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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Bar.
    Sie unterhielten sich über das vermutliche Schicksal des Oberstleutnants Frémont, hielten aber die Augen dem Lokal zugewandt, um gegebenenfalls beim Ausbruch neuerlicher Streitigkeiten sofort eingreifen zu können. Garnet sah nach der Ecke hinüber, wo Texas saß. Texas war offenbar eingeschlafen; sein Kopf lag in der Beuge des auf der Tischplatte ruhenden Armes. Es war zwar halbdunkel in der Ecke dort, doch fiel ein Lichtstrahl gerade auf Texas’ Gesicht. Wenn doch José käme, um ihn nach Hause zu bringen! dachte Garnet.
    Sie hörte flüchtig, was Major Lyndon und Captain Brown miteinander sprachen. Danach hatte General Kearny Monterey verlassen und war nach Fort Leavenworth marschiert. Die Geschäfte des Militärgouverneurs von Kalifornien führte im Augenblick Colonel Mason. Frémont hatte den Befehl bekommen, den General nach Fort Leavenworth zu begleiten. Jedermann nahm als selbstverständlich an, daß der widerspenstige Offizier dort vor ein Kriegsgericht gestellt würde.
    »Wieviel Männer hat der General mitgenommen?« fragte Captain Brown.
    »Ich bin nicht ganz sicher«, entgegnete der Major. »Aber ich weiß, daß er auch mehrere Angehörige von Frémonts altem Expeditionskorps mitgenommen hat.«
    »Als Zeugen?« fragte Captain Brown.
    »Höchstwahrscheinlich.« Captain Brown schüttelte den Kopf.
    Die beiden Offiziere waren schon öfter in der Bar gewesen, aber sie hatten immer nur sehr wenig getrunken. Major Lyndon war ein breitschultriger, untersetzter Mann mit grauem Bart und dunklem Haar, das an den Schläfen zu ergrauen begann. Brown, erheblich jünger, wohl kaum aus den Dreißigern heraus, war ein kräftiger, muskulöser Mann mittlerer Größe. Er hatte dunkle Augen, gute Zähne und ausgezeichnete Manieren. Mit Garnet hatte er noch nie ein überflüssiges Wort gesprochen, aber Garnet fand, daß er recht sympathisch sei und ihr möglicherweise gefallen könnte. Als sie zufällig zu ihm hinüberblickte, sah sie, daß er die Hand hob, um einem Mann, der eben das Lokal verließ, einen Abschiedsgruß zuzuwinken. Er sagte dabei noch irgend etwas von einer Verabredung für den nächsten Tag. Die Tür schloß sich, und Captain Browns erhobene Hand blieb in der Luft hängen. Er starrte auf einen Winkel nahe der Tür.
    »Was ist los, Brown? Sehen Sie einen Geist?« fragte Major Lyndon.
    Beim Klang der Stimme kam der Captain zu sich; er stellte seinen Becher auf die Theke, ohne hinzusehen, so daß er beinahe heruntergeglitten wäre – Garnet fing ihn eben noch auf – und starrte immer noch in die halbdunkle Ecke neben der Tür.
    »Ja«, sagte er dann, »kommt mir wahrhaftig wie ein Geist vor. Sehen Sie da hinüber, Lyndon. Sehen Sie sich das Individuum da an. Den Mann, der den Kopf auf dem Arm und den Arm auf dem Tisch liegen hat.«
    Garnet war es, als versetze ihr jemand einen Schlag. Da war es also! Eigentlich hatte sie immer damit gerechnet, daß Ähnliches eines Tages geschehen werde. Armer Texas! dachte sie; er glaubte doch, seine Vergangenheit hinter sich gelassen zu haben.
    Major Lyndon wandte den Kopf; seine Augen folgten dem Blick des Captains. Plötzlich stieß er einen keuchenden Laut aus, seine Stimme klang rauh vor innerer Erregung. Er sagte: »Mein Gott, Brown, es ist doch nicht etwa –? – Aber das ist doch nicht möglich.«
    »Doch«, entgegnete Brown. »Er ist es. Es ist ohne jeden Zweifel Ernest Conway.«
    Die Augen der beiden Männer begegneten sich. Sie schüttelten die Köpfe und blickten wieder zu Texas hinüber. Auch Garnet ließ ihren Blick hinübergleiten. Sie sah das verwilderte Haar, den zottigen Bart, den halb offenstehenden Mund, das befleckte Hemd, die nicht eben sauberen Hände da drüben auf dem Tisch; sie sah dieses ganze traurige, hilflose, betrunkene Etwas, wie es regungslos auf der Wandbank hockte. Major Lyndon stieß einen Laut aus, der erkennen ließ, daß ihn vor dem Anblick des Betrunkenen ekelte. »So«, sagte er, »das also ist aus ihm geworden.« Er schüttelte sich unwillkürlich. »Verdammt, Brown!« raunte er, »ich dachte, er sei tot.«
    »Ich wünschte, er wäre es«, versetzte Brown. »Wenn ich bedenke: Der glänzendste, liebenswürdigste –, o Teufel, Lyndon! Ich könnte heulen.«
    Seine Stimme verriet die innere Erregung, aber weder Ekel noch Verachtung: Trauer und Schmerz schwangen darin. Er fühlt ähnlich wie ich, dachte Garnet; der Zustand des Mannes jammert ihn, und er weiß, das müßte nicht so sein. Er begreift es nicht, aber er ist

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