Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)
Fluchtwagen zu befreien, als er sah, wie der Elefant zurückkam und ganz gelassen und bedächtig um den Schrotthaufen herumlief. Arno war sich sicher, dass er das verdammte Biest getroffen hatte. Er konnte eine Reihe von Einschüssen an Rüssel und Flanke sehen. Aber offensichtlich war der Elefant nicht tödlich verletzt und hatte sich auch nicht in die Flucht schlagen lassen. Es war, als hätte die Maschinenpistole das Tier nur zu einem noch gezielteren Angriff angestachelt.
»Hast du immer noch nicht genug?«
Becker tastete nach einem neuen Magazin, als er sah, wie ihn die riesigen Augen über die Chromverzierungen der Motorhaube hinweg betrachteten. Zwei riesige, intelligente Augen starrten in seine.
»NA, KOMM SCHON!«
Der Elefant hob seinen massigen Kopf, als wollte er dieser Aufforderung folgen. Ein letztes wütendes Trompeten und dann senkte er den Kopf wieder. Die Erde bebte. Und fünf rasende Tonnen Bestie stießen Elfenbeinspeere durch die Windschutzscheibe, durch das Lenkrad und durch den Dreckskerl, der dahintersaß und fluchte. Mit einem Ruck zog der Elefant den auf seinen Stoßzähnen aufgespießten Arno durch die Windschutzscheibe. Als Tommy und Jack den Straßengraben erreichten, war Ambassadorschon verschwunden, verschluckt vom Kieferndickicht. Jack näherte sich ganz vorsichtig Beckers Automobil. Er sah einen platten Reifen, der sich langsam drehte. Er hörte das Knarren von Metall und das Zischen des zerbrochenen Kühlers.
Becker hing an der Windschutzscheibe, ein Wirrwarr von Eingeweiden, aus denen das Blut blubberte, über die Motorhaube verteilt.
»Sieht aus, als hätte Ambassador uns die Arbeit abgenommen.« Tommy warf den Karabiner hin und ließ sich daneben fallen.
»Sieht ganz so aus«, stimmte Jack zu und spähte in den Wagen, wo er Doc Snyders Tasche entdeckte.
»Mach schon.« Tommy nickte ihm auffordernd zu.
Jack kroch über die Motorhaube und an Beckers aufgeschlitzter Leiche vorbei, um an Peewees Geld zu kommen.
»Er ist nicht dazu gekommen, was auszugeben, was?«, scherzte Tommy und streckte sich auf dem Boden aus.
»Tommy …?«
Ein dunkler Fleck sickerte durch die Hose des Zwergs.
»Mensch, Tommy!«
KAPITEL SECHZEHN
Drei Tage nach Arno Beckers viel zu gnädigem Ende starb auch Tommy Speck. Er sei verblutet, so Doc Snyder. Eine Kugel aus Beckers Maschinengewehrsalve hatte seine Oberschenkelarterie verletzt. Bei Eileen Speck setzten einen Tag nach der Beerdigung ihres Mannes die Wehen ein. Und es lief nicht gut. Das Baby rutschte in Steißlage in den winzigen Geburtskanal der Mutter. Mutter und Kind schwebten in Lebensgefahr und Doc war vor eine schwierige Entscheidung gestellt. Wenn er zu lange brauchte, um das Baby herauszuziehen, bedeutete das für Mutter und Kind den sicheren Tod, aber die einzig sichere Methode, das Kind herauszuholen, war, seinen Schädel zu zertrümmern und es abzutreiben, was Eileen entschieden ablehnte.
Die einzige andere Möglichkeit war ein massiver Eingriff, um das Kind zur Welt zu bringen.
»Ich muss Ihnen das Becken brechen«, sagte Doc zu Eileen, die bereits schreckliche Qualen ausstand.
»Solange nur mein Baby überlebt«, krächzte sie.
»Das kann ich nicht garantieren.«
»Tun Sie einfach Ihr Bestes.«
Es gelang Doc, Eileens Geburtskanal so sehr zu weiten, dass die Entbindung schließlich erfolgreich war. Tommys Frau konnte ihrBaby noch in den Armen halten und sogar kurz stillen, bevor sie dem Schock erlag.
Eileen hatte gesagt, ihre Tochter sei perfekt wie eine Blume, und so kam sie zu ihrem Schaustellernamen. Flower war klein, aber keine Zwergin. Sie war, wie ein Bauer sagen würde, vollkommen normal. Ihrem Daddy wie aus dem Gesicht geschnitten, bemerkte Half Track, aber die Freude, die jede Geburt in der Schaustellergemeinde auslöste, war von Trauer getrübt.
Flower Speck würde zwar nicht bei ihren Eltern aufwachsen, aber Jack wusste, eine Familie hatte sie trotzdem.
Luna besorgte eine Amme für das Neugeborene und brachte es in ihrer eigenen Wohnung unter. Eileen wurde neben Tommy auf einer Anhöhe am Alafia River begraben. Aber natürlich am Little Alafia.
Nach dieser traurigen Zeremonie wandte sich die Gemeinde ohne Schuldgefühle oder Proteste ganz praktischen Erwägungen zu. Becker war tot, aber die Schausteller konnten nicht sicher sein, dass sie nicht irgendein anderer Psychopath heimsuchte. Vor Oliver Bladehorn waren sie jedenfalls nicht sicher. Und dann war da noch die Frage, was mit Peewees Geld geschehen
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