Kaisertag (German Edition)
indirekt. Jemand hat versucht, sich den Zwischenfall mit Diebnitz zunutze zu machen. Wir denken, dass die Schatten dahinterstecken.«
Mit leichtem Hohn warf Wangenheim ein: »Soso, die geheimnisvollen Schatten mal wieder, von denen niemand weiß, ob es sie wirklich gibt oder ob sie nicht nur ein Hirngespinst sind.«
»Es gibt sie, Herr Generalleutnant, dessen dürfen Sie sich gewiss sein«, erwiderte Sonnenbühl fast beleidigt. »Wir wissen es, weil wir die Auswirkungen ihrer Aktivitäten spüren. Seit weit über dreißig Jahren versuchen sie bereits, uns Knüppel zwischen die Beine zu werfen. An der Existenz der Schatten besteht kein Zweifel. Wie dem auch sei, die Schatten schickten einen Mann namens Prieß, der in der ungewöhnlichen Tarnung eines Privatdetektivs vorgab, die Umstände von Diebnitz’ Tod zu untersuchen. Wir sollten ihm dankbar sein, denn durch ihn merkten wir erst, dass dem fingierten Freitod ein Motiv fehlte, welches wir dann rasch konstruiert haben. Im Übrigen habe ich das Spiel sofort durchschaut und abgewartet, was Fritz – ich meine, was dieser Friedrich Prieß wohl unternehmen würde«, brüstete sich der Major. »Da wir Diebnitz’ ehemaligen Mitarbeitern misstrauen, hören wir seit seinem Tod ihre Telefone ab. Dabei stellte sich heraus, dass Hauptmann Weinberg, einer der zu uns gehörenden RMA-Männer, in die Fußstapfen seines verschiedenen Vorgesetzten treten und Verrat üben wollte. Er hatte mit Prieß ein Treffen vereinbart. Daraufhin habe ich beide, den angeblichen Detektiv und den Verräter, mittels des Anschlags in Kronsforde aus dem Weg räumen lassen, ehe sie Schaden anrichten konnten. Ich habe Weinberg ohnehin von Anfang an nicht getraut … schon seine krumme Nase sprach Bände.«
»Hätte man das nicht unauffälliger und eleganter erledigen können als auf diese rohe Weise?«, fragte Waldmoser mit schneidendem Unterton.
Sonnenbühl ließ diesen Einwand nicht gelten. »Es passte sowieso in unsere Pläne. Meine Herren, wir sollten uns nicht länger darum Gedanken machen. Die Verräter sind tot, das Thema ist erledigt.«
»Ganz meiner Meinung«, stimmte der österreichische Freiherr zu. »Da fällt mir ein, ich vermisse Professor Beinfeldt. Ich hoffte doch, den berühmten Vater der Atombombe hier anzutreffen. Sagen’s bloß, er ist überhaupt keiner von uns?«
»So nützlich der Professor in mancher Hinsicht auch für uns sein mag – hier möchte ich ihn nicht anwesend haben. Sie kennen ja seine Biographie«, entgegnete Sonnenbühl mit Bestimmtheit.
»Auch ich habe noch eine Frage an Sie, Major«, sagte Wangenheim. »Konnten Sie das Problem bei der Beschaffung des Gewehrs lösen?«
»Jawohl, Herr Generalleutnant. Es war nicht leicht, eine Lee-Enfield Empress zu finden, aber es ist uns gelungen. Bedauerlich, dass diese Mühe nur dann von Bedeutung sein wird, wenn der ungünstigste Fall eintritt.«
»Major, es zeichnet einen guten Feldherrn aus, dass er immer das Misslingen seiner Strategie in Betracht zieht und sich im Voraus durch einen Alternativplan absichert«, wurde Sonnenbühl vom alten Generalleutnant belehrt.
»Herr Generalleutnant haben voll und ganz recht«, bestätigte der Major schnell. »Ich denke, falls keine weiteren Fragen mehr geklärt werden müssen, sollten wir uns nun aber dem Unternehmen Hamlet zuwenden.«
Die um den Tisch sitzenden Männer waren ebenfalls dieser Ansicht und wandten ihre Aufmerksamkeit nun Deuxmoulins zu. Der General hatte sich von seinem Stuhl erhoben und zeigte so, dass er nun etwas verkünden würde, das von herausragender Bedeutung war.
»Meine Herren«, sagte er stolz, »ich darf Ihnen mitteilen, dass das Unternehmen Hamlet übermorgen, also am Freitag, beginnt.«
Einigen der Anwesenden entfuhr ein Laut der Überraschung, andere zeigten keine Regung und demonstrierten so, dass sie zu der kleinen Gruppe derer gehörten, die an der Vorbereitung der Operation beteiligt gewesen waren.
»Mit den Einzelheiten werde ich Sie sogleich vertraut machen. Darüber hinaus werden im Verlaufe der nächsten beiden Tage alle unsere Freunde, denen wir bei Hamlet eine besondere Rolle zugedacht haben, per Kurier Schreiben mit spezifischen Anweisungen erhalten, wobei jeder nur die Informationen bekommt, die für seinen jeweiligen Anteil an dem Unternehmen erforderlich sind. Es versteht sich von selbst, dass ein gewisser Unsicherheitsfaktor –«
»Verzeihen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche«, entschuldigte Poschau sich unsicher, »aber
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