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Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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beglückt gewesen war. Sie hatte es sich sofort zur Aufgabe gemacht, dafür zu sorgen, dass Martinus der Wein nur in Maßen zugeführt wurde. Julia verließ sich hier auf ihre Mutter. Sie war eine Expertin darin, andere Menschen zu manipulieren.
    Trotzdem hatte Julia beschlossen, ein Auge auf Martinus zu werfen. Da sie dies gut damit verbinden konnte, ihre scheinbaren Begehrlichkeiten bezüglich des Ehevollzugs zu zeigen, würde dies in zweifacher Hinsicht helfen, die plötzliche Fruchtbarkeit der Senatorentochter zu legitimieren. Für eine Weile war Julia bereit, die Lüge mitzumachen, bis es ihr gelingen würde, Thomas von ihrem Kind zu berichten und einen Plan zu entwickeln, sich aus dieser verhassten Ehe wieder zu lösen – und wenn sie dazu den Kaiser um Beistand bitten musste.
    Julia holte tief Luft. Ihr Kleid saß perfekt. Bereits jetzt trug sie den Ring an ihrem Finger, den sie zusammen mit dem Verlobungsversprechen von Martinus erhalten hatte. Dies gehörte noch zu den alten, heidnischen Ritualen, doch es schien, als habe die Kirche nichts gegen dieses Symbol. Volkert hatte ihr erzählt, dass die Tradition des Ringes selbst zu seiner Zeit noch existierte, eine Zeit, in der es auch eine fest gefügte Hochzeitszeremonie der Kirche gab, die jetzt noch nicht vorhanden war.
    Julias Augen suchten den Raum ab. Sie fand die beiden Priester, Vertraute ihres Vaters, die dem Paar auf Bitten des Senators den Segen geben würden, auf würdige, aber nicht formalisierte Art und Weise. Letztlich würde Senator Marcellus dem Vater von Martinus Caius seine Tochter übergeben, um den Sohn zu ehelichen, denn mit diesem Schritt verließ Julia ihre elterliche Familie und gehörte künftig zu der ihres Gatten.
    Da sie damit auch den unmittelbaren Bannkreis ihrer Mutter verlassen würde, war Julia grundsätzlich über diese Aussicht erfreut.
    Ihr Vater winkte. Der zentrale Teil der Zeremonie würde bald beginnen. Offenbar waren alle wichtigen Gäste eingetroffen. Die großen Holzöfen verbreiteten trotz der winterlichen Temperaturen eine angenehme Wärme. Julia seufzte leise, was ihr jeder als die übliche Nervosität der Braut nachsehen würde. Dass der Grund viel tiefer lag, musste sie bis auf Weiteres für sich behalten.
    Senator Michellus nahm sie am Arm und führte sie auf das kleine Podest, das am Kopfende des Zeltes aufgebaut worden war. Auch Martinus, eher lethargisch wirkend, war von seinem Vater nach vorne geleitet worden. Der wässrige Blick des Bräutigams, mit dem er Julia begrüßte, machte die Aussicht auf eine »richtige« Hochzeitsnacht noch unangenehmer. Der Mann musste definitiv genug Wein bekommen, um Lust und Erinnerung zugleich zur rechten Zeit zu verlieren. Julia nahm sich vor, darauf peinlich genau zu achten.
    Sie lächelte.
    Und lächelte.
    Und lächelte durch die ganze, relativ kurze Zeremonie. Sie lächelte, als ihre Hände in die von Martinus gelegt wurden. Sie lächelte, als der Priester nach vorne trat und lautstark den Segen intonierte. Sie lächelte, als Senator Michellus sie für vermählt erklärte und das Publikum bat, dieses besondere Ereignis jetzt gebührend mit ihnen zu feiern. Alle spendeten lauten Beifall, es hagelte Glückwünsche, Schulterklopfen, Händeschütteln, gute Ratschläge und anzügliche Bemerkungen.
    Julia lächelte.
    Sie stellte sich vor, dass der Mann an ihrer Seite nicht der dickliche Trunkenbold war, sondern der junge Offizier aus einer fremden und fremdartigen Welt, an den sie so schnell ihr Herz verloren hatte, dass sie es immer noch nicht glauben konnte. Für einen winzigen Moment erahnte sie, was sie gefühlt hätte, wenn der Tag kam, an dem sie sich mit dem Mann vermählen würde, der als Einziger tatsächlich ein Recht auf eine Hochzeitsnacht mit ihr hatte.
    Nicht »gefühlt hätte«. Fühlen würde. Julia würde bis zu ihrem letzten Atemzug dafür kämpfen, das hatte sie sich geschworen, genauso, wie ihr Treueschwur Martinus gegenüber nichts anderes war als eine glatte Lüge.
    Sie lächelte. Und lächelte.
    Als sich die Menge auf die aufgetischten Speisen stürzte und die Gemeinde in einem Gewirr schmatzender und schlürfender Geräusche untertauchte, stellte sich die ach so glückliche Braut, immer noch lächelnd, in eine Ecke, nahm einen Becher Wein, um die angespannte Gesichtsmuskulatur zu erleichtern, trank in kleinen Schlucken und beobachtete, wie ihr Gatte, Zentrum ihres Lebens, einen großen Becher mit tiefen, durstigen Zügen leerte, um sich sogleich

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