Kalifornische Sinfonie
Lagerraum legen lassen? Ich meine, Silky müßte wissen, daß ich seinen Schnaps nicht austrinken würde.«
»Aber warum, zum Teufel, willst du im Lagerraum schlafen?«
»Florinda, du hast dich wundervoll benommen«, sagte Garnet, »aber ich kann schließlich nicht dauernd das Schlafzimmer mit dir teilen. Du verstehst –
»Nicht das Geringste verstehe ich. Warum um alles in der Welt, willst du mit mir nicht mehr das Zimmer teilen? Du bist mir nicht im geringsten im Wege.«
»Aber – um Himmels willen – stell dich doch nicht so entsetzlich dumm. Ich meine – ich meine Silky. Er wird schließlich –
Florinda sah sie verwirrt an und ließ langsam die Bürste sinken. Plötzlich begann sie zu lachen. »Oh, ich dreibeiniger Indianer!« rief sie, »ich scheine einen Holzklotz zu haben, wo anderen Leuten der Kopf sitzt. Garnet, es tut mir leid. Ich hatte keine Ahnung, daß dich das beschäftigte. Aber du irrst dich, mein Süßes. Du irrst dich gründlich. Zwischen Silky und mir besteht nichts dieser Art.«
Garnet setzte sich im Bett auf. »O Florinda«, flüsterte sie, »vergib mir!«
Aber Florinda lachte einstweilen noch; sie schüttelte sich vor innerer Heiterkeit. »Es ist ja meine Schuld«, kicherte sie schließlich, »ich hätte dir das von Anfang an sagen sollen. Ich dachte wahrscheinlich, ich hätte es dir gesagt. Erwähnte ich nicht, daß es sich zwischen Silky und mir um eine rein geschäftliche Abmachung handele?«
»Ja«, stotterte Garnet befangen, »aber ich habe das wohl – falsch verstanden«, sie fühlte, wie ihre Wangen sich röteten. »O Florinda«, flüsterte sie, »werde ich rot?«
»Ja, es scheint so; aber du hast nicht die geringste Veranlassung, rot zu werden.« Florinda fuhr fort, ihr Haar zu bürsten. »An sich ist es ganz natürlich, daß du so dachtest«, sagte sie, »die meisten Gäste hier denken wahrscheinlich dasselbe. Und ich lasse sie auch bei dem Glauben. Ich kriege ohnehin Tag für Tag zu hören, was du ›unanständige Anträge‹ nennen würdest; da ist es schon einfacher, die Kerle bei der Meinung zu lassen, Silky würde sie über den Haufen schießen, wenn ich zu einem dieser Anträge ja sagte. Ich bilde mir nicht ein, daß ich mit Engelsflügeln oder dergleichen dafür bedacht werde, daß ich nicht mit Silky schlafe; aber es ist nun einmal so. Hör zu, ich will dir genau sagen, wie es ist: Ich bin nicht Silkys Geliebte und ich arbeite auch nicht für ihn. Ich bin an diesem Etablissement beteiligt; es gehört mir zur Hälfte.«
Garnet stieß unwillkürlich einen Überraschungsruf aus. »Das hätte ich nie gedacht«, sagte sie.
»Wir haben das Haus hier von Mr. Abbott gemietet«, fuhr Florinda fort. »Silky hatte hier schon mit einem netten kleinen Betrieb begonnen, aber er wollte sich vergrößern. Wir sprachen das miteinander durch, als er zu Kerridge’s Ranch heraufkam. Und dann beteiligte ich mich an dem Unternehmen. Verstanden?«
Garnet nickte.
Florinda lächelte. »Nun fragst du dich natürlich, wo ich das Kapital herhabe«, sagte sie. »Du bist nur zu höflich, nicht danach zu fragen. Deshalb will ich es dir sagen. Erinnere dich: als ich Oliver in New Orleans das Geld gab, damit er die Fahrkarte nach St. Louis kaufte, da nahm ich es aus einem Beutel, den ich an meinem Korsett angenäht hatte.«
»Ja, es fällt mir ein.«
»Gut. Dieser Beutel war meine Bank. Ich hatte mich zwar in New Orleans zunächst ziemlich sicher gefühlt, aber ich war doch immer darauf vorbereitet, schnell abreisen zu müssen, wie es dann ja auch geschah. Deshalb hatte ich mir an jedes Korsett einen Beutel genäht und jeden Morgen tat ich in diesen Beutel alles, was ich an Geld und Juwelen besaß.«
»Du bist sehr klug«, sagte Garnet bewundernd.
»Oh, nicht immer. Aber ich lernte es mit der Zeit, klug zu werden. Mein Leben hat mich etwas gelehrt, und diese Lektion habe ich mir zum eisernen Grundsatz gemacht: Sorge, daß du nie ohne Geld bist! Geld ist das wichtigste Ding auf Erden.«
Garnet lächelte und zog gleichzeitig die Stirn in Falten. »Nein«, sagte sie nach einer Weile, »nein, Florinda, das ist es nicht.«
»Was ist dann das Wichtigste?«
»Ich weiß es nicht. Es ist dies eins der Dinge, die ich noch herausfinden muß. Aber Geld ist es nicht.«
In Florindas Gesicht stand ein überlegen nachsichtiges Lächeln. Sie nahm Garnets Geldbörse auf, die auf der Wandbank lag. Sie lag dort seit dem Nachmittag, da Garnet Isabel für das Umändern der Trauerkleider Geld gegeben
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