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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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allerdings asymptotisch gegen null. Das bedeutet, dass das Testen immer weniger wird und praktisch verschwindet, aber nie wirklich aufhört.
    Die wichtigste Kurve aber ist die C-Phase. Sie gibt den Grad der Verbundenheit an. Diese Kurve startet ebenfalls im Ursprung, beginnt sozusagen bei Null. Sie erreicht erst dann eine signifikante Intensität, wenn die A-Phase ganz vorbei ist und die B-Phase ihr Maximum überschritten hat, man sich also einander auch bei etwas genauerem Hinsehen weiterhin sympathisch findet.
    Und die C-Kurve schließlich, die gibt die Intensität des Zusammengehörigkeitsgefühls wieder. Und diese Kurve wächst mit der Zeit, vorausgesetzt, man überwindet die Maxima der A- und B-Kurve, so dass die positiven Eigenschaften deutlich überwiegen.
    So, und Liebe, ja, die ist nun etwas, das erst dann zustandekommt, wenn die A-Kurve gegen null geht und die C-Kurve einer Sättigung, der Asymptote, entgegenstrebt und diese so gut wie erreicht hat. Wenn also diese C-Kurve asymptotisch gegen einen Grenzwert, den höchst möglichen Grad der Verbundenheit, strebt, dann beschließen die beiden Menschen, für immer zusammenzubleiben. Somit ist Liebe die asymptotische Erfüllung der Sehnsucht nach Geborgenheit.«
    Stille. Während ich mir das Diagramm so anschaue, fällt mir auf, dass man die A-Phase auch mit dem aufflammenden Anzünden eines Kaminfeuers, die B-Phase mit dem hellen Brennen des Holzes und die C-Phase mit der lang anhaltenden, inneren Glut vergleichen kann.
    So fortsetze ich: »Die Liebe ist also etwas Dauerhaftes. Liebe ist nicht nur ein Wort, sondern Taten, immer wiederkehrende Taten. Etwas, das sich über die Zeit entwickeln muss. Etwas, das sich mehr oder weniger schnell einstellt. Das ist wie bei einem Flugzeug, das irgendwann die Reiseflughöhe erreicht hat. Und ich denke, wir sind jetzt hier!« Dabei zeige ich auf eine Stelle oben im rechten Drittel des Diagramms. »Das bedeutet, dass ich dich liebe. Liebst du mich denn auch?«
    »Ja! Dass man Liebe mathematisch formulieren kann, das finde ich hochinteressant. Liebe, das hat doch was mit Emotionen zu tun …«
    »Ja, sieh es so: Emotionen sind analoge Signale, dieses Diagramm hier ist eine Art Digitalisierung der Emotionen.«
    Daraufhin herrscht Stille. Weitere Kommentare folgen nicht. Weitere Fragen auch nicht. So gehe ich davon aus, dass es mir endlich gelungen ist, verständlich zu machen, was Liebe ist! Auf meine Weise.
    Schließlich bemerkt Martina, dass die C-Kurve ja auch verschiedene Höhen annehmen kann. So fragt sie mich, wie groß denn nun meine Liebe zu ihr sei. Meine Antwort kommt prompt und ehrlich: »12 von 15 Punkten!«
    »Was? Wieso nicht 15 Punkte?«
    »Na ja, du hast keine glatten Haare und keine knackige Jeans, und dich interessieren oft andere Dinge als mich. Das gibt Abzüge in der B-Note. Aber bei allen wirklich wichtigen Dingen, die letztendlich zählen, hast du die volle Punktzahl. Bei Dingen wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Naturverbundenheit und so weiter. Na ja, vielleicht werden es ja auch noch mehr Punkte, wenn wir endlich mal in den Tropen waren!«, füge ich noch hinzu.
    Nachdenkliche Stille. Jetzt habe ich wohl bei ihr eine Art Ä-B-Zustand ausgelöst. Und kann nur hoffen, dass sie sich mit meiner Ehrlichkeit anfreunden kann und darüber hinwegkommt. So wie ich meine innere Mauer überwinden muss, um sie weiter lieben zu können.

Kirche nach der Feuerzangenbowle
    Ich bin weiterhin fleißig dabei, Martina Erinnerungen zu schenken. So fahren wir kurz vor Beginn der Vorweihnachtszeit in den Harz. Dort findet um diese Zeit die traditionelle Feuerzangenbowle statt, gefolgt vom traditionellen Hasenessen am nächsten Tag. Beides gehört zum alljährlich wiederkehrenden Stiftungsfest der Ascania Halle-Clausthal.
    Zum Festakt der Feuerzangenbowle treffen sich »Alte Herren« mit dem studentischen Nachwuchs, um gemeinsam zu feiern und zu singen. Wenn das Präsidium »Silentium Ex! Colloquium!« ruft, dann wird im Schein der brennenden Zuckerhüte über die Zeit von damals und die Probleme von heute diskutiert. Nostalgie, aktuelle Alltagserlebnisse und anstehende Herausforderungen liefern genug smalltalkfreien Gesprächsstoff!
    Und wenn die Gespräche drohen, wieder einmal in Richtung Small Talk abzudriften, dann fordert das Präsidium die Corona, das sind die versammelten Gäste, mit einem strengen »Silennnnnntium!« zum Einstellen der Gespräche auf, damit eine Biermimik, das ist ein Sketch oder etwas anderes

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