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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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schienen ihr nicht das geringste auszumachen; sie quittierte sie allenfalls mit gutmütigem Spott. Florinda hatte sich so lange mit Dingen, die ihr nicht gefielen, herumschlagen müssen, daß sie darüber eine harte und kühle Heiterkeit gewonnen hatte, die sie gleich einer Schale umgab.
    »Ich bewundere dich maßlos«, sagte Garnet eines Nachts, als sie schon etwa zwei Wochen in Los Angeles weilte, »und außerdem beneide ich dich.«
    »Worum?« fragte Florinda, ihre Schultern abreibend. Sie hatte sich einen Eimer warmes Wasser mit heraufgebracht und stand nun vor dem Waschständer und wusch sich. Es war bereits gegen ein Uhr morgens; die Straßen – wenn man hier von Straßen reden wollte – waren ruhig. Florinda leerte die Schüssel aus und füllte sie mit frischem Wasser. »Komm, sei ein Engel und wasch mir den Rücken«, sagte sie. Und als Garnet den Waschlappen ergriffen hatte: »Was wolltest du damit sagen?«
    »Ich bewundere dich der Haltung wegen, mit der du dieses Leben erträgst«, sagte Garnet. »Schon der Ort hier allein. Du mußt ihn ebenso entsetzlich finden wie ich. Aber du sagst es nie.«
    Florinda lachte. »Nun, meine Liebe, es ist hier nicht gerade das, was ich mir erträumte, als ich in Max Durens Schenke in Pearl Street die Spucknäpfe aufwusch«, sagte sie. »Aber ich bin dort herausgekommen und eines Tages werde ich auch hier wieder herauskommen. Denn ich gehöre nicht zu den Mädchen, die sich mit Dingen, die ihnen nicht gefallen, einfach abfinden.« Sie warf Garnet einen strahlend blauen Blick über die Schultern zu. »Du gehörst ebensowenig dazu, Darling.«
    Garnet lächelte zustimmend. Sie nahm das Handtuch und begann Florindas Rücken abzutrocknen. »Nein«, sagte sie, »ich werde ganz gewiß nicht in diesem elenden Dorf bleiben, ohne wenigstens zu versuchen, herauszukommen. Aber bis dahin – ach, Florinda, hast du nicht schon einmal das Bedürfnis verspürt, dich in einer Ecke zusammenzurollen und hemmungslos zu weinen?«
    »Doch, das habe ich wohl. Aber sage selbst: was wäre dadurch geändert? Und du wirst auch nicht weinen, nicht wahr?«
    Garnet hängte das Handtuch an den Ständer und streckte sich wieder im Bett aus. Florinda begann sich die Beine zu waschen.
    »Schau, Liebe«, fuhr sie fort, »wir sitzen hier in einer greulichen Spelunke. Zugegeben. Aber wir werden deswegen nicht weinen. Nicht, weil wir darüber erhaben wären, sondern weil wir zu klug sind, um unnütz unsere Kräfte zu verschwenden.« Sie wandte sich um und schickte Garnet ein kleines kluges Lächeln. »Und noch aus einem anderen Grunde werden wir es nicht tun«, sagte sie, »weil wir nämlich an zwei Orte denken können, die schlimmer sind als dieses Haus hier in dem lausigen Los Angeles. Ich denke an das New Yorker Staatsgefängnis und an das Haus des ehrenwerten Mr. Charles Hale. Habe ich recht?«
    Garnet lachte kurz auf. »Wahrhaftig«, sagte sie, »das hast du.«
    Florinda war mittlerweile mit der Reinigung ihrer Füße beschäftigt. Sie stand auf dem linken Bein und hatte das in Brusthöhe angehobene rechte in der Waschschüssel stehen. Die jahrelangen Tanzübungen hatten sie biegsam und gelenkig wie ein Baby gemacht. Garnet sah ihr zu und seufzte vor Neid. »Was meinst du: ob ich je wieder so gelenkig werde?« sagte sie.
    »Oh, gewiß; warum denn nicht?« versetzte Florinda. »Ich weiß genau, wie du dich jetzt fühlst. Du hast Schwierigkeiten, dir allein die Schuhe anzuziehen, und du fragst dich, ob du je wieder imstande sein wirst, ein Korsett zuzuschnüren. Aber ich sage dir, du wirst deine schlanke Figur wiederbekommen. Und wenn es erst soweit ist, dann –; sie machte eine weit ausholende Geste, die Los Angeles und das ganze Land Kalifornien einschloß – »dann wird alles das hier sehr viel leichter für dich zu ertragen sein.« Garnet runzelte die Stirn und biß sich auf die Unterlippe. »Hast du sonst noch etwas auf dem Herzen?« fragte Florinda.
    »Ja«, antwortete Garnet, »etwas, das ich dich schon fragen wollte, solange ich hier bin.«
    »Also. Sage es.« Florinda goß das Seifenwasser in den Spüleimer, steckte die Füße in leichte Hausschuhe und zog ihr Nachthemd an. Danach setzte sie sich auf die Wandbank und begann ihr Haar zu bürsten. Garnet sah über das Bett hinweg und strich mit der Hand über die Bettdecke.
    »Florinda«, sagte sie, »wie lange wirst du mich hier bei dir behalten können?«
    »Warum? Solange du willst, natürlich.«
    »Könntest du mir nicht eine Matratze in den

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