Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
Vom Netzwerk:
schweigsam neben ihn.
    »Ich wäre letztlich kein besonders guter Kaiser«, sagte der Spanier unvermittelt. »Mein Temperament geht zu oft mit mir durch. Ich habe von der Geschichte in Thessaloniki gehört, wo ich Tausende von Bürgern aus plötzlicher Wut habe hinrichten lassen. Das wirft einen Schatten auf meinen Charakter, Tribun .«
    »Es wird nicht eintreffen«, beschwichtigte ihn von Geeren. »Es wird dieses Massaker nicht geben .«
    Theodosius nickte. »Ja, das stimmt. Aber ich kann es nicht abtun. Ich weiß, und dafür kenne ich mich gut genug, dass ich zu derlei fähig bin. Es ist in mir, Tribun. Als ich die Geschichte das erste Mal gehört habe, war ich weder erschüttert noch ungläubig. Ich wusste sofort, dass ich das bin und so handeln könnte, wenn da keiner ist, der mich im Zaume hält .«
    Theodosius lächelte dünn. »Es ist schwer, einen Kaiser zu kontrollieren, wenn er sich etwas wirklich in den Kopf gesetzt hat. Ich merke es jetzt, wie wichtig es ist, Berater zu haben, die bereit sind, die eigene Meinung zu vertreten, auch, wenn diese von der des Herrschers in wichtigen Punkten abweicht. Wenn ich nur an die Aufhebung der Zwangsrekrutierung in die Armee denke! Freie Berufswahl wird nun eingeführt und die Steuerfreiheit für Kirchengüter gibt es auch nicht mehr. Das Toleranzedikt bestätigt und bekräftigt. Kein Schleifen des Viktoriaaltars im Senat. Eine Münzreform und eine Umschichtung der Staatsschuld. Ein Ende der Steuerbefreiung für die großen senatorischen Familien. Ach, der Aufschrei! Gratian allein wäre niemals auf diese Ideen gekommen und ich erst recht nicht. Ich hätte einen jeden Vorschlag in dieser Richtung für absurd gehalten .«
    »Es gibt genug Leute, die diese Reformen immer noch für absurd halten«, erinnerte ihn der Infanterieoffizier.
    »Ja, und ich bin davor auch nicht gefeit. Ich soll jetzt einen Arianer für einen gleichwertigen Christen halten und den Streit um die Dreieinigkeit soll man den Gelehrten überlassen? Die Anhänger der alten römischen Kulte sollen in Frieden leben? Letzteres kann ich noch verstehen, aus Respekt vor der Altehrwürdigkeit des Reiches und vor unseren Vorfahren. Aber ich bin so nicht erzogen worden, Tribun. Es fällt mir schwer, über meinen Schatten zu springen .«
    »Und doch habt Ihr offenbar bereits zum Sprung angesetzt«, meinte von Geeren lächelnd. »Ihr selbst warnt vor jenem Ambrosius, der in einem anderen Verlauf der Geschichte dafür gesorgt hat, dass man Euch den Beinamen ›der Große‹ zugedacht hat .«
    Der Spanier stieß schnaubend den Atem aus.
    »Der Große !« , sagte abfällig. »Und doch hinterließ jener Große einen Scherbenhaufen und übergab das Reich in die Hände eines unfähigen Sohnes, der den Niedergang nur noch beschleunigte .«
    Theodosius seufzte und schaute in sein Spiegelbild im Wein.
    »Ich bin froh, dass Ihr Zeitenwanderer gekommen seid«, gab er leise zu. »Ihr habt zumindest mir die Augen geöffnet. Ich will alles tun, um das Verhängnis abzuwenden. Mein Vater hätte es auch so gewollt .«
    Er nickte sich zu, als wolle er den letzten Satz noch einmal bekräftigen, nahm den letzten Schluck Wein, legte von Geeren kurz den Arm auf die Schulter und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.
    Der Infanterist blieb noch einen Moment und starrte in die knisternden Flammen des Kaminfeuers.
    Er kam zu dem Schluss, dass die heutige Besprechung eigentlich ganz gut gelaufen war.

Kapitel 5
     

    Johann Freiherr von Klasewitz fror. Obgleich in dem Raum ein Feuer im Kamin flackerte, zog er das Fell, in das er sich eingewickelt hatte, enger um seinen Körper. Er versuchte, nicht allzu genervt zu erscheinen, wusste er doch wie jeder weitere Anwesende, dass dieser Ort zwar nicht besonders komfortabel war, dafür aber andere Attribute aufwies, die ihn für dieses Treffen wie prädestiniert erscheinen ließen.
    Er lag außerhalb einer der großen Städte. Er war weit von einer der Garnisonen entfernt. Er war nur für dieses Treffen wieder hergerichtet worden. Von Klasewitz hatte man mitgeteilt, dass dieses Anwesen vorher nur noch eine verfallene Ruine gewesen war. In seinen Augen war der Zustand jetzt auch nicht viel besser, und das, obwohl ein Trupp von rund zwanzig schweigsamen Legionären eine Woche daran gearbeitet hatte, zumindest das Haupthaus wieder herzurichten. Durch die Wände pfiff der eisige Wind des gallischen Winters. Das Dach war undicht, was dazu führte, dass der darauf liegende Schnee durch die Wärme

Weitere Kostenlose Bücher