Kaktus zum Valentinstag
darunter, die mir geeignet erscheint, um mit ihr ein ganzes Leben zu teilen.
Echte Liebe will also reifen. Um sie wirklich zu erleben, muss ich in einer Frau die ewige Sehnsucht zu mir erwecken. Dazu muss ich ihr Erinnerungen an schöne Tage schenken, die wir gemeinsam verbringen. Erinnerungen, von denen sie notfalls sogar lebenslang positiv zehren kann, wenn es mal Durststrecken gibt.
Denn wenn ich eines gelernt habe über Menschen, dann das: Es sind ihre Sehnsüchte, die sie antreiben. Das ist einer der wenigen Punkte, bei dem ich genauso funktioniere wie alle anderen, auch wenn ich ansonsten emotional und zwischenmenschlich anscheinend ganz anders gepolt bin.
Apropos anders gepolt: Als ich mit Gesa tanzte, habe ich nie einen Trieb oder ein Verlangen gespürt, mit ihr Sex zu haben. Ich habe noch nie mit einem anderen Menschen Sex gehabt. Und so eine Frau will sicherlich auch Sex haben! Wie ich das allerdings anstellen soll, ist mir ein Rätsel.
Attraktiv angezogene Menschen reizen mich übrigens viel eher als nackte Menschen. Vor allem dann, wenn deren Klamotten deutlich sichtbare und gespannte Nähte aufweisen, die sich wie Leitlinien im Rhythmus beiniger Bewegungen falten und entfalten. Ob das bei anderen Menschen auch so ist, scheint fragwürdig. Denn ich bin immer der Einzige, der sich an die Hosennähte anderer Leute erinnern kann. Da muss ich nämlich immer zuerst hinschauen. Hosennähte leiten regelrecht meinen Blick. Dafür kann ich mir keine Gesichter merken.
Manchmal denke ich, dass ich auch schwul sein könnte. Denn einen echten Unterschied in der Attraktivität der Geschlechter sehe ich für mich nicht. Genau genommen sind es sogar noch eher Jungen oder Männer, die ich attraktiv finde. Vielleicht bin ich ja auch Viersiebtel schwul und Dreisiebtel nicht schwul? Wer weiß das schon?
Aber letztendlich will ich einmal eine eigene Familie mit Haus, Hof und Garten haben. Mit der Familie die ganze Welt bereisen. Mit ihr mit dem Auto alle möglichen Straßen abfahren. Das geht nicht, wenn ich schwul sein sollte. Also bin ich wohl auch nicht schwul.
Ich gehe zu meinem Plattenschrank. Ich habe mir weitere Musik gekauft, die helfen soll, die eigenartige Mauer, die in mir ist, zu überwinden. Musik, mit der ich meine Gefühle spürbar machen kann. Gefühle, die wichtig sind, damit man mich überhaupt für mehr als nur eine Standardfreundschaft mögen kann.
Musik ist wie kein anderes Medium in der Lage, die in mir sitzende emotionale Mauer zu durchdringen. Musik ist der Verstärker, den ich brauche, um aus mir herauszukommen. Dafür habe ich mir ganz bewusst auch Kuschelrock-Platten gekauft.
Und die werde ich wie Filmmusik einsetzen, wenn ich einmal wieder eine Frau kennen lernen sollte. I’m waiting for a girl like you, Room with a view, Oceans apart und viele andere Songs sollen mir helfen, dahin zu kommen, wo ich hin will, in eine romantische Partnerschaft voller Liebe.
Ach, wie viele Filme im Fernsehen wären stinklangweilig, wenn da nicht die Filmmusik wäre, die mir die Gefühle der Figuren anzeigt. Schade, dass es im echten Leben keine Filmmusik gibt. Das werde ichändern. Das muss ich ändern! Die richtige Musik zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ja, das ist es: Wenn ich eine Frau kennen lernen will, muss ich unbedingt meine Filmmusik spielen, die die Emotionen darstellt, die ich ihr entweder entlocken will oder die ich nicht richtig zeigen kann. Zumindest in Gedanken. Besser in echt.
Ein folgenreicher Zahnarztbesuch
Es ist wieder einmal so weit. Ein Zahnarztbesuch steht an. Eigentlich soll es ja nur ein Gebiss-TÜV werden, eine einfache Kontrolle, aber der Zahnarzt wird wohl wieder was finden. Das war bis jetzt fast immer so. Trotzdem hoffe ich auch diesmal, gleich die Plakette »Gebiss ist so weit sichtbar okay« zu bekommen.
Im Behandlungszimmer fällt mir eine Frau auf, die in mir ganz eigenartige Schwingungen auslöst. Alles beginnt mit ihrer Stimme. Und ihren weißen Klamotten, besonders der Hose. Es ist nicht die Stimme einer typischen Zahnarzthelferin, die mich erreicht. Es ist eine Stimme, die etwas sendet, das ich so noch nie empfangen habe.
Ich weiß nicht, was es ist, aber ich spüre es. Ich spüre, dass sie diesen Job zwar besonders gründlich und gut macht, aber dennoch nicht für diesen Job geschaffen ist, sondern vielleicht für mich. Aber wie komme ich bloß darauf? Was ist das? Ich finde keine Antwort, sondern nur starke seltsame Schwingungen.
Besonders gern schaue ich
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