Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
sogar in der Lage waren, Kaiser zu stürzen.«
Dies wiederum schien Modestus nicht sonderlich zu erfreuen. Rheinberg lächelte.
»Auch das wird sich möglicherweise in unserer Zeit verhindern lassen, Präfekt«, fügte er begütigend hinzu.
»Die Unterstützer für die verschiedenen Wagenlenker gibt es bereits«, betonte Sixtus. »Ihr werdet es morgen beim Rennen merken, Heermeister. Die besten Männer werden zu Euren Ehren antreten und Ihr werdet sehen, dass die Gefühle hochkochen, Freude und Enttäuschung eng beieinanderliegen und die Stadtwachen alle Hände voll zu tun haben werden, wütende Anhänger der Verlierer im Zaume zu halten.«
Rheinberg nickte. Er hatte nichts anderes erwartet. Soweit er wusste, waren es erst die Türken, die diese Art sportlicher Belustigung nach der Eroberung von Byzanz völlig eingestellt hatten – nicht einmal aus böser Absicht heraus, sondern vornehmlich aus ausgeprägtem Desinteresse.
Rheinberg sah dem morgigen Spektakel auch mit gemischten Gefühlen entgegen. Er war froh, dass die alten Gladiatorenspiele und das Wegmetzeln wilder Tiere und bestrafter Sklaven mittlerweile höchst unüblich geworden waren. Aber diese Wagenrennen hatten ihre eigene Brutalität. So mancher tapfere Wagenlenker verließ die Rennen verkrüppelt oder gar tot, und das unter dem lauten Gejohle der Anhänger der Gegenseite.
Aber es war tatsächlich ein zivilisatorischer Fortschritt, ob man es nun wahrhaben wollte oder nicht. Und die Wagenlenker waren alles Freiwillige, im Gegensatz zu vielen – nicht allen! – der alten Gladiatoren.
Rheinberg plauderte noch eine Weile mit Sixtus, der sich als angenehmer und gebildeter Gesprächspartner herausstellte. Dann, nach einigen weiteren höflichen Worten zu diversen Gästen, entschuldigte er sich mit Hinweis auf die Strapazen seiner langen Reise und ließ sich in die für ihn vorbereiteten Gemächer führen.
Als sich die Türen dieser Räumlichkeiten hinter ihm schlossen und er müde begann, seine Kleidung abzulegen und sich in Richtung des Baderaumes zu bewegen – dieser Trakt, für höchste Staatsgäste, hatte natürlich ein privates Bad, das allein für Rheinberg zur Verfügung stand –, fand er am flackernden Feuer des für die Nacht entzündeten Kamins Aurelia vor. Sie sah nicht danach aus, als sei sie an einem gemeinsamen Bad interessiert.
Tatsächlich wirkte sie ausgesprochen angespannt.
Als Rheinberg eintrat, sprang sie fast auf. Sie machte einige schnelle Schritte auf ihn zu, warf suchende Blicke nach links und rechts, als ob sie sich vergewissern wolle, dass er auch allein war. Rheinberg hatte ausdrücklich auf alle Bediensteten und Sklaven verzichtet. Er wollte seine Ruhe, und ausziehen konnte er sich noch selbst.
Tatsächlich hatte er gehofft, dass ihm Aurelia dabei helfen würde.
Sie hatte aber offenbar etwas ganz anderes im Sinn.
»Jan, wir müssen hier fort, und zwar schnell!«
Rheinberg hatte keine besonders umfassenden Erfahrungen mit Frauen in seinem Leben machen können. Sein gestrenger Vater hatte immer darauf geachtet, dass er fleißig lernte, und daher war Müßiggang nichts, an das er jemals gewöhnt worden wäre. Als junger Offiziersanwärter hatten ihn die Anforderungen des Dienstes voll im Griff gehabt. Beinahe wäre er noch viele Jahre Jungfrau geblieben, wenn es da nicht die eine Feier mit seinen Kameraden in einem Gasthaus begrenzter Reputation gegeben hätte, an deren genauen Verlauf er sich leider nur noch ungenau erinnern konnte. Aber er hatte niemals eine Freundin gehabt, allein schon deswegen, weil es sich ohnehin nicht schickte, in wilder Beziehung zu leben.
Daher war Rheinberg sich immer noch unsicher, wie er mit den schwer zu verstehenden Stimmungsschwankungen einer Frau umzugehen hatte. Bisher hatte er eine defensive Grundhaltung eingenommen, denn er war zum einen furchtbar verliebt und zum anderen kostete ihn jeder private Streit Kraft, die er einfach nicht mehr hatte. Obgleich sein Vater sicher anderer Meinung gewesen wäre, sah sich Rheinberg nicht als »pater familiae« mit absoluter Verfügungsgewalt über alle Familienmitglieder, auch und vor allem nicht über seine Frau. Seltsam genug, dass er Aurelia in Gedanken bereits als solche betrachtete, obgleich er sie nicht gefragt hatte. Letzteres wiederum hing sicher mit der bereits erwähnten Unsicherheit zusammen.
Rheinberg seufzte, setzte ein Lächeln auf und schwor sich, seine Worte mit Sorgfalt zu wählen. Aurelia war anzusehen, dass sie wirklich
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