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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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machen werden, noch viele Bergketten zu überqueren.

Das satanische Telefonat
    Die ersten richtigen Berge liegen unmittelbar vor mir. Jetzt gilt es, die Serpentinen raufzufahren. Ich hole den Zettel mit der Telefonnummer, gehe still zum Telefon der Vermieterin und wähle die Nummer. Eine ältere Frau nimmt den Hörer ab. Es stellt sich schnell heraus, dass es die Mutter der Frau aus der Praxis ist.
    Als ich mich nach Martina erkundige, sagt die, dass ihre Tochter gerade in der »Versammlung« sei. »Was für eine Versammlung?«, frage ich. Wie ich erfahre, ist Martina bei den Zeugen Jehovas und besucht regelmäßig deren Versammlungen, die wie Gottesdienste seien.
    Wunderbar, denke ich mir, so kann ich der Mutter gleich erzählen, wer ich bin und warum ich anrufe. Ich nutze die Gelegenheit, um gleich zu fragen, ob Martina schon einen Freund hat. Denn so etwas wie mit Gesa möchte ich nicht noch einmal erleben. Und als ich erfahre, dass sie keinen Freund hat, beginne ich, über mich zu erzählen und mich über Martina zu erkundigen.
    So erzähle ich der Mutter, dass ich gerne tanze und viele Reisen mache und dass ich gerade auch Segelfliegen auf dem Flugplatz in Kiel-Holtenau lerne. Auf diese Weise versuche ich ihr klarzumachen,dass ich für ihre Tochter attraktiv sein könnte, weil ich ihr ein Leben bieten kann, das anders ist als bei anderen Männern.
    Dabei erfahre ich, dass Martina neunzehn Jahre alt ist, so gut wie keine Reisen gemacht hat im Leben, noch nie geflogen ist und überhaupt ganz andere Interessen hat als ich. Tanzen würde sie wohl schnell lernen können, meint die Mutter, aber augenblicklich würde sie nicht tanzen. Schade eigentlich – oder besser zum Glück für mich!
    Es stellt sich schnell heraus, dass es bei Martina eher die grundsätzlichen Einstellungen, sozusagen die inneren Werte sind, die mich ansprechen. Was das genau ist, weiß ich nicht, aber ich spüre es.
    Schließlich frage ich weiter nach, ob sie als Mutter einschätzen könne, ob ihre Tochter einen Freund haben wolle. Und da japst die Mutter und bejaht meine Frage: »Jach! Ja! Die Martina ist heute Abend da. Da können Sie sie anrufen!« Daraufhin verabschiede ich mich und verspreche mich am Abend wieder zu melden.
    Als es draußen längst dunkel geworden ist, rufe ich wieder bei Piepgras an. Als ich zum Telefon der Vermieterin greife, wünscht sie mir viel Glück. Ich wähle die Nummer, die sie mir gegeben hat, und horche gespannt in die telefontutende Leitung.
    Dann ein Klack und ein knappes »Martina Piepgras«. Der Moment der Momente, er ist da, jetzt musst du deinen Mund aufmachen. Nicht auflegen! Während ich starr den Hörer in der Hand halte, erinnere ich mich an die Sache mit der Flussquerung. Jetzt musst du ins kalte Wasser gehen, denn der Fluss ist gerade breit und flach.
    So eröffne ich das Gespräch: »Ich bin Peter Schmidt, ich kenne Sie aus der Praxis da beim Zahnarzt in Gettorf! Vorhin habe ich schon mal angerufen, da …«, weiter komme ich nicht, denn Martina, die Frau aus der Praxis, unterbricht mich:
    »Ja, ja, meine Mutter hat mir davon erzählt …«
    In diesem Moment durchzuckt mich ein Blitz. In mir präsentiert sich, was ihre Mutter mir über sie erzählt hat. Zum Beispiel, dass Martina bei den Zeugen Jehovas sei. Das ist doch die Gelegenheit, darüber etwas zu erfahren. Die Chance, um Small Talk herumzukommen, denn wenn das Telefonat dahin abdriftet, habe ich gleich verloren. So unterbreche ich Martina ebenfalls und gehe zum Du über:
    »Ah ja, genau, sie sagte, du wärst bei den Zeugen Jehovas in der Versammlung. Erzähl mir doch mal was darüber.«
    Am anderen Ende der Leitung herrscht auf einmal merkwürdige Stille. Da müsste doch prompt etwas kommen, aber ihre Antwort dauert eine Weile. In zweifacher Hinsicht: Erstens dauert es, bis sie anfängt zu antworten, und zweitens ist ihre Antwort romanartig lang. Letzteres nehme ich mit Genugtuung auf, denn das bedeutet, dass ich kaum Gefahr laufen werde, sie einseitig vollzulabern.
    So bin ich froh, dass sie nun von sich aus über sich berichtet. Das ist eine Steilvorlage für mich, denn so gibt es eine Fülle von Stichwörtern, an denen ich eine Fortsetzung des Gesprächs anknüpfen kann. Ich bin um das Problem herumgekommen, mit mir selbst anzufangen, sondern kann das aufgreifen, was von ihr kommt. Und ich höre am Telefon allein ihre Stimme, ich sehe sonst nichts, was mich irritieren kann. Besser kann es ja gar nicht kommen, denke ich. Jetzt nur keinen

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