Kaiserkrieger: Der Aufbruch
besonders wichtige Ehrengäste einmal abgesehen –, bestand darin, tief in seine Tasche zu greifen und goldene Denare in großer Menge zur Verfügung zu stellen. Die Tatsache, dass der höchst wohlhabende Vater des Bräutigams ebenfalls sein Scherflein beitrug, potenzierte den Pomp und Luxus dieser Feier nur noch. Der beste Wein Italiens wurde in Wagenladungen voller Amphoren herbeigeschafft. Das war dann auch der Aspekt des Festes gewesen, für den Martinus Caius so etwas wie Interesse gezeigt hatte. Ansonsten hatte er den Trubel stoisch über sich ergehen lassen. Die Tatsache, dass er keine Sekunde besonderer Aufmerksamkeit für seine Zukünftige aufgebracht hatte, sprach für seine Geisteshaltung. Dass es Lucia war, die zwei Stunden vor Beginn der eigentlichen Zeremonie den Sklaven streng verbot, dem Bräutigam weiteren Wein zu kredenzen, wies darauf hin, wer auch künftig bezüglich der neu begründeten Verbindung das Sagen zu haben beabsichtigte.
Immerhin war Gunter, der dämliche germanische Sklave, jetzt aus dem Spiel. Der Aufpasser, den ihre Mutter ihr zugeteilt hatte, und dessen massiger Körperbau verdeckte, dass er die geistigen Fähigkeiten eines Brotlaibes hatte. Anfangs hatte Julia noch ein gewisses Vergnügen dabei empfunden, ihren Bewacher an der Nase herumzuführen, um ihm zu entkommen, aber es dann aufgegeben: Es war einfach zu leicht. Und so hatte Gunter sie auf Schritt und Tritt begleitet, bis heute, bis zu dem Zeitpunkt, da der unnütze Sohn eines mächtigen Transportunternehmers sie unter seine Fittiche nehmen würde.
Julia ließ auch das alles über sich ergehen.
Es war ihr Plan, der ihr Kraft gab. Es war die Tatsache, dass sowohl ihre Eltern als auch die des Bräutigams den Wünschen einer verwöhnten und schwierigen Braut stattgegeben hatten, alle froh, dass diese beiden überhaupt zur Heirat zu bewegen waren. Julia hatte diese Erleichterung gemolken, so gut sie konnte, und sie war mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Jetzt musste sie nur noch diese Zeremonie überstehen und gute Miene zu einem Spiel machen, dessen Regeln ihr nicht gefielen. Während noch Sklavinnen an ihrem Festgewand herumzupften, sah sie auf die andere Seite des Festzeltes. Dort stand Martinus Caius, wirkte fast verloren und bemitleidenswert in der festlichen Toga, die man ihm angetan hatte. Er suchte nicht den Blickkontakt zu seiner künftigen Braut, sein offensichtliches Interesse galt allein den Köstlichkeiten, die zum baldigen Verzehr für die Festgemeinde an der Längswand des Zeltes aufgetischt worden waren. Als jemand einen Handkarren mit sechs großen Weinamphoren hereinrollte, wollten Martinus’ Augen von den Behältern gar nicht mehr ablassen. Julia hatte eine ziemlich gute Vorstellung davon, was sich in ihrer Hochzeitsnacht abspielen würde, und das gab ihr durchaus Grund zur Sorge. Weniger deswegen, weil sie sich erhoffte, ihr neuer Gatte würde seine ehelichen Pflichten auf besonders treffliche Art erfüllen, sondern vielmehr, weil es zum jetzigen Zeitpunkt, trotz all des Ekels, den sie dabei empfand, notwendig, ja unerlässlich war, dass er sie überhaupt anging.
Julia war schwanger.
Der Vater war Thomas Volkert, die Frucht wuchs seit jener Nacht in der Herberge, der ersten und einzigen gemeinsamen Nacht, bevor er in die Streitkräfte »rekrutiert« worden war. Julia wusste es seit geraumer Zeit, da ihre Blutungen aufgehört hatten und sie heftige Übelkeit am Morgen empfand, die sie bisher vor der Familie hatte geheim halten können. Eine sanfte Wölbung war ebenfalls nicht völlig zu verkennen. Wie gut, dass beide Familien übereinstimmend auf die Farce einer Prüfung der Jungfräulichkeit verzichtet hatten. Jeder wusste um ihre Leidenschaft für den flüchtigen Deutschen.
Es war notwendig, dass alle, Martinus nicht zuletzt, davon ausgingen, dass dieses Kind legitimer Spross dieser Verbindung sein würde. Und dazu musste es eine Hochzeitsnacht geben. Es war also letztlich gut, dass die Hochzeit jetzt so schnell wie möglich stattfand, ehe die Schwangerschaft allzu offensichtlich werden würde.
Im schlimmsten Falle war Martinus entweder nüchtern genug, um die Aufgabe tatsächlich bewältigen zu wollen, oder dermaßen betrunken, dass ihm niemand die Erledigung ernsthaft zutrauen würde. Julia hatte diesbezüglich bereits ein hocherfreuliches Gespräch mit ihrer Mutter geführt, die von der plötzlichen Strebsamkeit ihrer Tochter, die ehelichen Pflichten zur allgemeinen Zufriedenheit zu erfüllen, sehr
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