Kalifornische Sinfonie
schmeichelhaft für mich, daß Sie mich dann so bald schon vergessen haben«, sagte sie.
»Oh, ich habe Sie nicht vergessen«, versicherte er. »Welcher Mann könnte wohl ein Wesen wie Sie vergessen! Dagegen kann es einem Mann sehr wohl passieren, daß er von einer Frau so bezaubert und hingerissen ist, daß er Ort und Stunde darüber vergißt.«
»Nun«, kicherte Florinda, »ich jedenfalls könnte einen Mann, der mir so entzückende Dinge sagt, gewiß nicht vergessen. Es muß also wohl eine andere gewesen sein, der Sie irgendwann in New York Ihre Komplimente gemacht haben.« Sie zwinkerte mit den Augen und wandte sich dann Mr. Penrose zu, der sie bewundernd anstarrte und jetzt versuchte, einen Arm um sie zu legen. Sie gab ihm einen leichten Klaps auf den Arm. »Versuchen Sie sich zu benehmen, Mr. Penrose«, sagte sie, »ich glaube, wir kennen uns noch nicht gut genug.«
Silky grinste über die Penrose erteilte Abfuhr, aber er schien noch immer verwirrt und unsicher. »Haben Sie vielleicht einmal in irgendeinem New Yorker Spielhaus die Karten ausgegeben?« fragte er schließlich.
»Wahrhaftig nicht«, sagte Florinda. »Hier, Mr. Penrose, nehmen Sie die Tasse und halten Sie sie mit beiden Händen fest; ich werde Ihnen Wein einschenken. Mit beiden Händen sagte ich, Mr. Penrose.«
John Ives maß Florinda mit aufmerksamen Blicken; offenbar dachte er darüber nach, wie er sich die Anwesenheit dieser blonden Person in Garnets Quartier erklären solle. Garnet war nahe daran, ihm zu sagen, er solle sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern, als er quer durch den Raum auf sie zukam. »Ich werde Ihnen die Burschen vom Halse schaffen, Mrs. Hale«, sagte er leise, »sie fangen an lästig zu werden.«
»Mich stören sie nicht«, versetzte Garnet; aber Ives hatte sich bereits umgedreht. Seine kühle nüchterne Stimme zerschnitt das fröhliche Geplapper.
»Für heut ist’s genug, Boys«, sagte er, »laßt uns jetzt gehen!« Heftige Protestrufe antworteten ihm. Die Boys wollten durchaus noch nicht gehen. Mr. Penrose bat Florinda um einen Kuß. »Schluß, Penrose«, sagte Ives kurz angebunden, »wir gehen jetzt.«
Florinda versetzte Penrose einen kleinen Stoß und glitt vom Tisch herab. »Geht jetzt, Boys«, sagte sie. »Ich denke, wir sind gute Freunde; aber von der Freundschaft zum Küssen ist noch ein kleiner Weg.«
»Vorwärts, raus jetzt!« sagte John Ives.
Sie schickten sich an zu gehorchen, wenn auch widerstrebend. Ives genoß bei ihnen offensichtlich großen Respekt. »Mrs. Hale ist es sicherlich nicht gewöhnt, während der Abwesenheit ihres Mannes so ausgedehnten Herrenbesuch zu empfangen«, sagte er. »Verabschiedet euch jetzt und macht, daß ihr fortkommt!«
Alle drei gingen nun zur Tür, wo sie sich noch einmal mit übertriebener Höflichkeit verbeugten. Silky Van Dorn sagte: »Sie schicken drei zerbrochene Herzen fort, meine Damen.«
Garnet lachte und Florinda winkte ihnen fröhlich mit der Hand. Kaum waren die drei auf der Straße, da begannen sie schon wieder zu singen.
Fünfzehntes Kapitel
John ging nicht gleich. Er schloß die Tür hinter den Abgehenden und sagte: »Ich hoffe, daß die Burschen Sie nicht gar zu sehr störten, Mrs. Hale. Ich werde sehen, daß ich sie zur Fonda bringe. An Ihrer Stelle würde ich die Tür für den Rest des Abends verriegeln.«
Er verbeugte sich und wollte nun gleichfalls das Zimmer verlassen. Florinda hielt ihn zurück. »Sie heißen John mit Vornamen?« fragte sie.
»Ja, Mrs. Grove.«
»Ausgezeichnet, Johnny. Wie wäre es, wenn Sie mich nach Hause begleiteten? Santa Fé scheint heute ein bißchen kopfzustehen.«
»Selbstverständlich, Mrs. Grove«, entgegnete Ives. »Wenn Sie sich noch einen Augenblick gedulden würden. Ich möchte die drei erst sicher zur Fonda bringen, dann komme ich sofort zurück. Guten Abend, Mrs. Hale.«
»Guten Abend«, sagte Garnet.
Ives verließ das Zimmer und Florinda verriegelte, seinem Rat folgend, hinter ihm die Tür. Sie drehte sich ein paarmal um sich selbst und stieß einen Pfiff aus. »Uff! Das war wie in alten Zeiten«, kicherte sie. »Sagen Sie, Garnet, wer ist Ihr zartfühlender Freund?«
Garnet setzte sich auf die Wandbank. »John Ives?« sagte sie; »ich weiß nichts von ihm, außer was ich Ihnen schon sagte. Er ist Olivers Geschäftspartner.«
»Er sieht aus, als hätte seine Mutter ihn in einem Sarg statt in einer Wiege geschaukelt. Aber die anderen sind nette Burschen; finden Sie nicht?«
»Doch, sie gefielen
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