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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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führen«, sagte der Feiste und schob den Geschäftsführer mit dem Ellbogen beiseite. Er blähte sich förmlich vor Wichtigkeit und tat ganz so, als sei er der unumschränkte Herr der Situation. »Mein Name ist Kimball«, sagte er. »Ich sah die Person hier hereingehen. Ich war schon ein Stück die Treppe herunter, aber ich kehrte noch einmal zurück und sah, wie sie in diesem Zimmer verschwand. Dies ist Zimmer 23, nicht wahr?« Er warf einen Blick auf die Tür und grunzte vor Befriedigung. »Zimmer 23«, wiederholte er, »es ist kein Zweifel. Ich sah die Person mit meinen eigenen Augen. Also, Sir« – er warf Oliver einen hoheitsvollen Blick zu –, »Sie haben eine Frau hier im Zimmer?«
    »Allerdings«, sagte Oliver ruhig und wies mit einer Armbewegung hinter sich, wo Garnet sichtbar wurde. »Diese Dame ist meine Frau«, sagte er, »haben Sie ihr etwas zu sagen?«
    Garnet trat einen Schritt in den Vordergrund; die beiden Männer sahen sie an. Mr. Maury litt Todesqualen; man sah es ihm an. Mr. Kimball dagegen schien keinerlei Hemmungen zu verspüren; im Gegenteil: Seine kleinen Augen huschten über Garnet hin, und es schien ihm zu gefallen, was er sah; er lächelte genießerisch. Seine Blicke waren so eindeutig, daß es der Anwesenheit Florindas im Kleiderschrank nicht bedurft hätte, um Garnets Zorn zur Weißglut zu steigern. Jetzt, da sie Oliver an ihrer Seite wußte, war sie gar nicht furchtsam. Sie maß Mr. Kimball mit dem eisigsten Blick, den Miß Wayne ihr beigebracht hatte; es war ein schlechthin vernichtender Blick. Mr. Kimball war offenbar an den Umgang mit brüllenden und schreienden Gegnern gewöhnt; mit Absolventinnen von Dameninstituten schien er keine Erfahrungen zu haben. Er versuchte, Garnets Blick mit seinen leicht glotzenden Augen standzuhalten, aber der Versuch ging entschieden über seine Kräfte. Sein feistes Gesicht rötete sich noch mehr, er räusperte sich, sah auf seine Schuhspitzen, trat von einem Bein auf das andere und sah schließlich wieder auf.
    »Ich habe flatternde Röcke gesehen«, sagte er wütend.
    Oliver antwortete nicht, und Garnets Augen blieben unverändert eisig. Aber der Klang seiner eigenen Stimme schien Mr. Kimball wieder Mut gemacht zu haben. Er fuchtelte mit den Armen und fuhr fort: »Es ist kein Zweifel möglich. Ich sah Röcke flattern, und ich sah sie hier in der Tür verschwinden. Und zwar waren es grüne Röcke.« Er räusperte sich kurz und wiederholte, als müsse er sich selbst bestätigen: »Sie waren zweifellos grün.«
    Oliver streifte Garnets marineblaues Kleid mit einem flüchtigen Blick und lächelte nachsichtig. »Wissen Sie«, sagte er, »Männer sollten sich bei der Beschreibung von Damenkleidern lieber nicht festlegen; sie irren sich gar zu leicht. Ich habe Erfahrung darin. Wenn Sie eine Dame hier hereingehen sahen, war es zweifellos Mrs. Hale. Und mir scheint, ihr Kleid ist nicht grün.«
    »Ich sagte es ja«, rief Mr. Maury, und es fehlte wenig, daß er die Hände rang, »ich sagte es ja. Ich bitte Sie, Mrs. Hale, verzeihen Sie mir.«
    »Außer dieser Dame ist niemand im Raum?« fragte Mr. Kimball, trat über die Schwelle und sah sich im Zimmer um.
    Der Umstand, daß ein bloßer Blick ihrer Augen Wunder gewirkt hatte, gab Garnet den Mut, es nun auch noch mit der Stimme zu versuchen. Sie sagte: »Würden Sie vielleicht die Güte haben, mein Schlafzimmer zu verlassen?«
    »Ich nehme nicht an, daß der Mann dich belästigen wird, meine Liebe«, sagte Oliver. Er trat neben sie und legte ihr einen Arm um die Schulter. Sich Kimball zuwendend, sagte er in befehlendem Ton: »Bleiben sie gefälligst jenseits der Türschwelle.«
    Oliver war an den Umgang mit Männern von zäherer Beschaffenheit gewöhnt; er schätzte diesen hier richtig ein. Kimball trat über die Schwelle zurück. »Kommen Sie nun«, sagte Mr. Maury. »Die Frau, die Sie suchen, ist zweifellos nicht hier. Sie haben sich geirrt. Ich sagte es Ihnen schon unten.«
    Aber Kimball schien nicht geneigt, dem Geschäftsführer zu gehorchen. Er blieb dicht vor der Tür stehen, die Hände in den Hosentaschen und sah sich im Schlafzimmer um, soweit er es zu überblicken vermochte. Garnet ging zu einem Sessel, der der Tür gegenüberstand, um sich niederzulassen. Ihre Erzieherinnen hatten sich redliche Mühe gegeben, sie für Salons und Ballsäle vorzubereiten; sie hätten sich sicherlich nicht träumen lassen (und Garnet selbst auch nicht), daß ihre Erziehungsergebnisse dazu benützt werden könnten,

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