Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
Pistole bewaffnet. Er fühlte sich einigermaßen sicher, solange er in Sichtweite vom Wachfeuer blieb.
Dann hatte es unter seinen Stiefeln geknackt und er hatte sich danach gebückt.
Und jetzt hielt er eine zertretene Kaffeebohne in Händen.
Es konnte kein Zweifel bestehen. Form und Farbe, soweit das im fahlen Sternenlicht erkennbar war, passten zu den Zeichnungen, die er gesehen hatte. Er schaute sich suchend um, sah unweit von hier eine Pflanze, eigentlich zu klein … aber genau deswegen hatte er sie wahrscheinlich bisher übersehen.
Er erhob sich, machte ein paar Schritte und beugte sich über das Gewächs. Die roten Früchte, die er kurz darauf aufgeklaubt hatte, identifizierte er als Kaffeebohnen. Er steckte sie ein, eilte mit neuem Elan zurück zum Feuer und schreckte den armen Wachposten auf, als er fast auf die Flammen zustürzte, sich niederhockte und seinen Fund im Schein des Feuers betrachtete. Er fühlte sich bestätigt, sogar mehr als das: Er war sich sicher.
Neumann brach eine der Bohnen auf, benetzte die Fingerspitze, tupfte einige der Krümel auf und legte sie sich auf die Zungenspitze. Kaum Eigengeschmack. Erst durch das Rösten entstand das typische Aroma. Er hatte nichts anderes erwartet.
Neumann spuckte aus, grinste und nickte dem Wachsoldaten zu, der das seltsame Gebaren des Zeitenwanderers mit nunmehr wieder schläfrigem Interesse verfolgte.
Der Arzt schaute in den Himmel. Er erblickte den extrem fahlen, aber dennoch deutlich erkennbaren Schimmer des bald anbrechenden Morgens aufziehen.
»Zeit fürs Frühstück!«, murmelte er und erhob sich.
Minuten später wälzten sich Africanus, Köhler und Behrens aus ihren Decken und bedachten den stoisch abwartenden Arzt mit einer Auslese bevorzugter deutscher und lateinischer Schimpfwörter, was die aksumitischen Begleiter der Expedition mit einem gewissen Interesse zur Kenntnis nahmen – nur, um hilfreich eigene Varianten zur Diskussion beizutragen. Nachdem sich der erste Sturm der Entrüstung gelegt hatte, stellte sich Neumann vor seine Freunde und hielt ihnen die Kaffeebohnen hin. Andächtiges Schweigen breitete sich aus. Der Ärger über die unverhofft abgebrochene Nachtruhe war verflogen – nicht zuletzt deswegen, weil man den Fund nunmehr zum Anlass nehmen konnte, den Rückweg nach Aksum anzutreten. Das Ziel ihres Ausflugs war erreicht worden.
Nach einem ausgiebigen Frühstück schwärmten die Männer erneut aus, jeder mit einer exemplarischen Kaffeefrucht in der Hand, um sich auf die Suche nach den dazugehörigen Pflanzen zu begeben. Gegen Mittag hatte man nicht nur einen Beutel voller Früchte eingesammelt, sondern auch eine ganze Kaffeepflanze aus dem Boden gegraben und zusammen mit etwas Erde in einen Kasten gestellt, um sie in Aksum präsentieren zu können.
»Den Rest der Arbeit«, meinte Neumann, als er sich mit Köhler die umgetopfte Kaffeepflanze ansah, »werden unsere hiesigen Freunde erledigen müssen. Sie werden nach weiteren Pflanzen suchen, die geeigneten Anbaubedingungen ermitteln und herausfinden, wie man richtig sät und wann man am besten erntet. Ich denke, nächstes Jahr sollten wir diesbezüglich schon eine Reihe von wichtigen Fortschritten erzielt haben.«
»Wir sollten so viele der wilden Bohnen sammeln, wie es geht«, meinte Köhler. »Wir können erste Experimente zum Röstverfahren starten, sodass wir bereit sind, sobald die erste richtige Lieferung aus Aksum eintrifft.«
Neumann nickte. »Ein kluger Gedanke. Auch hier, denke ich, wird uns der Kaiser behilflich sein. Es ist letztlich in seinem Interesse.«
Wie sie alle wussten, war Mehadeyis trotz seines fortgeschrittenen Alters nicht nur willens, sondern auch gut in der Lage, seine eigenen Interessen festzulegen und auch durchzusetzen.
Sie verbrachten zwei weitere Tage auf dem Plateau und suchten weiter. Als sie ihre Kreise beträchtlich erweiterten, wurden ihre Funde immer zahlreicher. Bald entschieden sie sich, die Expedition zu beenden und in die Hauptstadt zurückzukehren. Ihre Arbeit war erst einmal getan.
Auf den Eseln, die sie zur Fortbewegung verwendeten, würde die Rückreise nach Aksum etwa zwei Wochen dauern. Obgleich weder Neumann noch sein Reittier besondere Begeisterung angesichts dieser Aussicht zeigten, setzten sich beide tapfer in Bewegung.
Nach vier ereignislosen Tagen, in deren Verlauf sie eine der nach Norden führenden Stichstraßen – ein etwas breiterer Trampelpfad – erreicht hatten, die sie sicher in die Hauptstadt führen
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