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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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hatte; aber Captain Brown lehnte es ab. Er müsse leider sogleich zum Tatort zurück, um die Untersuchung des Vorfalls zum Abschluß zu bringen, sagte er.
    Garnet verstand nur halb, was er sagte. Sie sank halb betäubt vor innerer und äußerer Erschöpfung auf die Wandbank nieder. Der Captain trat dicht neben sie. »Ich komme später zu Ihnen, um Sie zu vernehmen, Mrs. Hale«, sagte er. »Ich muß Ihnen leider befehlen, das Haus bis auf weiteres nicht zu verlassen. Ich kann Ihnen auch nicht gestatten, die Arbeit an der Bar aufzunehmen, bis ich selbst das Verbot wieder aufhebe. Schließlich ersuche ich Sie, die Vorgänge im Hause der Estelle bis zu meiner Rückkehr mit niemand zu besprechen. Sie haben mich verstanden?«
    »Ja«, flüsterte Garnet. Sie brachte es sogar fertig, ihm dabei ins Gesicht zu sehen.
    Der Captain lächelte leicht und legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. »Das alles hat weiter nichts zu bedeuten«, sagte er, »Sie brauchen nichts zu befürchten.«
    Während er sich von ihr entfernte und zu Florinda hinüberging, bohrte ein Gedanke in Garnets Kopf. Es mußte noch etwas getan werden, und zwar sogleich. Ich muß das jetzt tun, dachte sie, ich weiß nicht, wie lange meine Kräfte noch vorhalten; vielleicht kann ich es später nicht mehr. Sie habe nichts zu befürchten, hatte Brown gesagt, aber Brown wußte ja nichts von dem Papier, das sie dem Erschossenen aus der Hand genommen hatte. Charles war tot, aber das Papier existierte noch. Es mußte aus der Welt geschafft werden. Vielleicht bestand Charles’ Witwe darauf, daß ihr das Kind ausgehändigt würde, um die Nutznießung seines Vermögens behalten zu können. Das Dokument mußte weg; sie spürte das zusammengeknüllte Stück Papier zwischen ihren Brüsten. Der Captain hatte das Haus verlassen. Garnet erhob sich und ging zum Herd. Es war nur noch ein bißchen glimmende Asche auf dem Rost. Bei der Hitze ließ man den Herd nach dem Kochen ausgehen. Sie stocherte vorsichtig in der Asche und legte den Papierknäuel auf die Glut. Es fing Feuer und verbrannte mit heller Flamme über der Asche.
    Garnet hockte auf der Erde und sah die kleine Flamme verlöschen. Aus! dachte sie, aus! Nun ist alles egal. Sie hatte das sonderbare Gefühl, ihre Seele hätte sich vom Körper gelöst und schwebe frei im Raum.
    Dann fühlte sie, wie sich ein Arm auf ihre Schulter legte; gleichzeitig brannte ihr etwas auf der Zunge. Florindas Stimme flüsterte hinter ihr: »Trink! Es wird dir guttun!« Kognak! dachte Garnet und schluckte. O ja, das tat gut; sie spürte, wie ihre Kräfte zurückkamen. »Was ist denn?« flüsterte sie.
    »Du hast mir einen Schreck eingejagt, Darling«, sagte Florinda. »Du warst schon ganz grün im Gesicht.«
    Garnets Blick fiel auf den Tisch. Dort saß Isabel. Sie hatte Stephen auf dem Schoß und fütterte ihn. Stephen schien restlos glücklich.
    Garnet sah auf ihre Hände; sie zitterten nicht. Damit habe ich ihn erschossen, dachte sie. Sie wartete, als müsse sich jetzt eine Stimme in ihr melden, aber die Stimme meldete sich nicht. Sie bereute ihre Tat nicht. Sie konnte nichts anderes denken als: Gott sei Dank, ich bin mit ihm fertig. Er kann mir nichts mehr tun.
    Sie wandte den Kopf und sah in Florindas Augen. Florinda hatte ein wissendes, verstehendes Lächeln auf dem Gesicht.
    »Weißt du –?« flüsterte Garnet.
    »Sprich nicht«, sagte Florinda. »Ich weiß, daß Charles Hale tot ist und daß Texas gesagt hat, er habe ihn erschossen. Und Captain Brown hat gesagt, du dürftest über die ganze Sache nicht sprechen. Sei also still.«
    Garnet tastete nach Florindas Hand und preßte sie. Ach, wie gut es war, eine Freundin wie Florinda an der Seite zu haben! Erst später erfuhr sie, daß sie Florinda noch weit größeren Dank schuldete, als sie ahnte. Es war nämlich kein Zufall, daß Captain Brown die Aufklärung des Falles in die Hand genommen hatte; es war Florindas Werk. Denn Florinda hatte sich, nachdem Garnet auf ihre Veranlassung in das Haus der Estelle gegangen war, allerlei Gedanken gemacht. Zwar, Silky hatte gesagt, es werde ihr dort nichts passieren, und Estelle hatte versprochen, die Türen geschlossen zu halten, solange Garnet im Hause weile, aber Florinda beruhigte sich dabei nicht. Als ein paar Offiziere bei ihr an der Bar standen und ihren Drink nahmen, bat sie den einen, Captain Brown zu bestellen, daß sie ihn in einer sehr wichtigen Sache, Mrs. Hale betreffend, dringend sprechen möchte. Als der Captain nicht

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