Kaiserkrieger: Der Aufbruch
anerkannt zu sein. Dass er aber zu Neumanns letzter Bemerkung lieber schwieg, zeigte auch, dass er nicht ganz frei war von Vorbehalten.
»Sie sind aber sicher nicht zu uns gekommen, um über die Fortschritte der medizinischen Ausbildung zu referieren«, griff nun Köhler das Gespräch wieder auf. »Außer, Sie wollen uns persönlich mitteilen, welcher der Absolventen uns auf der Valentinian begleiten wird .«
Neumanns Augen blitzten auf. Er grinste breit.
»Keiner«, sagte er schlicht.
»Keiner? Aber ich dachte …«
»Ich werde selbst mitkommen !«
Köhler hob die Augenbrauen, hütete sich aber, allzu große Verwunderung zu zeigen. Doch Neumann hatte diesen Zweifel wohl vorausgesehen und nickte dem Mann freundlich zu.
»Ich habe mit Rheinberg kurz vor seiner Abreise nach Trier darüber gesprochen«, erklärte er. »Natürlich bin ich vor allem an den medizinischen Kenntnissen in Ägypten und Aksum interessiert und will davon lernen. Darüber hinaus bin ich das einzige Mitglied der Besatzung, das über gewisse botanische Kenntnisse verfügt, was dem Ziel der Expedition dienlich sein sollte. Das Wichtigste ist aber, dass ich es schlicht hier nicht mehr aushalte und Rheinberg gesagt habe, dass er mir entweder was Besseres zu tun gibt, als den Medizinprofessor zu spielen, oder ich den Dienst quittiere, eine Praxis in Rom aufmache, mir eine dicke Villa kaufe und eine Senatorentochter mit riesigen Titten heirate !«
Köhler lächelte. Neumann war und blieb das in jeder Hinsicht unsoldatischste Mitglied des Offizierscorps der Saarbrücken . Kein Wunder, dass er mit dem Mann so gut zurechtkam.
»Und der Kapitän hat Ihr Ultimatum akzeptiert ?«
Neumann grinste immer noch.
»Natürlich! Sie haben mir dabei geholfen !«
»Ich?«
»Sie und Behrens und Ihre Taverne in Ravenna, durch die Sie das Reich mit Branntwein vergiften. Andere Besatzungsmitglieder fangen auch an, Ideen zu entwickeln. Rheinberg wird immer mehr Mühe haben, die Männer beisammenzuhalten. Wenn ich verschwinde, ist der Damm gebrochen. Nein, er hat jedes Interesse, mich bei Laune zu halten .«
Köhler sah dem Arzt an, dass er sich königlich amüsierte.
Nein, korrigierte er sich: kaiserlich.
Er grinste zurück und hieß Neumann in seiner Mannschaft willkommen.
Kapitel 7
Julia musste an ihren Plan denken, um all dies zu ertragen, und leicht war es nicht. Ihre Eltern hatten, ebenso wie die ihres Noch-Verlobten und bald Angetrauten, auf einer öffentlichen Zeremonie bestanden. Und das schnell, ehe die aufsässige Julia sich etwas ausdenken konnte, um diesen Plan doch noch zu unterwandern. Da die Familien beide christlich waren, hatten sie auf die traditionelle römische Heiratsform verzichtet. Die Kirche selbst hatte keine Vorgaben entwickelt, wie man zu heiraten habe – jedenfalls noch nicht –, und so hatten sich die Familien darauf geeinigt, sich selbst etwas »Würdiges« auszudenken. Das primäre Ziel dieser Veranstaltung war dann auch weniger, das Brautpaar zu erfreuen, als vielmehr, der höher gestellten Öffentlichkeit zu zeigen, dass mehrere Probleme gelöst worden waren: Julia, die kurz davorgestanden hatte, zur alten Jungfer zu werden, war endlich versorgt, Martinus Caius, der sämtliche anatomischen Details aller ravennischen Huren kannte, war auf den rechten Weg eingeschwenkt und zwei wichtige Familien von Adel und Geld hatten sich miteinander verbunden, was auch von politischer Bedeutung war. So etwas besiegelte man nicht im kleinen Kreise, das musste festlich gefeiert und ausreichend von den anderen Familien gleichen Standes gewürdigt werden – und daher hatte man sie auch alle eingeladen.
Und sie waren auch alle gekommen.
Da die Stadtvilla der Familie den Andrang nicht hatte bewältigen können, waren keine Kosten und Mühen gescheut worden. Vor den Stadtmauern hatte man zwei riesige Festzelte mit wasserdichten Planen auf einer eigens erbauten Holzkonstruktion errichtet. Unzählige Sklaven hatten außerdem eine Küche aufgebaut, um die notwendigen Speisen vorzubereiten, und viele Sessel und Sitzliegen waren entweder aus der Villa hierher geschafft oder gemietet worden, um allen Gästen den notwendigen Komfort zu bieten.
Julias Mutter war in den Vorbereitungen förmlich aufgegangen. Wie ein Feldherr hatte sie die Heerscharen von Bediensteten dirigiert und die gesamte Festivität generalstabsmäßig geplant. Der einzige Beitrag, den ihr Vater hatte erbringen müssen – von den persönlich ausgesprochenen Einladungen an
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