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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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diesmal – Sie wissen ja, wie es anfing: das Witwenkleid und der ganze Schwindel. Er war stolz darauf, eine großartige Eroberung gemacht zu haben. Und ich spielte mit ihm. Ich versetzte ihn in den Glauben, er habe das gebrochene Herz einer trauernden Witwe geheilt. Jetzt hat sich das Blatt gewendet, und was ich anstellte, wendet sich nun gegen mich selbst. Er liebt mich wie ein Jüngling seine erste Liebe. Was um alles in der Welt soll ich nun tun?«
    »Können Sie nicht einfach sagen, Sie liebten ihn nicht?«
    »O Garnet, Sie sind noch so unschuldig.«
    »Ja«, sagte Garnet, »ich glaube, das bin ich.«
    »Er ist überzeugt davon, daß ich ihn liebe«, sagte Florinda. »Ich liebe ihn so sehr, daß ich meine ›gute Erziehung‹ und ›mein ehrenhaftes Leben‹ seinetwegen vergaß und alle Skrupel überwand. Das ist seine Überzeugung. Wenn ich also in seiner Meinung eine anständige Frau bin, die sich aus Liebe an ihn verschenkte, warum sollte ich dann nicht froh und glücklich sein, daß er mich auch nach außen hin wieder zu einer anständigen Frau machen will?«
    »Warum wollen Sie ihm nicht die Wahrheit sagen?«
    Florinda lachte nervös: »Wie denken Sie sich das? Soll ich dem stolzen Helden achthundert Meilen vor der amerikanischen Grenze entfernt sagen, daß ich ihn zum Narren gehalten habe?«
    »Ja, du lieber Himmel, Florinda, er kann Sie doch schließlich nicht allein hier zurücklassen.«
    Florinda lächelte überlegen. »Hören Sie zu, Darling«, sagte sie, »ich bin nicht so gut erzogen wie Sie, aber ich kenne die Männer. Vor allem Männer wie Mr. Bartlett.«
    Sie stand auf und trat vor den Spiegel. Sie löste die seidene Schleife an ihrem Halsausschnitt und knüpfte sie neu. »Mr. Bartlett nimmt sich selber sehr ernst«, sagte sie. »Er meint, sehr klug gehandelt zu haben, indem er in St. Louis seinen guten Ruf aufrechterhielt, während er sich hier draußen wie ein welterfahrener Sünder benahm. Wenn er jetzt feststellen würde, daß ich mir einen Spaß mit ihm erlaubte – nein, danke sehr!«
    »Was also wollen Sie tun?« fragte Garnet.
    Florinda trommelte mit den Fingern gegen den Rahmen des Spiegels. »Ich wollte, ich könnte mit nach Kalifornien gehen«, sagte sie.
    »Wahrhaftig, das wollte ich auch. Ich werde Sie schrecklich vermissen.«
    »Ich könnte das zweifellos fertigbringen«, sagte Florinda. »Für den Fall, daß es mir nicht gelingen sollte, möchte ich beten, daß Silky Van Dorn sich nicht an mich erinnert. Dann gehe ich mit Mr. Bartlett nach Missouri zurück, indem ich scheinbar auf seine Heiratswünsche eingehe.« Sie stieß einen langen Seufzer aus. »Aber was ich auch tun werde, Garnet«, fuhr sie fort, »früher oder später werde ich Bartlett doch sagen, daß ich ihn zum Narren gehalten habe. Ich weiß noch nicht, wie ich dann mit ihm fertig werde. Denn, wie ich schon sagte, Mr. Bartlett läuft sozusagen in einem rosaroten Nebel umher. Und ich bin eine Küchenschabe.«
    »Das sind Sie nicht«, sagte Garnet ruhig.
    Florinda schüttelte den Kopf. »Vielleicht verstehen Sie noch immer nicht, Darling«, sagte sie.
    »O ja, ich verstehe. Ich verstehe sogar sehr gut. Kommen Sie her, Florinda.«
    Florinda kam herübergeschlendert und setzte sich zu ihr auf die Wandbank.
    »Florinda Grove«, sagte Garnet, »warum benehmen Sie sich nicht auch Ihrem Alter entsprechend?«
    Florinda sah sie verdutzt an. Garnet fuhr fort:
    »Offenbar hatte Mr. Bartlett nicht das geringste Mitleid mit der ›unschuldigen jungen Witwe‹, die er verführte.«
    »Mein Gott!« flüsterte Florinda. »Das ist mir nie in den Sinn gekommen.«
    »Nein«, sagte Garnet, »aber mir kam dieser Gedanke schon am ersten Tag, als Sie mir erzählten, wie Sie ihn auf dem Schiff getroffen haben. Vielleicht«, fuhr sie mit einem schüchternen Lächeln fort, »sah ich die Sache so, weil ich ja schließlich selbst eine Frau der Art bin, die Sie zu sein vorgaben. Ich fand, Sie hätten sehr klug daran getan, so zu handeln, wie Sie es taten. Aber ich fand gleichzeitig, Sie hätten diese Rolle gar nicht spielen können, wenn dieser Mr. Bartlett auch nur über einen Funken anständiger Gesinnung verfügte.«
    Florinda beugte sich vor und stemmte die Ellbogen auf die Tischplatte. Sie stieß dabei ihren Nähkorb beiseite, ohne ihn anzusehen.
    »Garnet«, sagte sie, »ich glaube, ich verstehe noch nicht ganz. Drücken Sie sich etwas deutlicher aus.«
    »Nun«, rief Garnet, »dieser ehrenwerte Mr. Bartlett mußte sich doch sagen, daß er

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