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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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Hardrock zum Beispiel. Und sie scheint nach dem, was sie mir über ihre Heimat und Mutter erzählt, ein häuslicher Typ zu sein.
    Auch die Art und Weise, wie wir reden, spricht dafür, dass sie grundsätzlich ehrlich, offen und verlässlich ist. Alle Dinge, die vorherige Bekanntschaften nicht zu Beziehungen heranreifen ließen, muss ich jetzt und gleich ausschließen, damit nicht wertvolle Zeit und auch Geld in eine Freundschaft gesteckt wird, die am Ende des Tages wieder nicht zum Ziel führt: zur eigenen Familie mit Haus, Hof und Garten und vielen Reisen.
    So erzähle ich ihr, was mir Spaß macht und wie ich mir mein Leben vorstelle. Und ich frage sie nach Freizeitaktivitäten wie Fahrradfahren, Wandern, Tanzen und Reisen. Ja, sehr gerne würde sie so etwas erleben. Das würde sicherlich viel Spaß machen, auch wenn sie zugibt, selber nicht tanzen zu können und auch noch nie richtig weit weg von zu Hause gewesen zu sein.
    Das Gespräch verläuft jetzt über gefühlte zwanzig Minuten im echten Dialog. Dabei wird deutlich, dass man mit ihr auf einem hohen Niveau diskutieren und philosophieren kann. Sie hat eindeutig ein solides Allgemeinwissen, vor allem auch in Bereichen, in denen ich mich weniger auskenne. Letztendlich bestätigt sich immer mehr mein Eindruck, dass sie eher eine Ärztin als eine Zahnarzthelferin sein könnte. Und so frage ich sie:
    »Und du machst jetzt also eine Ausbildung beim Zahnarzt. Deine Mutter hat mir erzählt, dass du Abitur hast. Warum machst du kein Studium?«
    Schnell landet sie wieder bei ihrem Thema:
    »Der Dienst für Gott bestimmt mein Leben. Die Bibel zeigt uns, dass heute dieses große Predigtwerk durchgeführt werden muss. Das ist das Wichtigste für mich. Dafür brauche ich kein Studium und dafür will ich auch einmal so viel Zeit wie nur möglich verwenden. Außerdem hält mich mein Studium des Wortes Gottes schon beschäftigtgenug. Ich lese regelmäßig den Wachtturm und ich besuche regelmäßig die Versammlungen, die an drei Tagen in der Woche stattfinden.«
    »Ach so, wegen all dem Predigen, Lesen und den Versammlungen hast du also keine Zeit für ein Studium?«
    »Hm … ja, so könnte man es ausdrücken. Ich mache auch deswegen kein Studium, weil ich dann die ganze Zeit mit Leuten zusammen wäre, die Gott und der Bibel kritisch gegenüberstehen. Diese Einstellung könnte auf mich abfärben und mich im Dienst für Gott nachlässig machen. Die Bibel rät uns, dass wir uns nicht in ›schlechte Gesellschaft‹ begeben sollen.«
    Wieder Stille in der Leitung. Diesmal von meiner Seite. Denn wenn ich das eben richtig verstanden habe, wäre ich nicht würdig, mich mit ihr zu befreunden. Das muss ich natürlich sofort genauer wissen:
    »Das heißt … ich wäre für dich ›schlechte Gesellschaft‹?«
    »Richtig«, presst sie kraftvoll aus sich raus.
    »Und wieso telefonieren wir dann überhaupt?«, will ich wissen.
    »Weil wir natürlich anderen Menschen gegenüber verpflichtet sind, über unseren Glauben Rechenschaft abzulegen, und sie so die Chance haben, darin die Wahrheit zu erkennen.«
    »Das heißt, nur zu diesem Zweck darfst du mit anderen reden?«
    Stille. Telefonische Stille. Dann nimmt sie das Gespräch wieder auf:
    »So hart würde ich es nicht ausdrücken. Natürlich kann ich auch so mit anderen zusammen sein, aber richtige Freunde müssten Zeugen Jehovas sein.«
    »Dann könntest du dir also auch nicht vorstellen, mit jemandem eine Familie zu gründen, der kein Zeuge Jehovas ist?«
    »Nein«, antwortet sie energisch laut und fügt hinzu: »Das ist für mich völlig unmöglich.«
    Das Ganze mit dem Glauben kommt mir nun doch alles etwas zu seltsam vor. Deswegen sage ich ihr, damit sie weiß, was ich will:
    »Nun, nach dem, was ich bisher von dir gehört habe, steht für mich jedenfalls fest: Wenn das mal was mit uns werden sollte, müsstest DU auf jeden Fall bei den Zeugen Jehovas austreten. Ich bin ja sonst sehr tolerant und lasse jedem seinen eigenen Glauben, aber wie ihr euch durch die Bibel gefangen nehmen lasst, kann ich nicht tolerieren.«
    »Das sehe ich aber anders!«, schnappt sie auf einmal unfreundlich zurück. Das ist für mich der Anlass, mich mit einem knappen »Tschüss!« zu verabschieden. Die wird es wohl doch nicht werden! Wassoll ich daraus jetzt lernen? Was ist meine Lektion? Und wieder einmal gibt es viele neue Warums, die keine Antwort finden. Alle Warums haben eines gemeinsam: Emotionen, die ich nicht nachvollziehen kann.

Durch eine Ebene der

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