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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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sehen konnte, wußte er nicht, was geschehen war. Er kam herangestürzt; aber bevor er den Bartisch noch erreichte, bevor Silky heran war, bevor Garnet sich mit dem Kind im Arm auch nur zu rühren vermochte, war Nikolai schon mit einem Panthersprung über die Theke gesetzt. Ohne eine Sekunde zu zögern, erfaßte er Florindas Rock mit beiden Händen und riß ihn ihr mit einem einzigen Ruck vom Leibe; die Unterröcke lösten sich gleichzeitig, und Florinda stand da in weißen Spitzenhosen und Bluse. Nikolai trampelte auf den Flammen herum und erstickte sie. Als Silky erschien und sich aufgeregt erkundigte, was der Lärm bedeute, war das Feuer schon gelöscht. Florinda aber vermochte sich offensichtlich nur mit Mühe aufrecht zu halten. Sie starrte auf ihre zerrissenen Unterröcke, die in einem wüsten besudelten Knäuel auf dem Fußboden lagen. Sie zitterte am ganzen Leibe, und ihr Gesicht war leichenblaß. Das blusenartige Oberteil ihres Kleides hing dort, wo Nikolai den Rock vom Mieder gerissen hatte, in Fetzen. Die gestärkten Spitzenrüschen ihrer Hosen bauschten sich unterhalb ihrer Knie, und das Licht der noch hängenden Lampe beschien ihre frivolen Seidenstrümpfe und ihre Glacélederhalbschuhe mit Seidenbändern. Sie rang offensichtlich darum, ihre Selbstkontrolle wiederzugewinnen.
    »Danke schön!« stammelte sie, »Gott bin ich eine Närrin! Schreie wegen nichts – wenn mir jemand etwas bringen würde, das ich mir umhängen kann.«
    Garnet machte ein paar Schritte auf sie zu, aber Nikolai hielt sie zurück. »Lassen Sie«, sagte er, »ich kümmere mich um sie.«
    Er nahm Florinda wie ein Kind auf die Arme, und Florinda wehrte sich nicht. Der Russe sagte:
    »Geben Sie die Tür frei, Silky, Miß Garnet, geben Sie das Kind Isabel und holen Sie eine Decke für Florinda.«
    Sie traten beiseite, und er trug Florinda in die Küche und setzte sie dort auf die Wandbank. Isabel saß ebenfalls dort und heulte. Garnet reichte ihr das Kind und lief die Treppen hinauf. Als sie mit der Decke kam, saß Florinda auf der Bank und lachte über sich selbst. »Es tut mir leid«, sagte sie, »aber ich habe einen Mordsschrecken bekommen. Wahrscheinlich, weil die Lampe in dem Augenblick fiel, als ich gerade dachte, es sei alles in Ordnung. Danke schön, Garnet, deck mich zu, ein Mädchen kann in Herrengegenwart nicht vorsichtig genug sein.«
    Sie lachte, aber das Lachen klang nicht wie sonst. Es klang blechern und unecht. Nikolai mochte das empfinden. Er nahm Garnet die Decke ab und hüllte Florinda sorgsam ein. Silky empfand nichts dergleichen; er wunderte sich nur, weil jemand, den er nur als ruhig und besonnen kannte, plötzlich die Nerven verlor und hysterisch wurde. Er ging in die Bar und holte das einzige Heilmittel, das er für Fälle dieser Art kannte: einen Becher Kognak. Florinda nahm den Becher, sagte: »Danke schön, Silky«, und setzte ihn an die Lippen. Sie roch den Alkohol, schüttelte sich und gab Nikolai das Getränk. »Oh, pfui Teufel, nein!« sagte sie. Doch lächelte sie gleich darauf Silky freundlich an. »Aber Silky«, kicherte sie, »wie oft muß ich Ihnen noch sagen, daß ich das Zeug nicht vertrage.«
    Garnet lief auf die Veranda, um nachzusehen, ob das Wasserfaß noch dort stand. Es bedurfte ihrer Bemühung nicht, Micky hatte es fertiggebracht, einen halben Kessel heißen Wassers zu retten, der bei dem Erdstoß auf dem Herd gestanden hatte. Er bereitete eine Tasse Tee. »Gesegnet seiest du, zitronengelber Knabe«, sagte Florinda, als er sie ihr brachte, und Micky lächelte still und höflich wie immer.
    Stephen war mittlerweile auf Isabels Schoß eingeschlafen; er hatte seinen Schrecken überwunden. Garnet setzte sich neben Florinda auf die Bank. »Ich kann überhaupt nicht sitzen«, jammerte sie; ihre Vermutung hinsichtlich der Beschaffenheit ihres Hinterteils schien sich zu bewahrheiten. Florinda saß zwischen Garnet und Nikolai und lächelte beide abwechselnd an. Sie trank in kleinen Schlucken ihren Tee und reichte Micky die Tasse zurück. »Darauf, daß du neues Abendessen kochst, warte ich nicht«, sagte sie, »die Versuchung, zu einem ungestörten langen Nachtschlaf zu kommen, ist zu groß, als daß ich ihr widerstehen könnte. Falls die Bar heute nicht mehr geöffnet wird, gehe ich zu Bett. Ich kann dann morgen früh aufstehen und das Lokal säubern.«
    Garnet ergriff eine von Florindas Händen; sie drückte sie leicht und spürte einen festen Gegendruck.
    Dann sah sie die Narben auf dieser Hand,

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