Kalifornische Sinfonie
werden wieder gesund werden, Garnet«, sagte sie, »und Sie werden Ihr Kind haben und auch behalten.« Sie erhob sich mit Anstrengung. »Und nun will ich Ihnen noch etwas sagen.«
»Ja?«
Florinda sagte: »Ich kann Sie nicht nach Hause bringen. Aber ich kann Sie aus diesem Haus herausbringen, sobald Sie es verlassen können und wollen. Wie ist es: würden Sie mit mir nach Los Angeles kommen?«
Garnet starrte sie an. »Sie meinen, ich könnte bei Ihnen wohnen?« flüsterte sie. Sie keuchte vor Anstrengung. »Ich brauche nicht hier – bei Charles – zu bleiben?«
»Verdammt will ich sein, wenn Sie es müssen«, sagte Florinda. »Wollen Sie mit mir kommen?«
»Ob ich will? O Florinda!«
»Damit wäre es abgemacht«, sagte Florinda.
»O Liebe«, Garnet strich ihr über das Haar; »ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr es mich danach verlangt, hier herauszukommen. Ach Florinda, – laß mich du sagen, sag du zu mir, Liebe; du bist so gut zu mir!«
»Ich bin gar nicht gut«, sagte Florinda. »Aber ich sage gern du zu dir. Und jedenfalls wird es für mich eine große Freude sein, dich bei mir zu haben.«
Garnet seufzte. Die Erleichterung stand auf ihrem Gesicht. Aber dann schienen Zweifel über sie zu kommen. »Aber, Florinda –, begann sie tastend.
Florinda hob den Kopf. »Ja – was ist noch?«
»Das – Kind.«
»Was ist mit dem Kind? Es wird geboren werden, und wir werden gemeinsam dafür sorgen.«
»In einem – Barbetrieb?«
»Ja, du heiliger Christ! Du brauchst es ja nicht mit Whisky zu füttern. Du wirst vermutlich Milch genug haben. Und ich werde dir zeigen, wie man ein Baby pflegt.«
»Oh, – verstehst du etwas davon? Das ist wunderbar. Ich weiß nichts. Und ich – ach, Florinda, ich habe Angst – vor dem Ganzen.«
»Natürlich hast du Angst, Darling. Es wäre sonderbar, wenn du keine hättest. Aber du hast keinen Grund dazu. Ich meine das wirklich so. Es ist keine Sache, vor der man Angst haben müßte, im Gegenteil: es ist wunderbar. Wie lange ist das Kind jetzt unterwegs?«
»Ungefähr vier Monate wohl.«
»Dann wirst du schon bald spüren, wie es sich bewegt. Du wirst ganz kleine, winzige Stöße spüren, aber in diesem Augenblick wird das Kind nicht mehr länger ein Gedanke sein. In diesem Augenblick wirst du fühlen: es ist ein Mensch. Und du wirst lächeln und glücklich sein und das winzige Menschlein in deinem Leib lieben. Die kleinen Stöße werden mit der Zeit heftiger werden; du wirst spüren, wie das Kind strampelt.«
»Wird das – sehr weh tun?«
»Nicht im geringsten. Aber es ist aufregend. O Garnet, es ist wirklich so, wie ich es dir sage, ich sage das nicht nur, um dir Mut zu machen. Am Ende wird es dann –
»Doch furchtbar weh tun, nicht wahr?«
»Wie? Nun ja, das wird es schon, aber du wirst das leicht aushalten, denn du bist zäh wie ein Pony. Und wenn das Kind dann da ist, wird es dir nicht das geringste ausmachen, ob es dir vorher Schmerzen verursacht hat oder nicht. Das Kind ist zunächst so klein, du wirst es gar nicht für möglich halten, daß ein lebendiges Menschenkind so klein sein kann, aber es hat Hände und Füße und ein Gesicht, ein sonderbar verschrumpeltes, winziges Gesichtchen. Du wirst das Kind an deine Brust legen, und das Gefühl, das du dann hast, ist mit nichts anderem auf Erden vergleichbar. Ich kann es dir nicht beschreiben, niemand kann das, aber du wirst es selbst empfinden. Du wirst denken: es ist alles richtig und gut und wunderbar.«
»Florinda?«
Garnet hatte versucht, sich auf ihre Ellbogen zu stützen, aber sie war noch zu schwach. So lag sie denn da und starrte in Florindas tiefblaue Augen, ungläubiges Staunen im Blick. Sie sah die Schatten der Übermüdung unter den Augen, vertieft durch das schwache Lampenlicht. »Florinda«, flüsterte Garnet, »hast du ein Kind gehabt?«
»Ja«, sagte Florinda.
»Aber du hast nie ein Wort davon gesagt, hast bis zu dieser Minute nicht mit einer Silbe davon gesprochen.«
»Nein. Aber ich hatte ein Kind. Und deshalb werde ich dir helfen können, wenn es soweit ist. Ich weiß, was in solchen Fällen zu tun ist.«
»Aber dein Kind?« stammelte Garnet. Sie war ob des eben Erfahrenen noch so verblüfft, daß sie fast ihr eigenes Kind darüber vergessen hätte.
»Es war ein Mädchen«, sagte Florinda. »Möchtest du lieber ein Mädchen oder einen Jungen?«
»Ich weiß nicht. Es ist ganz egal. Wo ist dein kleines Mädchen, Florinda?«
»Es ist tot. Dein Kind wird nicht sterben. Du wirst nicht
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