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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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in diesem Moment war Maximilian Sonnenbühl so stolz wie noch nie zuvor, dass er zur Sonderbrigade gehören durfte. Wo sonst auf der Welt konnte man solche großartigen Soldaten finden? Soldaten, die, ohne mit der Wimper zu zucken, sogar eine Bombe auf den eigenen Kaiser warfen, wenn sie dazu Order von ihren Vorgesetzten hatten?
    Was für eine fabelhafte Truppe , dachte der Major begeistert. Und ab morgen gehört sie mir. Ab morgen … Dann aber verblasste das eben noch siegesgewisse Grinsen auf Sonnenbühls Gesicht innerhalb eines Augenblicks. Die Erinnerung an etwas, das Friedrich Prieß ihm gesagt hatte, drängte sich plötzlich zwischen die Triumphgefühle. Was meinte er noch mal? Die Puppenspieler würden mich auch über die Klinge springen lassen … wenn nun die Atombombe nur vierhundert Meter unter uns hochgeht …
    Aber er schüttelte diese Vorstellung sofort wieder ab. Der General hatte ihm ausdrücklich versichert, dass die Druckwelle sich glockenförmig nach unten ausbreiten würde, das hätte auch der Test in Südwestafrika gezeigt.
    Die Wucht der Explosion und der Schwall viele Tausend Grad heißer Luft würden den Zeppelin nicht erreichen.
    Und wieso sollten meine Mitstreiter mich hintergehen wollen? Sie sind mir dankbar, sie brauchen mich. Fritz, du alter Vollidiot, du liegst mal wieder völlig daneben …
    Zwei Alarmglocken schrillten.
    Major Sonnenbühl schreckte aus seinen Gedanken auf und sah, dass über den beiden Ruderständen rote Warmlampen leuchteten.
     »Was hat das zu bedeuten?«, fragte er aufgeregt.
    »Eine Störung der Steueranlage, Herr Major«, erklärte ihm der Oberleutnant. »Die Ruder reagieren nicht. Kein Anlass zur Beunruhigung, das kommt bei den alten Rheingau-Schiffen zuweilen vor. Wenn sich zu viel Hitze staut, schalten sich die überempfindlichen Steuerrelais manchmal von selbst ab, aber nur vorübergehend. In etwa zwanzig Sekunden sind sie erfahrungsgemäß weit genug abgekühlt und arbeiten wieder.«
    Maximilian Sonnenbühl nickte säuerlich. Es gefiel ihm nicht, wenn solche unerwarteten Zwischenfälle eintraten.
      
    Der enge Hilfssteuerraum in der unteren Heckflosse war nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Es gab zwei Steuerräder aus durchbrochenem Leichtmetall, einen Bordfernsprecher, den Kabelbaum, der an der Leiter zur Relaisanlage hinaufführte, sowie eine schmale Tür mit der Aufschrift Notausstieg – Vorsicht beim Öffnen in großer Höhe. Große Cellonfenster gaben den Blick frei auf die fast einen Viertelkilometer weit nach vorne ragende Unterseite des Luftschiffes und die verwirrend winzigen Häuser und Straßen in der Tiefe.
    Prieß hatte versehentlich ganz kurz hinausgesehen, als er eilig die Leiter hinabgestiegen war, und das hatte ihm auch bereits gereicht. Dass man an Bord von Luftschiffen kein Schwindelgefühl empfand, traf eindeutig nicht zu, wenigstens nicht in seinem Fall. Er schluckte kräftig und ignorierte das beunruhigende Gefühl in seiner Körpermitte, so gut er konnte. Dann betrachtete er die Steuerräder, die sogar mit Schildern versehen waren: Höhenruder , stand in roten Frakturbuchstaben über dem einen, und darunter befanden sich zwei gekrümmte Pfeile mit den Worten Steigflug und Sinkflug . Der Detektiv schluckte noch einmal, legte beide Hände ans Höhensteuer und drehte es in einem Zug bis zum Anschlag nach rechts.
    Das riesige Schiff reagierte sofort; Prieß merkte, wie sich der Boden unter seinen Füßen neigte. Hätte er sich getraut, aus den Fenstern zu sehen, dann hätte er beobachten können, wie sich die Spitze des Luftschiffs schwerfällig senkte.
    »Es funktioniert!«, keuchte Prieß. Die Kronprinzessin Sophie Viktoria strebte der Erdoberfläche entgegen. Rasch zog er den Degen und schlug den Kabelstrang an der Leiter durch, damit auch der Hilfssteuerraum unbrauchbar war. Dabei kam ihm in den Sinn, dass er vielleicht auch das Seitenruder hätte verstellen sollen, um das Schiff vom Kurs abzubringen; doch dafür war es nun zu spät. Nun musste er nur noch einen Fallschirm auftreiben und abspringen, auch wenn ihm diese Aussicht schon jetzt den Magen umdrehte. Aber er wollte ja auch nicht bis zur unvermeidlichen Bruchlandung an Bord bleiben. Er steckte die Klinge wieder in die Metallscheide und kletterte die Leiter hinauf, wobei er jeweils zwei Sprossen auf einmal nahm.
      
    Die Nadel des Höhenmessers in der Instrumententafel kroch rückwärts über die Skala und zeigte jetzt nur noch 480 Meter.
    »Sabotage!«, tobte

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