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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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sich vor das Kind«, sagte sie, »damit es nicht sieht, wie ich mich ausziehe.« Sie zog den Rock aus, nestelte den obersten Unterrock los und reichte ihn dem Captain. Der beugte sich über den Schwerverletzten. Sie hörte, wie der Stoff des Unterrocks unter seinen Händen zerriß. »Kann ich helfen?« fragte sie.
    »Nein, danke. Das wird vorhalten, bis der Arzt aus der Unterkunft hier ist. Ich schicke gleich einen Soldaten hin, um ihn holen zu lassen. Ich habe dann noch ein paar Anordnungen zu treffen, und anschließend werde ich Sie selbst nach Hause bringen.«
    Garnet, die ihren Rock inzwischen wieder angezogen hatte, zog Stephen zu sich heran, kniete sich am Bett nieder und legte eine Hand auf Texas’ Stirn. Seine Kopfhaut war feucht vom Schweiß. Als er die Berührung ihrer Hand fühlte, begannen seine Augenlider zu flattern, seine Lippen bewegten sich, aber es kam kein Wort heraus. Es war, als hätte er alle seine Kräfte verbraucht. »Ich werde immer an Sie denken, Texas«, flüsterte Garnet, »immer, solange ich lebe. Und ich werde dafür sorgen, daß auch Stephen Sie nicht vergißt.«
    Texas lächelte schwach; sie strich ihm das schweißnasse Haar aus der Stirn.
    Sie hörte Captain Brown draußen seine Befehle geben. Es waren jetzt etwa ein Dutzend Soldaten im Haus. Die Sache mußte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen haben; vielleicht waren sie hergeschickt worden, um Ordnung zu schaffen. Sie hörte Captain Brown anordnen, daß niemand außer dem Militärarzt das Haus betreten dürfe. Alles, was der Verletzte noch äußerte, solle notiert werden. Er befahl einem Soldaten, die Wache an Texas’ Bett zu übernehmen, und zwei anderen, die Leiche des Erschossenen fortzuschaffen. Dann kam er selbst wieder zurück.
    »Ich werde Sie jetzt nach Hause bringen, Mrs. Hale«, sagte er.
    »Ja«, flüsterte Garnet, »danke.« Er reichte ihr die Hand, und sie erhob sich, Stephen auf den Arm nehmend. »Ist das Ihre Bibel?« fragte Brown, das Buch von der Wandbank aufnehmend.
    »Ja. Aber lassen Sie sie hier. Vielleicht verlangt Texas danach.«
    Er sah mit einem Blick schmerzlicher Trauer auf das Bett. Texas lag mit geschlossenen Augen, seine Brust bewegte sich kaum beim Atmen. »Ich glaube nicht, daß er noch lesen kann«, flüsterte der Captain; »lassen Sie uns nun gehen.«
    Sie nickte; es würgte sie im Hals; sie trat noch einmal dicht an das Bett heran. »Texas«, sagte sie leise, »leben Sie wohl. Ich danke Ihnen, Texas. Sie sind ein sehr guter Mensch!«
    Er antwortete nicht, und er rührte sich auch nicht. Captain Brown ergriff sie sanft am Arm und ging mit ihr hinaus. In der kleinen Vorhalle standen fünf, sechs Mädchen herum, die sie aus weit offenen Augen anstarrten. Dann traten sie auf die Straße. Gruppen von Menschen standen vor dem Haus und flüsterten aufgeregt. Als sie den Captain erblickten, gaben sie den Weg frei.
    Sie gingen nebeneinander durch die Straßen. Garnets Füße waren schwer wie Blei. Der Saum ihres Rockes hatte Blutflecke; ihre Tat lag wie ein Gewicht auf ihrer Seele. Stephen schien ihr plötzlich so schwer wie eine Tonne. Die Sonne drohte ihr das Hirn auszudörren. Sie hatte das Gefühl, keine Luft zu bekommen und jeden Augenblick ersticken zu müssen. Sie spürte, wie der Schweiß in Strömen an ihr herunterfloß. Der Staub flimmerte; vor ihren Augen war ein silbriger Nebel.
    »Soll ich Ihnen nicht lieber das Kind abnehmen?« fragte der Captain.
    Sie schüttelte den Kopf. »Er ist so verwirrt«, flüsterte sie, »er würde wieder schreien.« Sie vermochte nur stoßweise zu sprechen.
    Der Weg durch den glühenden Sonnenglast schien ihr endlos, obgleich in Wirklichkeit kaum zehn Minuten vergingen, bis sie die Bar erreichten. Der Captain führte sie um das Haus herum zu der in die Küche führenden Seitentür. Die Tür war verschlossen. Auf sein Klopfen erschien Micky, der höflich und liebenswürdig wie immer lächelte. Garnet hörte Isabels Stimme; Isabel dankte dem Himmel mit lauten Worten dafür, daß dem Kind nichts passiert sei. Sie kam herbei und nahm es Garnet aus den Armen; Garnet ließ die schmerzenden Arme sinken.
    Gleich darauf betrat Florinda die Küche; sie reichte Captain Brown die Hand und schüttelte sie.
    »Captain«, sagte sie, »Sie sind ein prachtvoller Kerl. Ich habe das übrigens immer gewußt; fragen Sie Garnet. Darf ich Ihnen ein Glas Whisky auf Kosten des Hauses anbieten?«

Das Angebot drückte das größte Kompliment aus, das Florinda jemals einem Manne gemacht

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