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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Bar wurden die Vorgänge gerade von amerikanischen Gästen scharf kritisiert. Sie versicherten den eingesessenen Bewohnern von Los Angeles immer wieder, daß sie mit den Herumlungerern im Norden des Landes nicht das geringste zu tun hätten und daß Frémont selbst in erhebliche Schwierigkeiten geraten würde, wenn er sich nicht bald entschlösse, nach Oregon zurückzukehren. Silky und Florinda berichteten Garnet halb amüsiert und halb verärgert von den Unterhaltungen in der Bar. Garnet zeigte sich empört. Sie fühlte sich müde und schlapp; in wenigen Wochen erwartete sie ihr Kind; sie fand, daran allein hätte sie gerade genug zu tragen. »Was meinen Sie?« fragte sie Silky erregt, »werden wir auch Schwierigkeiten bekommen, nur weil wir Amerikaner sind?«
    Silky, der eben dabei war, die Kontobücher einer genauen Durchsicht zu unterziehen, zupfte an seinem Schnurrbart und schüttelte den Kopf. Wenn Silky rechnete, war er immer todernst. »Ich glaube nicht, daß wir uns Sorgen machen müssen, Mrs. Hale«, sagte er. »Die Angelesen mögen uns. Sie kommen jeden Abend hierher, um ihren Wein zu trinken und Monte zu spielen. Sie kennen Männer wie Abbott und mich und alle anderen von uns. Wir haben samt und sonders mit den Krakeelern da oben im Norden nichts zu tun.«
    Garnet atmete auf und ging zu ihrer Näharbeit zurück. Silky fuhr fort, seine Gewinnziffern durchzurechnen. Er war in heiterer Stimmung; das Geschäft ging gut. Sein zufrieden glänzendes Gesicht erinnerte Garnet daran, daß sie noch keine Vorsorge getroffen hatte, ihre eigenen Ausgaben zu bezahlen. Sie hatte Florinda gegenüber geäußert, daß sie für Unterkunft und Verpflegung in Silkys Haus zu bezahlen gedenke. »Warum?« hatte Florinda gefragt; »es verlangt niemand etwas von dir. Du kostest ja auch so gut wie nichts. Das Fleisch beispielsweise ist hier so billig, daß alles, was du essen könntest, keinen Dollar im Monat kosten würde.« Aber Garnet bestand darauf, das, was sie verbrauchte, bezahlen zu wollen. Und sie wußte sehr wohl: Silky und Florinda waren gleicherweise nur an einem interessiert: sie wollten Geld verdienen und möglichst schnell reich werden; sie würden am Ende keineswegs darauf bestehen, gutes Geld, das ihnen geboten wurde, zurückzuweisen. Außerdem, sie erwartete ein Kind, und sie war überzeugt, bare Bezahlung ihres Verzehrs würde in Silkys Meinung erheblich die Frage beeinflussen, ob es sich bei diesem Kind um ein schreiendes Balg oder um einen süßen kleinen Engel handelte.
    Garnet beschloß deshalb, noch vor der Geburt des Kindes Mr. Abbott aufzusuchen, um ihre Geldangelegenheiten in Ordnung zu bringen. Als sie an diesem Abend ihre Figur im Spiegel betrachtete, dachte sie, daß es ihr unter früheren Verhältnissen in New York nie eingefallen wäre, sich in solchem Zustand auf die Straße zu begeben und den Blicken anderer Leute auszusetzen. Hier lagen die Dinge anders. Kalifornische Frauen, die ein Kind erwarteten, gingen unbekümmert wie immer über die Straße, und kein Mensch nahm Notiz von ihnen. Hier lag also kein Hinderungsgrund. Und deshalb würde sie morgen Mr. Abbott aufsuchen; Florinda würde sie gewiß begleiten, um ihr den Weg zu zeigen.
    Die Vorstellung, daß sie künftig selbst für ihre Vermögensverhältnisse verantwortlich sei, gab ihr ein Gefühl der Unsicherheit. Sie mußte sich eingestehen, daß sie nichts von diesen Dingen verstand. Zu Hause hatte ihr Vater ihr ein Taschengeld gegeben. Oliver hatte sich in Geldangelegenheiten immer großzügig gezeigt. Schon in New Orleans hatte er ihr, wenn sie den Wunsch äußerte, Einkäufe zu machen, schweigend einen oder zwei Scheine aus seiner Brieftasche gegeben. In Santa Fé hatte er ihr, kaum daß sie angekommen waren, eine Handvoll mexikanischer Münzen zugesteckt, bevor sie noch auf den Gedanken gekommen war, ihn darum zu bitten. Seit sie in Kalifornien war, hatte für sie noch keine Notwendigkeit, Geld auszugeben, bestanden, bis auf die paar Münzen, die sie Isabel für ihre Näharbeiten gezahlt hatte. Sie hatte Florinda angeboten, den Stoff für die Babywäsche zu bezahlen; aber Florinda hatte erklärt, das sei bezahlt; sie habe Mr. Abbott veranlaßt, Olivers Warenkonto mit dem Betrag zu belasten. Florinda verstand mit Geld umzugehen. Sie hatte Garnet gesagt, was sie Isabel für die Näharbeit bezahlen solle. Sie fand sich auch mit dem in Kalifornien üblichen Verrechnungswesen, mit dieser heillosen Mischung von Tierhäuten, Geldmünzen und

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