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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Rinderblinddarm.
    Zuerst hatte er nach einem Fallschirm und einem Notausstieg suchen wollen, aber inzwischen hatte er einen anderen Entschluss gefasst: Er wollte verhindern, dass die Atombombe detonierte. Und er wusste auch schon wie. Wenn Yvonne Conways Informanten recht hatten, war der Große Kurfürst mit einem Fallhöhenzünder ausgerüstet. Für gewöhnlich fanden solche Geräte Verwendung bei Giftgasbomben, die in einer bestimmten Höhe über dem Erdboden explodieren mussten, damit sich ihr tödliches Gas über eine möglichst große Fläche verteilte. Ihr Prinzip war einfach: Beim Ausklinken der Bombe wurde zugleich ein Präzisionsuhrwerk in Gang gesetzt, das nach einer zuvor eingestellten Falldauer den Zünder auslöste. Da die Fallgeschwindigkeit berechenbar war, konnte man leicht festlegen, in welcher Höhe die Bombe gezündet werden sollte. Die einzige Voraussetzung war, dass das Luftschiff die vorgesehene Flughöhe einhielt. Und genau das wollte Prieß unmöglich machen.
    Er hatte keine Vorstellung, aus welcher Höhe die Bombe abgeworfen werden sollte oder wie der Zünder eingestellt war. Also musste er alles tun, um die Sophie Viktoria so weit hinunter wie nur möglich zu bringen. Vielleicht reichte es aus, damit die Atombombe noch vor der Zündung auf den Boden aufprallte. Das würde den empfindlichen Zündmechanismus zerstören, ohne den der Große Kurfürst nur ein Haufen teurer Schrott war. Wenigstens hoffte Friedrich Prieß das.
      
    »Treck den Stecker wedder ut, oder ück kümm röwer und hau dir op die Schnut!«, brüllte der Hamburger Kameramann der Patria Tonbild-Woche seinem Kollegen von der Meßter-Wochenschau zu.
    »Halt mal die Luft an, Meister!«, schrie der andere daraufhin zurück. »Icke hab ’ne Jenemigung für zwei Kameras jekriecht, also darf ick die ooch beede an den Kasten da unten anschließen, is det klar?«
    Der Streit war entbrannt, nachdem die Aufnahmetrupps der vier Wochenschaustudios ihre Filmkameras auf den Dächern der Lastwagen aufgestellt hatten. Die von den Städtischen Elektrizitätswerken zur Verfügung gestellten Stromanschlüsse hätten für alle Geräte ausgereicht, wären die Meßter-Leute nicht mit zwei Kameras statt einer aus Berlin nach Lübeck gekommen. Und weil sie auch beide benutzen wollten, hatten sie kurzerhand eines der Kabel am Verteilerkasten herausgezogen und die nun freie Steckdose selber mit Beschlag belegt.
    Der Kameramann der Patria hatte dafür keinerlei Verständnis. Noch während sich die beiden Männer auf den Lastwagen gegenseitig Beschimpfungen und Drohungen an die Köpfe warfen, hatte einer seiner Kabelträger die Stromleitung für die zweite Meßter-Kamera schon wieder beseitigt und die Stecker am Verteiler abermals ausgetauscht. Das Wortgefecht zwischen dem Hamburger und dem Berliner ging danach noch weiter, doch der Leiter des Meßter-Trupps sah ein, dass er auf verlorenem Posten stand. Er trat den Rückzug an, denn er hatte ja auch noch wichtigere Aufgaben, als sich mit einem starrköpfigen Fischkopf herumzuschlagen: Wenn er über die Köpfe der auf dem Hanseplatz versammelten Menschen hinwegblickte, konnte er in einiger Distanz schon die Dragonerlanzen mit den wehenden Fähnchen erkennen. Also waren der Kaiser und seine Eskorte nicht mehr weit entfernt, und auch die ihn begleitenden Hochrufe kamen immer näher. Es wurde also höchste Zeit, sich hinter die Kamera zu stellen.
    Alexandra Dühring konnte es nur recht sein, dass die beiden Kontrahenten auf den Wagendächern endlich Ruhe gaben, denn ihre Nerven lagen auch so bereits blank. Unbemerkt stand sie hinter dem Denkmalssockel und wartete auf Paul von Rabenacker. Nur ihre Willensstärke und die in vielen Jahren voller Rückschläge und zäher Kämpfe gegen eine feindselige Umwelt antrainierte Selbstbeherrschung hielten sie davon ab, in Hysterie zu verfallen. Sie sah eine unvermeidbare Katastrophe auf sich zurollen und spürte ihre Unfähigkeit, das Verhängnis aufzuhalten, fast körperlich; aber sie gestattete sich nicht, etwas davon nach außen dringen zu lassen.
    »So ’ne Kacke«, schimpfte der Berliner Kameramann. Er war nun leiser geworden und machte seiner Wut nur noch gegenüber seinem Assistenten Luft. »Wieso müssen wa überhaupt von dieser beschissenen Stelle aus unsere Aufnahmen machen? Det is doch keene Perspektive hier! Ick sag dir, Benno, dat sieht nachher auffa Leinwand wie letzte Müll aus. Und det allet nur, weil uns dieser bescheuerte Pastor verboten hat, die

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