Kalifornische Sinfonie
ist.«
»John hat recht, Mr. Hale.« Florindas Stimme klang ruhig, beinahe sanft. »Ich werde nicht eher hier fortgehen. Aber ich werde etwas anderes tun. Ich werde, solange ich hier bin, die beiden Zimmer, die Garnet gehören, nicht verlassen, und zwar unter keinen Umständen und aus keinem wie immer gearteten Grunde. John kann mir alles besorgen, was ich brauche. Ich gehe jetzt zu Garnet zurück, und ich werde diesen Flur nicht wieder betreten, bis ich das Haus mit ruhigem Gewissen verlassen kann.«
»Sind Sie nun zufrieden, Charles?« fragte John.
Während er diese Worte herausstieß, wurde ihm bewußt, daß er die Hand am Pistolenkolben hatte. Er hatte nicht bewußt dorthin gegriffen, aber er war keineswegs überrascht, die Hand dort zu finden; er wußte, daß er durchaus imstande war, Charles über den Haufen zu schießen, wenn dieser Anstalten machen sollte, Florinda aus dem Hause zu werfen. Und Charles wußte sicherlich, daß John dazu imstande war.
Charles sagte, zu Florinda gewandt: »Ist das ein Versprechen?«
»Ja, Sir.«
»Gut. Unter dieser Bedingung mögen Sie hierbleiben.« Charles sprach mit selbstbewußter Herablassung. Florinda sagte so sanft wie vorher: »Sie sind sehr gütig. Ich werde mein Bestes tun, die Zeit, die ich hierbleiben muß, zu verringern. Gute Nacht, Sir.« Sie wandte sich um und ging in das Schlafzimmer zurück, die Tür leise hinter sich schließend. John sagte:
»Gut, Charles. Ich habe nun ein paar unaufschiebbare Besorgungen zu erledigen.« Und ohne Charles’ Antwort abzuwarten, folgte er Florinda in Garnets Zimmer, schloß die Tür hinter sich und verriegelte sie. Er stellte den Wasserkrug auf den Tisch und ging zu Florinda. Florinda stand mit geballten Fäusten und wogender Brust da; ihre Lippen zitterten vor Wut.
John streifte sie mit einem bitteren Lächeln. »Sprechen Sie es ruhig aus, was in Ihnen ist«, sagte er.
Florinda schüttelte den Kopf. Sie sah auf das Bett. Garnet war wieder wach; die Stimmen im Flur mochten sie geweckt haben. »Ich möchte mit Ihnen sprechen«, flüsterte Florinda, zu John gewandt. Sie ergriff seine Hand und zog ihn in das Nebenzimmer. Mit leiser, vor Wut und Grimm bebender Stimme sagte sie: »Will dieser Kerl denn nicht, daß sie wieder gesund wird?«
»Nein«, sagte John.
»Ich habe ihn an das Kind erinnert. Sie hatten mir gesagt, er habe Oliver geliebt.«
»Es wird ihr Kind; verstehen Sie nicht? Er hätte durchaus nichts dagegen, wenn sie so weit wiederhergestellt würde, um das Kind zu gebären, sofern sie dann im Kindbettfieber stürbe. Dann könnte er über Olivers Kind so verfügen, wie er über Oliver verfügte. Kann er das Kind nicht in seinen ausschließlichen Besitz bringen, dann wäre es ihm lieber, es würde erst gar nicht geboren.«
Jetzt sprach Florinda aus, was sie auf dem Herzen hatte; es sprudelte ihr in einer Blütenlese eigentlich unaussprechlicher Vokabeln über die Lippen. John lächelte grimmig: »Fühlen Sie sich nun besser?«
»Nicht viel, John. Mein Gott! Sagen Sie, was ist mit diesem Mann los? Ist er vielleicht nicht richtig hier oben?« Sie griff sich an den Kopf.
»Ich weiß nicht, ob es der Kopf ist oder das Herz oder vielleicht nur die Leber. Ich weiß nur, daß er so ist und immer so war.«
Florinda stand einen Augenblick wie in Gedanken versunken. Dann warf sie mit einer herrischen Bewegung den Kopf zurück. Sie stieß Charles aus dem Raum ihrer Vorstellung heraus. »John«, sagte sie, »es ist schlimm mit Garnet. Wir werden schwere Mühe haben, sie über den Berg zu bringen.«
»Sollen wir jetzt zu ihr zurückgehen?«
»Ja. Aber verhalten Sie sich ganz ruhig, bis ich sie wieder zum Einschlafen gebracht habe.« Sie betraten leise das Schlafzimmer. Garnet warf sich unruhig hin und her. Florinda setzte sich neben sie und begann ihr sacht die Stirn zu streicheln. Ihre Finger fuhren ihr mit kaum spürbarem Druck kreuz und quer über Stirn und Schläfen und verloren sich bis in das Haar. Garnet versuchte zu sprechen: »Wie hat er Sie – vorhin – genannt?«
»Eine kichernde Dirne, mein Schatz. Ganz hübsch ausgedrückt für einen Mann wie ihn. Ich glaube nicht, daß er viel in der Welt herumgekommen ist.«
»Florinda – oh! – er – er hat Sie –; ein leiser Seufzer kam aus Garnets Kehle herauf und erstickte ihre Worte. Ein Hustenanfall folgte; in ihrem Mundwinkel erschien ein winziger Blutstropfen. Florinda wischte ihn mit dem feuchten Tuch weg.
»Sprechen Sie jetzt nicht mehr, Garnet«,
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