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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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anderen Arzthelferin einen Folgetermin und verlasse die Praxis. Es ist das erste Mal, dass ich mich darauf freue, bald wieder zum Zahnarzt gehen zu können.
    Zwei Wochen später bin ich erneut dort. Und die Frau mit den engen weißen Klamotten ist auch wieder da. Wunderbar! Und die Schwingungen erreichen mich sogar noch stärker als beim letzten Mal. Wieder setze ich mein breites Grinsen auf. Und schaue sie dabei ganz doll an.
    Aber ansonsten passiert leider wieder nichts. Keine Reaktion von ihr. Nichts als kommunikative Stille erreicht mich. Lautes Schweigen liegt in der Luft. Warum zieht sie mich nur so magisch an?
    Es folgen mehrere Behandlungen, bei denen ich die Frau nicht sehe. Schade. Sie war wohl doch eine junge Ärztin, die mal kurz in der Praxis ausgeholfen hat. Dass mein Mund zur Großbaustelle wird, ich mir meine erste Brücke im Leben ins Gebiss einpassen lasse, das alles wird zur Nebensache.
    Da es mir wiederholt nicht gelungen ist, einen Kontakt herzustellen, erzähle ich meiner Vermieterin von den vergangenen Begegnungen, um herauszufinden, ob man die Frau doch noch wiederfindenkann. Ich bin verzweifelt darüber, dass ich trotz Flirt nicht in der Lage war, ein Gespräch mit dieser Frau zu beginnen.
    Schließlich sagt Frau Vogt mit ihrer hellen, ostpreußisch-herben Stimme zu mir: »Herr Schmidt! Sie haben da wohl ganz gut geflirtet. Sie müssen doch gemerkt haben, wie die Dame darauf reagiert hat! Auch wenn sie gar nichts gesagt hat.«
    »Woran soll ich das denn bloß gemerkt haben?«, frage ich zurück.
    »Herr Schmidt! So etwas merkt man! Hat sie sich abgewendet, oder hat sie die Blicke erwidert? Hat sie mit Ihnen gespielt?«
    »Nein, sie hat mit mir nicht gespielt. Was soll man auch mit mir spielen, wenn da der Bohrer in meinem Gebiss steckt.«
    »Wissen Sie was, Herr Schmidt? Ich glaube, dass die Dame zurückgeflirtet hat. Wissen Sie, warum ich das glaube?«
    »Nein?!«
    »Weil sie nichts gesagt hat. Entweder hat die Dame auch mit Ihnen geflirtet, oder sie ist von Ihnen total genervt. Da sie aber im Behandlungsraum geblieben ist, scheint sie von Ihnen nicht genervt, sondern angetan zu sein. Ich versuche Ihnen da mal zu helfen!«
    »Wie das denn?«
    »Ich lasse mir da etwas einfallen. Es wäre doch schade, wenn die Frau Ihres Lebens so nah an Ihnen dran war und dann wieder entschwindet. Herr Schmidt, Sie müssen jetzt handeln! Solche Damen pflegen zu warten!!!«, sagt sie noch mit Nachdruck.
    Einige Tage später setzt sich Frau Vogt zu mir in die Loggia: »Herr Schmidt, ich habe mich erkundigt. Ich habe für Sie beim Zahnarzt angerufen und ihm Ihr Problem geschildert …« Schließlich erhalte ich von ihr unverlangt Informationen über die junge Frau aus der Praxis.
    Sie heißt Martina Piepgras, hat Abitur und macht gerade eine Ausbildung als Zahnarzthelferin. Meine Vermieterin hat sogar ihre Telefonnummer recherchiert, die sie mir auf einem Zettel notiert: »Da können Sie ja morgen mal anrufen! Ich glaube, sie würde sich freuen!«
    Doch am nächsten Tag habe ich sowieso einen kurzen Kontrolltermin in der Praxis. Wieder sehe ich die Frau, von der ich jetzt weiß, dass sie Martina Piepgras heißt. Wie ich heiße, kann sie ja einfach in der Patientendatei nachlesen, denke ich so. Die Vermieterin sagte wiederholt, dass ich anfangen müsse, den Kontakt herzustellen.
    So lächele ich die Frau erneut an. Aber wieder bemerke ich keine sichtbare Reaktion. Aber sie geht auch nicht weg. Merkwürdig, merkartig. Mann, es wäre viel, viel einfacher, wenn sie mich einfach malansprechen würde! Aber auch das passiert nicht. Es passiert nicht nur das nicht, es passiert rein gar nichts.
    Schließlich verlasse ich erneut die Praxis unverrichteter Dinge. Vor meinem geistigen Auge blicke ich wieder auf das spitzgratige Gebirge. Vor mir sehe ich eine Abzweigung. Während die Hauptstraße entlang des Tales weiterführt, biegt rechts eine kleinere, aber gute Straße ab, die geradewegs auf die Berge zuführt. Und in der Ferne erkennt man sogar die Serpentinen, in denen sie sich die ersten Anhöhen vor dem Hauptkamm hochwindet.
    Ich halte inne, die Straße ist nicht beschildert, aber sie zeigt in die Richtung, in die ich will. Niemand kann mir jetzt sagen, ob ich da einbiegen soll. Aber eine Freundin zu finden, das bedeutet Veränderung. Nach langem Überlegen bin ich bereit für diese Veränderung. Ich vereinbare mit mir selbst, mich allen Herausforderungen zu stellen, die auf diesem Weg auf mich warten und mich fit

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