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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Mörderin seines Freundes frei ausgehen sollte. Deshalb stellte er uns in Dienst, um ihre Verfolgung aufzunehmen. Es war nicht einfach, sage ich Ihnen, aber schließlich fanden wir ihre Spur. Sie führte nach New Orleans. Es brauchte Zeit, bis wir so weit waren, denn zwischen New York und New Orleans liegt eine Reise von zwei Wochen, und bis ein Brief hin und ein anderer zurückgeht, vergehen Monate. Aber wir fanden sie schließlich«, sagte er und räusperte sich selbstgefällig. »Und denken Sie«, fuhr er gleich darauf fort, »als wir sie schließlich fanden, da sang und tanzte diese schamlose Person doch schon wieder auf einer Varietébühne, gerade so, als ob sie nichts auf dem Gewissen hätte.« Er zog ein Gesicht, als sei er angesichts einer so höllischen Verderbnis völlig verzweifelt. »Ist es nicht entsetzlich, zu sehen, wie weit eine Frau kommen kann?« sagte er. »Ich glaube, Sir, wenn eine Frau völlig herunter ist, kann sie Dinge vollbringen, die kein Mann fertigkriegte.«
    Aber Oliver war jetzt, da er die Geschichte gehört hatte, an Mr. Kimballs Philosophie nicht länger interessiert. Er tat, als erinnere er sich in eben diesem Augenblick Garnets Anwesenheit. Indem er sein Gesicht zu einem höflichen Lächeln verzog, sagte er: »Ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen, Mr. Kimball. Aber ich möchte Sie nun offengestanden bitten, sich zurückzuziehen. Meine Frau, die Ungeheuerlichkeiten dieser Art zum erstenmal in ihrem Leben vernimmt, braucht notwendig Ruhe, um sich von dem Schreck zu erholen.«
    »Sie haben nur zu recht, Mr. Hale«, schaltete sich jetzt der Geschäftsführer ein und, sich an Kimball wendend, fuhr er fort: »Sie hätten schmutzige Einzelheiten solcher Art in Gegenwart einer Dame nicht erzählen dürfen.« Er verbeugte sich vor Garnet. »Ich hoffe inständig, Mrs. Hale, daß dieses schreckliche Erlebnis keine bösen Nachwirkungen hinterläßt.«
    »Seien Sie ganz unbesorgt, Madam«, polterte Kimball, als vermöchte er Garnet auf solche Weise zu beruhigen, »wir werden diese Person haben, bevor der Tag noch zu Ende geht. Noch heute abend werden wir ihr die Handschellen anlegen.«
    Das Wort Handschellen traf Garnets Nerven wie ein Rattenbiß; sie fuhr unwillkürlich hoch. Ihr Blick schien Mr. Maury neue Furcht einzujagen. »Bitte, machen Sie sich keinerlei Sorge, Mrs. Hale«, sagte er und war wieder nahe daran, die Hände zu ringen.
    »Ich mache mir keinerlei Sorgen«, sagte Garnet mit eisigem Gesicht, »ich bedauere nur, meinen Namen in das Register eines Hotels eingetragen zu haben, das von Leuten der eben geschilderten Art bewohnt wird. Ich versichere Ihnen, daß ich nicht gewöhnt bin, mit Mördern und – Dirnen unter einem Dache zu wohnen.« Der Geschäftsführer rang nun tatsächlich wieder die Hände. »Aber Mrs. Hale«, jammerte er, »wie konnte ich ahnen – wie konnte ich wissen –?«
    Garnet sagte, unverändert eisig: »Dies ist meine Hochzeitsreise. Ich hatte gehofft, die Erlebnisse dieser Reise würden zu einer schönen und glücklichen Erinnerung meines Lebens werden. Dieses mein Zimmer hier wurde entweiht, ich selbst wurde verdächtigt, eine Frau von unaussprechlichem Ruf zu beherbergen –
    »Mrs. Hale, Sie vernichten mich!« stöhnte Mr. Maury.
    Garnet erhob sich und tat einen Schritt auf die Tür zu. »Ich nehme an, Sie wußten nicht, wer diese Person war, Mr. Maury«, sagte sie. »Aber ich würde Ihnen für die Zukunft doch größere Vorsicht empfehlen, sofern Sie Wert darauflegen, daß achtbare Leute Ihr Haus frequentieren.« Sie wandte sich Oliver zu, aber sie wagte es nicht, seinen Augen zu begegnen; sie fürchtete, nicht länger an sich halten zu können, wenn sie die zuckenden Fältchen in seinen Augenwinkeln erblickte. »Ich fühle mich schwach und elend«, murmelte sie.
    Oliver zeigte sich als besorgter Gatte. Er reichte ihr zärtlich den Arm und sie lehnte sich an ihn, als brauche sie eine Stütze. Der Geschäftsführer und Mr. Kimball verbeugten sich und murmelten Entschuldigungen. Oliver schloß die Tür hinter ihnen. Er drehte den Schlüssel herum und sagte so laut und deutlich, daß man es auf dem Flur hören mußte: »Meine Liebe, ich kann dir nicht sagen, wie unglücklich ich über diesen peinlichen Zwischenfall bin. Bitte, lege dich ein wenig und versuche, dein Gleichgewicht wiederzufinden. Darf ich dir vielleicht ein Glas Sherry bringen?« Nicht nur die Fältchen in seinen Augenwinkeln, auch seine Lippen zuckten jetzt, aber seine Stimme klang warm

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