichte, von Anfang an.
    Magister Dahms unterbrach ihn nicht ein einziges Mal.
        
     

20
     
    Mehadeyis, Negusa Nagast von Aksum, König der Könige, war ein alter Mann und würde nicht mehr lange leben. Neumann schätzte ihn auf Ende 50, was in diesen Zeiten tatsächlich ein höchst gesegnetes Alter war. Der Kaiser Aksums musste einst ein sehr stattlicher und kräftiger Mann gewesen sein. Unter seinem Gewand ragten unbedeckte Arme hervor, und obgleich sie jetzt knotig und gebrechlich wirkten, sah man ihnen an, wie muskulös sie einst gewesen sein mussten. Für sein hohes Alter hielt sich der Negusa Nagast bemerkenswert gerade. Er saß auf seinem Thron und blickte in den großen Audienzsaal. Vor ihm lag eine lange Tischplatte, ohne Füße, direkt auf dem Boden. Er residierte an einer ihrer Stirnseiten. Die Platte bot genug Platz für etwa 40 Gäste, die direkt auf dem ebenen und mit Teppichen belegten Grund saßen. Rechts und links von ihm stand je ein Wachsoldat. Es waren keine rein zeremoniellen Wachen. Sie beobachteten die hereinströmenden Gäste genau, vor allem, wenn die sich in langer Reihe dem Negusa näherten, um

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