Kaisertag (German Edition)
zurück. »Und was für Fragen wären das?«
»Hauptsächlich eine: Was wissen Sie über den Tod von Oberst Gustav Diebnitz?«
»Wie kommen Sie darauf, dass ich überhaupt etwas über diesen Oberst wissen könnte, Herr Prieß?«
»Es gehört zu den unvermeidlichen Nebenwirkungen meines Berufs, dass man mit der Zeit eine Art instinktiver Neugier entwickelt, und das beschert mir zuweilen Überraschungen. Am Abend Ihrer Party war ich auf der Suche nach Schreibzeug in Ihrem Arbeitszimmer, und durch einen Zufall entdeckte ich auf einem Notizblock einen durchgedrückten Vermerk über Diebnitz’ unerwarteten Tod. Sie müssen zugeben, es ist ungewöhnlich, dass sich eine etwas exzentrische Künstlerin für das Dahinscheiden von Geheimdienstoffizieren interessiert. Finden Sie nicht auch, Miss Conway?«
Sie seufzte beschämt. »Wie unendlich peinlich … leugnen scheint zwecklos zu sein. Ja, mir schien dieser Selbstmord auffällig und ich musste meine … meine Kontaktperson darüber informieren.« Dann fixierte sie ihn mit scharfem Blick und fragte: »Sollte dies am Ende eine neuartige Verhörtaktik sein?«
»Warum denkt seit gestern bloß jeder, mit dem ich spreche, dass ich ihm Böses will? Dies ist kein Verhör und ich bin kein Agent oder was auch immer. Ich bin ein hart arbeitender Detektiv, der versucht, seine Klienten zufriedenzustellen. Wann werden Sie mir das endlich glauben?«
»Wenn Sie mir sagen, weshalb Sie sich so sehr für den Tod dieses Mannes interessieren, Herr Prieß. Ungewöhnliche Todesfälle unter führenden Geheimdienstangehörigen werden normalerweise nicht Privatdetektiven anvertraut. Verzeihen Sie mir meine Offenheit – doch Ihr Berufsstand steht zumindest in Deutschland nicht im Ruf der Seriosität und Vertrauenswürdigkeit.«
Einen Atemzug lang war Prieß beleidigt, aber dann musste er einsehen, dass die Engländerin nur die Wahrheit gesagt hatte. »Miss Conway, ich handle im Auftrag von … sagen wir, von Angehörigen des Obersts. Ich soll den Grund seines Todes nach Möglichkeit zweifelsfrei feststellen.«
»Da Sie mit der hiesigen Polizeichefin befreundet sind, wissen Sie doch gewiss längst von der Erpressung durch diesen Siegfried Stölle. Ist Ihre Aufgabe damit nicht abgeschlossen?«, entgegnete sie, während sie begann, ihre Bleistifte und Pinsel zu sortieren und in die Etuis zurückzulegen.
»Sie glauben diese Räuberpistole?«
»Keine Spur, mein verehrter Herr Prieß. Keiner meiner ausgesprochen verlässlichen Informanten hat je etwas erwähnt, das auch nur im Geringsten auf homosexuelle Neigungen bei Oberst Diebnitz hingewiesen hätte. Es wäre für uns sehr praktisch gewesen, einen so bedeutenden Geheimnisträger mit prekärem Wissen über sein Intimleben gefügig machen zu können, aber dem war halt nicht so. Und nun plötzlich taucht dieser Strichjunge auf … nein, das kann ich nicht für bare Münze nehmen, und Sie wahrscheinlich ebenso wenig. Ich denke vielmehr, jemand hat den Oberst aus dem Weg geräumt und später versucht, dem angeblichen Selbstmord mehr Glaubhaftigkeit zu verleihen. Pfefferminz, Herr Prieß?«
Sie hielt ihm eine angebrochene Rolle Bonbons entgegen. Als sie sein Zögern bemerkte, lachte sie: »Oh bitte, seien Sie unbesorgt. Es sind ganz gewöhnliche Drops, ohne Zyankali oder Ähnliches.«
Schließlich überwand Friedrich sich und steckte einen der scharfen Bonbons in den Mund. »Ich bin nur vorsichtig, Miss Conway. Immerhin habe ich Sie enttarnt, Sie hätten jetzt gute Gründe, mich aus dem Weg räumen zu wollen.«
»Sie lesen zu viele schlechte Krimis, und Sie schätzen mich falsch ein. Ich bin Künstlerin, wie Sie sehen, keine Killerin. Ich habe mich einfach nur entschlossen, meinem Land im Rahmen meiner Möglichkeiten zu dienen. Herr Prieß, bei Ihrem Auftraggeber handelt es sich doch wohl kaum um Diebnitz’ Witwe, oder?«
»Wäre das so ungewöhnlich?«
Sie zuckte leicht mit den Schultern. »Das, was ich über die Ehe des Obersts weiß, klingt für mich nicht nach einer glücklichen Verbindung. Es würde mich einfach nur wundern, wenn Franziska Diebnitz jetzt auf einmal keine Ruhe finden sollte, weil sie die Mörder ihres Mannes bestraft sehen will. Aber das ist eine Sache für sich.«
Prieß erinnerte sich, dass auch Lämmle etwas Ähnliches angedeutet hatte. Er wusste noch nicht recht, was er davon halten sollte, aber es war auffällig genug, dass er es sich auf jeden Fall merken wollte.
»Reden wir nicht von Frau Diebnitz, reden wir vom
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